JULIA HOCHZEITSBAND Band 19
für irgendein Sportereignis trainierte.
Kein Wunder, dass die beiden Frauen sich im Sportstudio kennengelernt hatten. Damals hatte Beth gerade ihre eigene Scheidung durchlitten. Erfahren, wie sie war, hatte Dayle ihr die Hand gehalten, sie getröstet und ihr durch die schmerzhafte Zeit geholfen.
Eigentlich war Beth zu Dayle in das Apartment gekommen, um ihr für die Reise nach Venedig packen zu helfen. Außerdem wollte sie sich die vielen Seiten aus dem Internet anschauen, die Dayle ausgedruckt hatte. Aber insgeheim spielte sie des Teufels Advokat. Denn Beth hatte Jura studiert und im Büro des Staatsanwalts gearbeitet. Und sie war unheilbar romantisch. Wenn man beide Eigenschaften zusammenwarf, war es kein Wunder, dass ihre Fantasie Überstunden gemacht hatte, seitdem Dayle ihr von der Reise nach Venedig erzählt hatte. Einer Reise mit Max.
„Ich kann es kaum fassen, dass Ryan dich einfach so gehen lässt.“ Sie schlürfte den letzten Rest des klebrigen grünen Zeugs durch den Strohhalm und stellte den Becher auf den Nachttisch.
„Beth, ich bin sechsunddreißig Jahre alt. Ich habe es mir vor zwei Jahrzehnten abgewöhnt, andere Menschen um Erlaubnis zu bitten, wenn ich eine Entscheidung getroffen habe.“
„Du weißt, was ich meine.“
„Ich habe nicht die geringste Ahnung.“ Dayle hatte beschlossen, sich dumm zu stellen, obwohl ihre Freundin seit Jahren behauptete, dass Max mehr als nur ein bisschen für Dayle schwärmte.
„Denk an meine Worte: Max wird versuchen, dich zu überzeugen, Ryan nicht zu heiraten“, beharrte Beth.
„Max?“, schnaubte Dayle kopfschüttelnd. „Ja, genau. Als ob er auf diese Art an mir interessiert wäre.“
„Ich habe doch gesehen, wie er dich angeschaut hat“, fügte Beth hinzu. „Er will dich.“
Dayle zitterte, als ihre Freundin unverblümt mit ihrer Meinung herausplatzte. Trotzdem nahm sie sich die Zeit, in aller Ruhe ihren Kaschmirpullover zu falten und ihn im Koffer zu verstauen. „Solche Blicke wirft er allen Frauen zwischen achtzehn und achtzig zu. Beth, er ist berüchtigt für seine Flirts“, erklärte sie sachlich, konnte ihr dabei aber nicht in die Augen schauen.
„Okay. Ich habe auch gesehen, wie du ihn angeschaut hast.“
Dayle musterte ihre Freundin eindringlich. Beth lächelte, als stünde sie vor Gericht und wollte einen Prozess gewinnen. Dayle wandte sich wieder ihrem Schrank zu und ließ die Finger über die Bügel streichen, als ob sie mühsam um Fassung rang. Ein paar Sekunden später drehte sie sich um. In einer Hand hielt sie ein Kleid, in der anderen einen Hosenanzug.
„Was meinst du?“
„Ich meine, dass du meiner Frage ausweichst.“
Dayle warf die Kleidung aufs Bett und verschränkte die Arme. „Das artete ja in ein Kreuzverhör aus. Dabei hatte ich angenommen, dass wir uns nur unterhalten.“
„Ein bisschen Kreuzverhör, ein bisschen Unterhaltung.“ Beth zuckte die Schultern. Dayles Protest schien sie nicht im Geringsten zu stören.
Die beiden Frauen waren seit nahezu zehn Jahren befreundet. Sie unterstützten und ermutigten sich gegenseitig, gaben einander Ratschläge und hatten keinerlei Geheimnisse voreinander.
Das war der Grund, weshalb Dayle diesmal ein ausgesprochen schlechtes Gewissen hatte. Denn insgeheim musste sie sich eingestehen, dass sie Ryan zwar liebte und seine Zuverlässigkeit schätzte. Aber im Bett hatte sie sich niemals befriedigt gefühlt.
Bei Max würde es ganz anders sein. Du liebe Güte, wenn er ihr über einen Stapel Rechnungen einen Blick zuwarf und ihr sein teuflisches Lächeln schenkte, dann kam es ihr vor, als würde er ein wahres Feuerwerk in ihrem Innern entfachen. Ihr war heißer als bei Ryan nach seinem einfallsreichsten Vorspiel. Nein, es war nicht richtig, so über ihn zu denken. Es war nicht fair. Aber es war die reinste Wahrheit.
„Max ist harmlos“, wehrte Dayle trotzdem ab.
„Wir reden über dich.“
„Was gibt es da zu reden? Ich reise nach Venedig, um meine Hochzeit vorzubereiten. Meine Hochzeit mit Ryan“, betonte Dayle. „Wenn ich anders als rein geschäftlich an Max interessiert wäre, hätte ich Ryans Antrag sicher nicht angenommen.“
Das klang vernünftig. Sie hatte schon oft die Vernunft bemüht, um ihr eigenes Gewissen zu beruhigen. Und jetzt lächelte sie selbstsicher.
„Was das angeht“, fuhr Beth fort, „wir sind seit vielen Jahren befreundet. Ich mag Ryan, wie du weißt.“
„Natürlich.“
„Ich freue mich für dich. Nur damit du mich nicht falsch
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