Julia Liebeskrimi Band 09
Moment später ertönte, für ein Hallo.
„Wo ist sie?“
„Was?“
„Wo ist Scott?“
„Wer is’n da?“
Reece umklammerte den Hörer fester und starrte finster auf den Wandkalender, auf dem fein säuberlich seine Termine festgehalten waren.
„Hier ist Henderson, Reece Henderson. Chefingenieur des Chalo-River-Damm-Projekts. Wo ist Ihre Chefin?“
„Weiß nich.“ Durch den Hörer kam ein herzhaftes Gähnen. „Wie spät is’ es’n?“
„Acht Uhr sechsundvierzig“, gab Reece ungehalten zurück. „Sie sollte um acht hier sein.“
Seine Verärgerung hatte um 8.05 Uhr zu sieden angefangen, jetzt kochte sie über. Er trödelte hier herum und wartete auf diese verdammte Frau, dabei könnte er jetzt schon seit einer Stunde draußen auf dem Damm bei seinen Leuten sein.
„Ham Sie’s schon mal auf ihrem Zimmer versucht oder so?“ Immerhin brachte der reizende Bursche am anderen Ende mittlerweile einen halbwegs zusammenhängenden Satz zustande.
„Ja. Zwei Mal. Es meldet sich niemand. An der Rezeption sagte man mir, dass Sie ihr Assistent sind und wüssten, wo sie ist.“
Tatsächlich hatte Martha Jenkins, die Besitzerin des Lone Eagle Motels, Reece mit mehr Detailwissen versorgt, als er haben wollte oder brauchte. Martha war zwar nicht da gewesen, als Sydney Scott und ihr grünhaariger, kaugummikauender, vielfach gepiercter Assistent Zachary Tyree gestern am späten Nachmittag angekommen waren, aber in einer Stadt von der Größe Chalo Canyons sprachen sich die Dinge schnell herum.
„Bleiben Sie dran.“
Der Hörer fiel klappernd auf eine harte Oberfläche. Dem Rascheln von Laken folgte das Ratschen eines Reißverschlusses, dann hörte man, wie jemand barfuß durchs Zimmer tappte. Eine Weile später klapperte es wieder.
„Sie ist nicht in ihrem Zimmer.“
Reece verdrehte die Augen. Diese Tatsache hatte er seines Wissens nach bereits festgestellt.
„Schön, wenn Sie antanzt, sagen Sie ihr, dass ich extra ihretwegen vorzeitig die Hochzeitsfeier meines Bruders verlassen habe und die halbe Nacht durchgefahren bin, nur damit ich es pünktlich zu dem Termin schaffe, den einzuhalten sie sich nicht die Mühe gemacht hat. Sie soll sich hier melden, ich rufe sie dann zurück, wenn …“
„Sie haben mich nicht verstanden, Mann. Sie ist nicht da.“
Reece spürte die letzten Reste seiner Geduld rapide dahinschwinden. „Sagen Sie ihrer Chefin …“
„Sie hat heute Nacht überhaupt nicht in ihrem Bett geschlafen.“
Die Stimme des Jungen war vor Besorgnis deutlich höher geklettert. Ein gänzlich anderes Gefühl bewirkte, dass Reece seine Zähne noch ein bisschen fester zusammenbiss.
Gott! Er hörte diesen Klatsch über diese Scott jetzt schon seit Wochen. Wie sie sich vor zehn Jahren Jamie Chavez an den Hals geworfen hatte. Wie Jamies Vater sie aus dem Bett seines Sohnes gezerrt hatte. Wie ihr Vater Chavez sen. am nächsten Tag einen Tritt in den Hintern gegeben hatte. Jetzt war sie eine bedeutende Filmemacherin in Hollywood, die nach Chalo River zurückkam, um sich mit ihrem Erfolg zu brüsten … und erneut ihr Glück bei Jamie zu versuchen.
Reece konnte den Widerwillen, der in ihm aufstieg, nicht unterdrücken. Die Frau war erst gestern in der Stadt angekommen, und schon hatte sie die Nacht irgendwo anders als in ihrem Hotelzimmer verbracht. Ganz schön schnelle Arbeit, selbst für eine bedeutende Filmemacherin aus Hollywood.
Nun, Reece war der Bitte seines Vorgesetzten nachgekommen. Er hatte mit der Frau kooperiert oder es zumindest versucht. Jetzt war Ms. Sydney Scott am Ball, und seinetwegen konnte sie von jetzt bis Weihnachten ihre Beziehungen spielen lassen, es kümmerte ihn nicht. Er wollte gerade auflegen, als ihn die unüberhörbare Besorgnis, die in der Stimme des Jungen mitschwang, innehalten ließ.
„Syd ist gestern Nachmittag gleich nach unserer Ankunft in den Canyon gefahren. Vielleicht ist sie ja immer noch dort oder so.“
„Was?“
Reese’ Verärgerung verwandelte sich in Wut. Er hatte Ms. Scott per Fax unmissverständlich darauf hingewiesen, dass weder sie noch irgendjemand von ihrer Crew das Sperrgebiet hinter dem Damm ohne seine Zustimmung betreten durften.
„Syd wollte sich schon mal ein bisschen einstimmen. Sie hat gesagt, ich soll nicht aufbleiben und auf sie warten. Sie kann sich doch nicht verlaufen haben oder so?“
„Soweit ich weiß, hat Ms. Scott früher hier gelebt. Sie sollte sich eigentlich auskennen.“
„Das ist zehn Jahre her, Mann.“
„Mein
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