JULIA PRÄSENTIERT ÄRZTE ZUM VERLIEBEN BAND 56
liebsten wäre Faith in ihr altes Büro gegangen, um zu sehen, was aus dem Raum geworden war, in dem sie anderthalb Jahre lang gearbeitet hatte. War es womöglich die beste Zeit ihres Lebens gewesen?
Nein, sie war nicht hier, um Erinnerungen nachzuhängen. Sie wollte ihren Hund holen. Sonst nichts.
Mit energischen Schritten stolzierte sie in ihren High Heels – Sharon hatte darauf bestanden, Faiths Outfit für diesen denkwürdigen Auftritt auszuwählen – direkt zu Vales Büro. Das Anklopfen sparte sie sich. Sie wusste, er würde hier sein, und er wusste, dass sie kam. Der Nachtportier hatte ihn zweifellos informiert, sobald sie den Fahrstuhl betreten hatte.
Vale saß an seinem Schreibtisch, offenbar damit beschäftigt, Krankenakten zu studieren. Sie wusste genau, dass er nur so tat, und fragte sich, wozu er sich die Mühe machte.
Wie immer sah er einfach umwerfend aus. Sein bloßer Anblick reichte, die kleinen Fortschritte zunichte zu machen, die sie in den vergangenen Wochen erzielt hatte.
Aber sie täuschte sich doch nur selbst. In Wirklichkeit war sie heute genauso wenig über Vale hinweg wie vor zwei Wochen. Vielleicht würde sie es nie sein.
Jetzt hob er den Blick und sah sie aus diesen unglaublich blauen Augen an. „Du bist gekommen.“
Hatte er etwa einen Moment lang daran gezweifelt?
„Du hast meinen Hund, und ich will ihn zurück.“
Vale wandte den Blick ab, schaute auf seinen Schreibtisch, als würde er dort etwas suchen. Dann sah er sie wieder an. „Setz dich doch, Faith.“
Wozu das alles? Sie war fortgegangen und hatte nicht vor, zurückzukommen. Vale sollte froh sein, dass sie ihm wegen Cape May keine Szene gemacht hatte.
Er sah allerdings ganz und gar nicht froh aus.
Nein, er sah aus, als wäre er nervös und verunsichert. Unmöglich. Vale war nicht der Typ, der sich verunsichern ließ.
Trotzdem war er es. Wieder wanderte sein Blick rastlos über den Schreibtisch, und er schob eine Akte zur Seite.
Was tat sie eigentlich hier? Suchte sie noch immer nach Entschuldigungen für sein Verhalten? Die gab es nicht. Ihre Beziehung war kaputt.
„Das ist kein Freundschaftsbesuch, Vale. Ich will meinen Hund zurück.“
Er stand auf, von Unsicherheit keine Spur mehr. Er war nicht verwundbar. Er war ein Wakefield, ihm war es egal, wen er verletzte, solange er nur das bekam, was er wollte.
Er hatte ihre Affäre fortsetzen wollen, aus welchem Grund auch immer. Diesen Plan hatte sie zunichtegemacht. So etwas tat man einem Wakefield nicht an. Darum ging es.
„Erst wenn du mir zugehört hast.“
Faith ließ sich in den Besucherstuhl vor seinem Schreibtisch sinken, schlug die Beine übereinander und musterte ihn kühl. „Schön.“ Sie bemühte sich um einen gelangweilten Tonfall. „Dann fang an, ich habe nämlich noch ein bisschen was zu tun. Voller Terminkalender – das kennst du ja.“
Vale betrachtete Faith ausgiebig. Sie hatte sich geschminkt, trug Kontaktlinsen statt ihrer Brille, und ihr wunderbarer Körper steckte in aufreizend weiblicher Kleidung. Das Haar fiel ihr offen über die Schultern und schimmerte golden. Die Erinnerung daran, wie er im Bett die Finger mit den seidigen Locken verflochten hatte, quälte ihn.
Für ihn war sie die schönste Frau, der er je begegnet war.
Es spielte keine Rolle, was sie anhatte oder wie sie ihr Haar trug. Nur, dass sie gekommen war. Hierher zu ihm.
„Du hast mir gefehlt.“
„Weil du sonst niemanden hast, der deine Anrufe erledigt?“, gab sie schnippisch zurück und entfernte einen unsichtbaren Fussel von ihrem provozierend kurzen Rock.
Trug sie diesen Rock mit Absicht, um Vale durch den Anblick ihrer langen Beine abzulenken? Wusste sie, dass er sofort daran denken würde, wie es sich angefühlt hatte, als sie ihre Schenkel um seine Hüften geschlungen hatte?
Er ging um den Schreibtisch herum und setzte sich auf eine Ecke. „Du hast doch nicht gekündigt, weil du keine Anrufe für unsere gemeinsamen Patienten mehr erledigen willst.“
Sie antwortete nicht, begutachtete stattdessen ihre Fingernägel. Als sie aufsah, trafen sich ihre Blicke.
Es reichte. Sie kamen nicht weiter, wenn nicht einer von ihnen den entscheidenden Schritt machte. Vale hatte sich nie als Feigling betrachtet, hoffte allerdings trotzdem, dass dieser Schritt von ihr ausging. Dass sie zugab, ihn zu vermissen, nicht nur als Kollegen, sondern als Mann.
Aber konnte er erwarten, dass sie das tun würde? Nein. Nicht nach allem, was er ihr an den Kopf geknallt
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