Julia Gold Band 51
ärgern. Allerdings würde er nie mit einer fremden Frau über Geschäfte sprechen, und er scheut auch noch davor zurück, Frauen in sein Kabinett aufzunehmen. Da ich seine Mutter bin, macht er bei mir eine Ausnahme. In diesem Land ist es eine Schande, wenn ein Mann seine Mutter nicht respektiert.“
„Ich verstehe das alles nicht“, sagte Alexis verwirrt.
„Dann werde ich Ihnen noch einiges zeigen“, meinte Elise, griff nach ihrem Telefon und ordnete an, man möge ihren Wagen vorfahren.
Zehn Minuten später befanden sich die beiden Frauen auf der Fahrt in die Stadt und hielten dort vor einem großen, weiß gestrichenen Gebäude.
„Das ist unser Städtisches Krankenhaus“, erklärte Elise. „Damit Sie einen Überblick bekommen, besichtigen wir zuerst kurz die Station für Privatpatienten.“
Sie unterschied sich in nichts von anderen Privatkliniken, doch viel mehr interessierte Alexis die medizinische Versorgung der Allgemeinbevölkerung.
„Wer sich keinen Arzt leisten kann, wird hier kostenlos behandelt“, berichtete Elise, als sie den öffentlichen Trakt des Krankenhauses betraten.
Alexis musste feststellen, dass es sich um eine hochmoderne Klinik mit bestens ausgebildetem Personal – darunter mehr Frauen als erwartet – handelte. Verglichen damit wirkten manche öffentlichen Krankenhäuser im Westen fast ärmlich.
„Zu einem geringen Teil finanzieren die reichen Privatpatienten mit ihren Zahlungen den Unterhalt des Krankenhauses“, berichtete Elise auf der Rückfahrt. „Der Rest wird aus der Staatskasse bezahlt, in anderen Worten also von Ali.“
„Aus den Öleinnahmen?“
„Nicht nur. Die Kasinos bringen auch einen netten Gewinn.“
„Hat er denn mehrere?“
„Fast in jeder Hauptstadt der Welt und einige in Las Vegas. Ali nutzt alle Profitmöglichkeiten, um seinen kostspieligen Traum von einer Bewässerung der Wüste zu realisieren. Bis jetzt hat er dafür schon Millionen von Dollar buchstäblich in den Sand gesetzt, aber er gibt nicht auf.“ Elises Lächeln drückte mütterlichen Stolz aus. „Manchmal erinnert mich mein Sohn an diese verrückten Erfinder, die hartnäckig eine Idee verfolgen und irgendwann schließlich Erfolg haben.“
Sie bemerkte, wie Alexis sich umdrehte und aus dem Heckfenster sah. „Interessiert Sie etwas Besonderes?“
„Der Sahar-Palast. Ali hat mir erzählt, dass er zu klein geworden sei.“
„Hat er Ihnen auch gesagt, wofür er jetzt genutzt wird?“, fragte Elise.
„Nein, ich dachte, er würde leer stehen.“
„Typisch Ali, dass er Sie in diesem Glauben lässt“, meinte Elise gespielt verzweifelt. Sie sagte einige Worte in Arabisch zu dem Fahrer, und dieser fuhr einen Bogen und lenkte den Wagen zurück zum alten Palast.
Als sie das Tor passierten, wurde das Eingangsportal geöffnet, und zwei Frauen eilten lächelnd die Treppe herunter, gefolgt von einer Schar Kindern, die Elise lachend umringten.
„Sie freuen sich immer sehr, wenn Ihre Hoheit uns besucht“, vertraute eine der Frauen Alexis an. „Da sie keine Eltern mehr haben, sehen sie in ihr so etwas wie eine Mutter.“
„Wollen Sie damit sagen, das hier ist ein Waisenhaus?“, fragte Alexis verblüfft.
„Ja, natürlich“, bestätigte Elise. „Ali wollte den alten Palast sinnvoll nutzen, und nichts ist wichtiger für unser Land, als sich um den Nachwuchs zu kümmern. Kommen Sie mit. Sie werden einige Überraschungen erleben.“
Doch Alexis war längst klar geworden, dass sie keine Ahnung hatte, wie Ali sein Land regierte, und so erstaunte sie das sehr modern eingerichtete und gut mit Personal bestückte Heim keineswegs mehr. Besonders angetan war sie jedoch von der überaus herzlichen Atmosphäre, die zwischen Kindern und Erziehern herrschte.
Allerdings konnte sie ihr Erstaunen nur schwer verbergen, als sie die dem Heim angeschlossene Schule besichtigte, in der Mädchen und Jungen gemeinsam unterrichtet wurden.
„Mein Mann war ein aufgeklärter Monarch“, berichtete Elise und fügte mit einem Augenzwinkern hinzu: „Damit will ich sagen, dass er auf mich gehört hat. Ich konnte ihn überzeugen, Mädchen dieselbe schulische Ausbildung zu geben wie Jungen, aber er bestand strikt auf Trennung der Geschlechter. Erst unter Alis Herrschaft wurden gemischte Schulklassen eingeführt. Trotzdem ist auch mein Sohn in manchen Dingen noch recht altmodisch und benötigt eine Frau, die in unserem Land die Emanzipation der Frau vorantreibt.“
Elise lächelte, schien jedoch von Alexis
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