Julia Gold Band 47
weiter mit der Arbeit. In Kasachstan sind Feiertage. Außerdem habe ich Appetit auf etwas selbst Gekochtes. Du hast so eine schöne Küche, und wir benutzen sie nie. Ich hätte Lust, mal wieder Scallopini zu machen. Meinen Freundinnen aus dem Gartenverein haben sie immer geschmeckt. Wenn du nichts dagegen hast, nehme ich mir morgen Nachmittag frei und kaufe die Zutaten.“
„Du kannst freinehmen, wann immer du möchtest. Ich wollte es dir ohnehin vorschlagen. Du hast Ringe unter den Augen, du arbeitest zu viel.“
Gut, dass er nicht wusste, weshalb sie so erschöpft war. Ganz gewiss nicht von der Arbeit. Sie zermarterte sich nachts den Kopf. Einerseits wäre sie lieber heute als morgen zurück in ihr kleines Haus gezogen. Andererseits wollte sie am liebsten die Zeit anhalten. Mit jeder Minute rückte die Scheidung näher. Langsam, aber unabwendbar …
„Ich werde anrufen und die beiden zu uns einladen.“
An der Tür drehte sie sich noch einmal um. „Vergiss nicht, ihnen zu sagen, dass sie ihr Baby mitbringen sollen.“
Ben wusste, dass Emily sich nicht für ihn hübsch gemacht hatte, aber er freute sich trotzdem an ihrem Anblick. Sie trug ein figurbetontes Kleid. Es war nicht ganz so raffiniert geschnitten wie das kurze Schwarze, mit dem sie ihn überrascht hatte, als sie frisch verlobt waren und er sie zum Essen abholen wollte. Aber ihm gefiel das gewagte Rot. Es passte wunderbar zu ihrem Haar und ihrem hellen Teint. Sie sah in dem Kleid bezaubernder aus als alle American Beautys in seinem neuen Garten. Er wollte es ihr sagen, aber da klingelte es schon an der Tür.
Emily fand Ahmed zwar nicht so attraktiv wie Ben, doch die beiden sahen sich unbestreitbar ähnlich. Seine Frau Joanne war blond und blauäugig. Das Baby hatte feines schwarzes Haar und große dunkle Augen. Sie fielen zu, noch ehe Emily die Kleine auf den Arm nehmen konnte. Joanne legte das Kind zurück in die Tragetasche und brachte es in Bens Arbeitszimmer, damit es in Ruhe schlafen konnte.
Als Erstes führte Ben die Gäste auf die Terrasse und zeigte ihnen den Garten. Er erzählte von ihrem Besuch in den Butchart Gardens und erklärte, nach welchen Gesichtspunkten Emily die Sorten ausgesucht hatte, damit die Rosen auf der Terrasse gediehen. Sie war erstaunt über sein Wissen. Hatte er das alles von ihr aufgeschnappt?
Ahmed und seine Frau tauschten vielsagende Blicke. „Herrliche Rosen“, sagte Joanne und steckte ihre Nase in eine Mamie Eisenhower. „Wie findest du noch Zeit für einen Garten? Ben braucht dich doch den ganzen Tag im Büro.“
„An den Wochenenden. Manchmal gehe ich auch früher nach Hause“, erklärte Emily. „Ben ist ein verständnisvoller Chef.“
„Ein verständnisvoller Ehemann hoffentlich auch“, sagte Ben, legte den Arm um sie und zog sie zärtlich an sich.
Emily wurde übermütig. „Du verbesserst dich von Tag zu Tag.“
Joanne machte runde Augen. „Erkennst du deinen Cousin wieder?“, fragte sie ihren Mann. „Den Mann, der niemals Wurzeln schlagen wollte?“
„Na ja“, sagte Emily, „So richtig verwurzelt ist hier nichts. Mit einem Garten, der in Töpfen angelegt wurde, kann man jederzeit umziehen.“
Joanne und Ahmed fanden das sehr praktisch. Denn gewiss planten Ben und Emily, ihre Kinder nicht in einer Stadtwohnung großzuziehen.
Emily schaute auf die Uhr, sagte, sie habe in der Küche zu tun, und eilte davon. Joanne schloss sich ihr an. Um sie abzulenken, fragte Emily, wie sie Ahmed kennengelernt hatte. Joanne erzählte, dass sie erst sehr vorsichtig gewesen war. Sie hatte Angst gehabt, in seinem Land leben und einen Schleier tragen zu müssen. Aber Ahmed hatte längst vor, in den Staaten zu bleiben. „Na ja, und so stand nichts mehr zwischen uns.“ Sie lachte.
Emily gönnte ihr das Glück, aber sie beneidete sie auch. Joanne führte keine Scheinehe. Sie hatte ein Kind.
„Und wie war es bei euch? Ihr arbeitet doch schon seit drei Jahren zusammen. Wieso habt ihr einander erst so spät entdeckt? Ben sieht verdammt gut aus und ist so charmant.“
„Ja, also …“ Emily schaute interessiert in die Töpfe.
„Ich muss gestehen, ich habe ihn mit einigen meiner unverheirateten Freundinnen bekannt gemacht. Aber daraus ist nie etwas geworden. Er hat wohl auf dich gewartet.“
Emily goss eifrig Soße über den Salat. „Ganz so war es nicht. Mit fast fünfunddreißig Jahren wurde es für ihn einfach Zeit zu heiraten. Und da ich nicht gebunden war …“
„… verliebte er sich in dich.
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