Julia Liebeskrimi Band 09
Brüstung, um einen Blick auf die weit offenen Schleusentore zu werfen. Sie konnten im Bedarfsfall sofort geschlossen werden, was jedoch zur Folge haben würde, dass sich das Wasser hinter dem Damm staute und die Maschinen, die die Baufirma in Erwartung der anstehenden Reparaturarbeiten dort stationiert hatte, überschwemmt werden würden.
Und das Gebiet dahinter ebenfalls … die Anasazi-Ruinen eingeschlossen.
Verdammt!
Er erwog, Sydney und ihre Crew sofort zurückzurufen, doch dann beschloss er, den Wetterbericht genau im Auge zu behalten und alle halbe Stunde per Computer den Wasserstandsbericht abzufragen. Auf diese Weise konnte er Sydney noch ein bisschen Zeit geben. Aber er würde sie für alle Fälle vorwarnen.
Ihre Stimme am Telefon klang atemlos, abgelenkt, ungeduldig. „Regen? Was für Regen? Ich sehe keine Wolken.“
„Im Norden braut sich eine schwarze Wolkenbank zusammen. Geh nach draußen, und schau es dir an.“
Er hörte einen dumpfen Knall, knirschende Schritte, einen gedämpften Fluch. Einen Moment später kam ihre aufgeregte Stimme zurück.
„Der Wind hat zugenommen! Albert nimmt gerade das Heulen auf, auf das ich schon die ganze Zeit warte.“
„Sydney, die Wolken …“
„Hör doch nur!“
Sie schien das Handy nach draußen zu halten. Ein unheimliches Heulen kam durch den Hörer, das Reece die Nackenhaare zu Berge stehen ließ.
„Hörst du es?“
„Ja. Sydney, die Wolken.“
„Keine Sorge! Ich passe auf.“
„Ich rufe dich an, wenn ihr aufbrechen müsst.“
„Danke.“
„Sag mir Bescheid, wenn ihr das Gebiet vorher verlasst.“
Sie versprach es und beendete das Gespräch, offensichtlich erpicht darauf, so schnell wie möglich wieder an die Arbeit zu gehen.
Zu Reese’ Erleichterung ließ der Regen noch eine Stunde auf sich warten, dann eine weitere. Als er kurz nach sechs Feierabend machte, hatte sich der Himmel im Norden jedoch besorgniserregend verdunkelt.
Sydney hatte bis jetzt nichts von sich hören lassen, was ihn jedoch nicht verwunderte, denn er zweifelte nicht daran, dass sie entschlossen war, jede Stunde Licht und jedes Pfeifen des Windes auszunutzen. Er warf seinen Regenhut in den Jeep und stieg dann selbst ein. Obwohl er sie nur hätte anzurufen brauchen, um ihr zu sagen, dass sie für heute Schluss machen sollte, hatte er beschlossen, in den Canyon hinunterzusteigen, um zu sehen, was für Fortschritte sie gemacht hatte. Bei dieser Gelegenheit konnte er ihr auch gleich von den Spuren in dem Felsen erzählen.
Das redete er sich zumindest ein, als er fünfzehn Minuten später hinter dem Blazer einparkte. Das Fehlen des Kleinbusses deutete daraufhin, dass Sydney zumindest einen Teil ihrer Crew bereits nach Hause geschickt hatte. Während die schwarzen Wolken von Minute zu Minute näher rückten, machte Reece sich an den schweißtreibenden Abstieg, und als er schließlich am Drehort angelangt war, sah er nur Henry Three Pines und Zack, der sich Kopfhörer übergestülpt hatte.
„Hört er sich über Kopfhörer den Wind an?“, erkundigte sich Reece, auf den Jungen deutend.
Henrys zerknittertes Gesicht wurde noch faltiger. „Nein. Ich glaube, jemanden namens Marilyn Manson.“
Zack, der völlig in die Musik vertieft war, hatte Reese’ Ankunft nicht mitbekommen. Als Reece ihm auf die Schulter tippte, machte er vor Schreck einen Satz. Er riss sich die Kopfhörer herunter und wirbelte herum.
„Himmel, mein Herz, Mann!“
„’tschuldigung. Wo ist Ihre Chefin?“
„Sie ist oben, die Mikros holen. Sie hat gesagt, ich soll schon mal zusammenpacken.“
„Dann sollten Sie jetzt besser anfangen.“
Eine gepiercte Augenbraue hob sich, aber Reece war zu sehr daran gewöhnt, Befehle zu erteilen, und Zack widersprach nicht, weil er zu sehr daran gewöhnt war, sie zu befolgen.
„Ich werd wohl zwei Mal gehen müssen“, brummte er. „Albert ging’s miserabel, er hat die Hälfte von seinem Kram dagelassen.“
„Nehmen Sie, so viel Sie tragen können, und sehen Sie zu, dass Sie mit Henry Land gewinnen. Ich nehme dann Sydney und den Rest mit, wenn sie fertig ist.“
„Danke, Mann!“
Zack und Henry trotteten schließlich davon, aber von Sydney war noch immer nichts zu sehen. Reece wartete weitere zehn Minuten, dann verlor er die Geduld und rief nach ihr. Ihr Name brach sich zwei Mal an den Felswänden, dann trug ihn der Wind davon.
In sich hineinbrummend, machte Reece sich auf den Weg zu der Leiter. Sydney war wahrscheinlich wieder so in ihre
Weitere Kostenlose Bücher