JULIA PRÄSENTIERT ÄRZTE ZUM VERLIEBEN BAND 56
Fast bereute er es, dass er nicht im Krankenhaus geblieben war, zu tun gab es immer genug. Aber nach dieser Höllenwoche hatte er sich einfach etwas Normales gewünscht.
Etwas, das Familien am Wochenende taten.
Geistesabwesend nahm er sich ein Sandwich, biss hinein – und hätte beinahe ausgespuckt. „Was zum …?“
„Nougatcreme“, sagte Daisy. „Hat Florence ausgesucht.“
Als er leicht angeekelt auf das Sandwich starrte, erbarmte sie sich seiner. „Möchtest du lieber eins mit Schinken, Käse und Chutney?“ Sie verkniff sich das Lachen, während er den Bissen widerwillig hinunterschluckte und Florence das Schokoladenbrot reichte.
„Danke.“ Er nahm das Sandwich, das sie ihm hinhielt. „Ich dachte schon, ich muss es essen oder hungrig bleiben.“
„Würde ich dir das jemals antun?“, murmelte sie.
Aber er schnaubte nur und aß sein Brot. Daisy betrachtete Florence, die mit großem Appetit ihr Sandwich aß, dann eine kleine Banane und zwischendurch immer mal eine Handvoll Kartoffelchips.
Ach, könnte sie diese Momente in Flaschen füllen und jederzeit hervorholen, in den einsamen, dunklen Tagen, wenn sie einen neuen Job gefunden und umgezogen war und Ben und Florence längst Vergangenheit waren!
Sie pflückte ein Gänseblümchen und dann noch eins, schlitzte gedankenverloren den Stängel auf, zog den nächsten durch und flocht ein drittes dazu …
„Was machst du da?“
Florences neugierige Stimme holte sie in die Gegenwart zurück. „Eine Kette aus Gänseblümchen.“ Daisy zeigte es ihr. „Siehst du, so!“
Aber die kleinen Finger waren noch nicht geschickt genug. Florence machte sich nichts daraus, sondern fing eifrig an, Gänseblümchen zu pflücken.
„Die Stiele müssen schön lang sein“, riet Daisy. „Und pass auf, dass du sie nicht zerdrückst.“
Bald hatte sie eine Blütenkette fertig und legte sie Florence um den Hals. „Bitte schön, Prinzessin.“
Mit großen blauen Augen sah das Mädchen an sich herunter. „Oh, wie hübsch.“ Sie strich zärtlich darüber. „Daddy, sieh mal!“
„Ja, wirklich wunderschön“, antwortete er, aber seine Stimme klang rau, sodass Daisy aufblickte.
Als ihre Blicke sich verfingen, hielt sie unwillkürlich den Atem an.
Nein, oh nein! Wo war sein Pager, wenn sie ihn brauchte? Nicht dass sie irgendeiner armen Mutter eine Notgeburt gewünscht hätte, aber falls jemand eine plante, jetzt wäre der beste Zeitpunkt!
Der Pager blieb stumm.
Und Ben lehnte sich zurück, stützte sich auf einem Ellbogen auf und nahm ein Gänseblümchen aus dem kleinen Haufen, den Florence gesammelt hatte.
Nachdenklich strich er über die Blütenblätter. „Ich erinnere mich, als wir noch Kinder waren … da haben die Mädchen Gänseblümchen genommen und ein Blättchen nach dem anderen ausgezupft und dabei gesagt: Er liebt mich, er liebt mich nicht, er liebt mich, er liebt mich nicht …“ Blütenblatt für Blütenblatt taumelte auf die Picknickdecke. Als Ben an die letzten beiden kam, zog er sie auf einmal raus. „Er liebt mich“, schloss er und sah Daisy direkt in die Augen.
Er liebt mich.
Sie schluckte und schaute hastig weg.
Ben stand auf. „Komm, Florence, wir gehen auf die Wippe.“
„Mit Daisy!“, krähte seine Tochter, sprang auf und zerrte an ihrer Hand. Wie konnte sie da Nein sagen?
Daisy warf ihm bitterböse Blicke zu, als sie auf der Wippe saßen, sie wieder mit Florence und er gegenüber. Doch er lächelte nur traurig und stimmte ein altes Kinderlied an, während er sanft auf und nieder wippte.
Seine tiefe Stimme klang warm und seltsamerweise tröstlich. Daisy schloss die Augen, damit sie ihn nicht ansehen musste, aber sie hörte ihn noch. Seine Stimme beschwor Bilder herauf, wie er ein Baby im Arm hielt und es liebevoll in den Schlaf sang. Daisy hatte das Gefühl, als würde ihr Herz in tausend Stücke zerspringen, und bald hielt sie es nicht länger aus.
„Ich möchte runter“, sagte sie bestimmt.
Ben hielt die Wippe so an, dass ihre Füße den Boden noch nicht berührten, und suchte ihren Blick.
„Zähl die Blütenblätter beim Gänseblümchen, Daisy“, sagte er und senkte erst dann die Wippe.
„Wozu?“, antwortete sie ausdruckslos, stand auf und ging davon.
Als er sah, wie sie das Picknick zusammenpackte, nahm er Florence seufzend an die Hand und führte sie zur Rutsche.
Was sollte er bloß machen? Er liebte Daisy, und sie liebte ihn. Wenn sie ihm nur vertrauen würde …
Ben hatte Florence gerade ins Bett
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