Julia präsentiert Träume aus 1001 Nacht 02
wo die Lehrerin bereits wartete.
„Ich werde ein Bild für dich malen, Nanny“, verkündete Hana, als sie vor der Tür ankamen.
„Darüber freue ich mich sehr.“ Crystal beugte sich hinunter und gab dem Mädchen einen Kuss. „Und was ist mit dir, junger Mann? Was machst du heute?“
„Ich lerne ein Lied, das ich dir singe“, antwortete er feierlich.
„Das gehört zu meinen Lieblingsdingen“, sagte sie und nahm das Gesicht des Jungen in ihre Hände, dann küsste sie ihn auf beide Wangen. Daraufhin erschien bei dem Kleinen ein Grinsen, das so charmant war, wie das seines Vaters, so dass ihr Herzschlag für eine Sekunde aussetzte. Sie öffnete die Tür. „Ab mit euch. Miss Kelly wartet schon. Ich hole euch dann später ab.“
„Bye, Nanny“, riefen sie beide, während sie in den Raum gingen und winkten. „Bye, Papa.“
Die Tür wurde geschlossen, und sie war mit Fariq allein. Sie fühlte den Drang, das unangenehme Schweigen zu brechen. „Sie haben gerade einen für uns typischen Morgen miterlebt. Die Kinder haben Sie sehr vermisst.“
„So sehr, dass sie für Sie singen und malen.“
Oh, oh. Da galt es wohl, einen Anfall königlicher Eifersucht zu besänftigen, dabei fassten die Kinder lediglich zu ihrer ersten Bezugsperson Vertrauen und Nähe. „Das liegt nur daran, dass Sie so viel unterwegs waren. Es wird eine kleine Weile dauern, bis sie wieder mit Ihnen warm werden, jetzt wo Sie zurück sind.“
„Das will ich nicht weiter diskutieren.“ Er schaute auf seine Uhr. „Ich muss ins Büro.“
Crystal sah ihm nach, wie er in die Richtung des Bürotrakts verschwand, und ihr Herz machte einen kleinen Sprung, weil er offensichtlich nicht plante, sofort wieder auf Reisen zu gehen. Doch dann ermahnte sie sich zur Vernunft. Das Ganze konnte noch zu einer Katastrophe führen.
Sie musste sich auf ihren Job konzentrieren. Es war an der Zeit, dass sie die Unterrichtseinheiten und Aktivitäten für die Zwillinge am Nachmittag durchging. Langsam schritt sie die Treppe hinunter, wandte sich in die Richtung des Wohnflügels und hielt dann vor der Tür zu Fariqs Suite. Doch bevor sie hineingehen konnte, trat eine Dienerin auf sie zu.
„Was gibt es, Salima?“, fragte sie die junge, schwarzäugige Frau.
„Prinzessin Farrah wünscht Ihre sofortige Anwesenheit, Miss Rawlins.“
„Danke. Ich werde gleich zu ihr gehen.“
Die Prinzessin bewohnte eine Suite am Ende der Halle. Crystal war bereits einige Male zum Tee dort gewesen oder hatte die Kinder auf einen Besuch vorbeigebracht. Jetzt ging sie rasch zu der Wohnung und dachte dabei, dass sie sich doch recht schnell im Palast zurechtgefunden hatte. Zu Anfang hatte sie befürchtet, sich zu verirren und nie wieder das Tageslicht zu erblicken. An der Tür zur Suite angekommen, klopfte sie und wurde sogleich hineingebeten.
„Euer Hoheit?“
„Hier drüben, meine Liebe.“
Die Stimme kam aus dem Wohnzimmer, und Crystal ging in den Raum hinein. Während sie um die Ecke bog, hörte sie die ältere Frau etwas wie „absolut keine Fortschritte“ murmeln.
„Stimmt etwas nicht, Euer Hoheit?“
„Crystal.“ Prinzessin Farrah, die einen äußerst eleganten Designerhosenanzug trug, schaute auf. „Nein, nein. Ich bin nur ein wenig frustriert von einem Projekt, an dem ich arbeite. Bitte, setzen Sie sich. Und vielen Dank, dass Sie so schnell gekommen sind.“
„Gern geschehen.“ Sie setzte sich auf das Sofa gegenüber und konnte von dort aus durch die Balkontüren aufs Meer sehen. „Was kann ich für Sie tun?“
„Eigentlich wollte ich über die Kinder reden. Ich denke …“ Ein Klopfen an der Tür unterbrach sie. „Herein.“
Eindeutig männliche Schritte hallten über den Marmorfußboden, den Crystal beim Eintreten noch insgeheim bewundert hatte, und eine Minute später tauchte Fariq auf. Crystal spürte, wie ihr Puls plötzlich wild pochte. Großer Gott, sie hatte den Mann doch gerade erst gesehen!
Er blickte von ihr zu seiner Tante und verbeugte sich dann leicht. „Guten Morgen.“
„Danke, dass du so schnell gekommen bist.“
„Du sagtest, es ginge um die Kinder. Ich habe sie gerade erst verlassen. Stimmt etwas nicht?“
„Setz dich.“ Sie lächelte. „Hana und Nuri sind absolute Engel. Und Crystal geht ganz wunderbar mit ihnen um.“
Crystal spürte, wie die Sofakissen unter Fariqs Gewicht nachgaben. Er saß so dicht neben ihr, dass sie sich nur ein wenig nach links hätte lehnen müssen, um mit den Lippen seine Wange zu berühren.
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