Julia präsentiert Träume aus 1001 Nacht 05
Moment vernahm sie ein scharfes metallisches Klicken. Das mussten die Handschellen sein, die er ihr im Auto gezeigt hatte. Ohne nachzudenken, rannte sie los, geradewegs auf den schmalen Felsspalt zu. In ihrer Panik hörte sie die Motorengeräusche nicht, ebenso wenig die Schreie bewaffneter Reiter. Zu spät erkannte sie, was dies alles bedeutete. Im nächsten Moment hatte sie den Pass hinter sich gelassen und lief direkt auf die Gruppe von Flüchtlingen zu.
Sie wurden von El Khalid angeführt, aber es war ein junger Leutnant, der sie als Erster erblickte. Er riss das Steuer seines alten Landrovers herum und nahm ihre Verfolgung auf.
Richard, der Katrina durch die schmale Felsspalte gefolgt war, machte auf der Stelle kehrt und eilte zurück zu seinem Auto. Er ignorierte ihre Notlage, startete den Motor und raste davon, so schnell er nur konnte.
Katrina hatte seine Flucht nicht bemerkt.
Die Luft war voller Staub, fast meinte sie zu ersticken. Das Fahrzeug befand sich jetzt auf gleicher Höhe, der Fahrer lehnte sich aus dem Fenster und versuchte, mit einer Hand nach ihr zu greifen.
Sofort drehte sie sich um und lief in die Richtung, aus der sie gekommen war. Entsetzt merkte sie, dass sie erneut verfolgt wurde, denn wie aus dem Nichts tauchte ein bewaffneter Reiter auf.
Er näherte sich Katrina so rasant, dass sie schon bald den Atem seines Pferdes spürte. Er holte sie ein, beugte sich zu ihr herunter. Im nächsten Moment fühlte sie sich von einer starken Hand ergriffen und hochgezogen. Ohne zu wissen, wie ihr geschah, saß sie plötzlich vor dem Reiter im Sattel als seine Gefangene.
Sie keuchte und bekam kaum noch Luft. Dann erstarrte sie. Dieser Duft … dieses nach Zitronen duftende Eau de Cologne kam ihr bekannt vor. Und auch der Körper des Mannes, die Kraft, die von ihm ausging, lösten Erinnerungen in ihr aus, die sie am liebsten verdrängt hätte. Abrupt wandte sie den Kopf und sah ihn an.
Sie konnte nur seine Augen sehen: Sie waren bernsteinfarben mit kleinen Goldflecken darin, die Augen eines Tigers. Entsetzt hielt sie den Atem an, dann schaute sie wieder nach vorn.
Auf seinen verächtlichen Blick war sie nicht gefasst gewesen. In der Ferne sah sie Richards Auto verschwinden. Dieser Feigling, er flüchtete und überließ sie ihrem Schicksal. Tränen liefen ihr über die Wangen und fielen auf die dunklen Hände, die die Zügel hielten.
Ungeduldig wischte er sie ab. Dann beugte er sich kurz zu seinem Pferd hinab und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Sie wendeten, und er galoppierte auf die Gruppe der wartenden Männer zu, die sie beobachteten.
Plötzlich erschien derselbe Wagen, der sie vorher verfolgt hatte, und fuhr mit hohem Tempo auf sie zu. Katrina sah das wutverzerrte Gesicht des Mannes. Er hob die Faust und schüttelte sie zornig gegen ihren Entführer. Dann überholte er sie und traf vor ihnen bei den anderen ein.
Es ging alles so schnell, dass sie keine Zeit zum Nachdenken hatte. Dann waren sie am Ziel angekommen. Das Pferd kam vor einem kräftigen Mann zum Stehen, und er bedeutete ihnen, endlich abzusteigen.
Als Erstes fiel ihr das Gewehr auf. Außerdem hatte er einen Patronengürtel um die Hüfte geschlungen und trug wie alle Männer aus dieser Gegend den traditionellen geschwungenen Dolch. Es schien sich um den Führer der Gruppe zu handeln.
Neben ihm stand der Mann, der sie verfolgt hatte. Er gestikulierte wild mit beiden Armen, zeigte immer wieder auf sie und stieß Verwünschungen in einer Sprache aus, von der sie kein Wort verstand.
„Warum hast du den Mann entkommen lassen?“, fragte der Führer ihren Befreier auf Zuranesisch.
Nach einer kleinen Pause antwortete er: „Wie hätte ich es mit einem Jeep aufnehmen können? Mein Pferd ist zwar schnell, aber so schnell auch wieder nicht. Nur Sulimen hätte ihn noch eingeholt, aber er war ja hinter einer anderen Beute her.“
„Er hat mir meinen Preis weggeschnappt, und nun beschuldigt er mich auch noch. Das Mädchen gehört mir, El Khalid“, verlangte der Fahrer des Landrovers aufgebracht.
„Du hast Sulimens Worte gehört, Tuareg. Was sagst du dazu?“
Katrina brach der kalte Schweiß aus. Am liebsten hätte sie ihren Befreier angefleht, sie nicht Sulimen zu überlassen. Aber sie wusste, es war am besten, sich zurückzuhalten.
Warum antwortete ihr Befreier nicht? Hoffentlich würde er jetzt nicht nachgeben. Sie hatte Angst, ihm in die Augen zu schauen.
„Meine Antwort lautet: Ich habe das Mädchen, und er nicht. Sie wird mir
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