Julia präsentiert Träume aus 1001 Nacht 05
Wadis genannt wurden.
Eigentlich hätte sie längst schlafen müssen. Sie war bereits vor einer Stunde ins Bett gegangen. Aber immer, wenn sie die Augen schloss, erschien das Bild des „Mannes mit den bernsteinfarbenen Augen“, wie sie ihn für sich genannt hatte.
Und sie erinnerte sich nicht nur an seine Augenfarbe, sondern vor allem an seinen Kuss. Allein der Gedanke daran ließ sie erschauern.
Das ist lächerlich, sagte sie sich. Eine vierundzwanzigjährige Frau mit einem Doktortitel in Biochemie konnte doch nicht einem so primitiven sexuellen Impuls gehorchen. Und das gegenüber einem Fremden! Einem Fremden, der möglicherweise auch noch ein gefährlicher Verbrecher war.
Aber der Gedanke an seinen leidenschaftlichen Kuss ließ sie einfach nicht los.
Erneut fielen ihr ihre Eltern ein. Sie waren beide hoch qualifizierte Wissenschaftler gewesen, die einander sehr zugetan waren. Sie hatten füreinander gelebt und waren gemeinsam bei einem Unfall während einer Ausgrabung ums Leben gekommen.
Damals war Katrina erst siebzehn gewesen. Kein Kind mehr, aber auch noch nicht erwachsen. Ihre Eltern, beide Einzelkinder, hatten keine Verwandten gehabt. Nach ihrem Tod war sie Vollwaise geworden. Sie hatte sich ihr ganzes bisheriges Leben danach gesehnt, von jemandem wirklich geliebt zu werden. Gleichzeitig fürchtete sie sich vor dieser Sehnsucht, weil diese sie so verletzbar machte.
Daher hatte sie sie tief in ihrem Inneren begraben und sich stattdessen auf ihr Studium konzentriert. Es war ihr auch gelungen, sich mit einigen Studenten anzufreunden, aber sie hatte stets darauf geachtet, dass diese ihr nicht zu nahe kamen.
Mit vierundzwanzig betrachtete sie sich als einigermaßen erwachsen und reif. Aber jetzt … So etwas für diesen Fremden zu empfinden war alles andere als reif und erwachsen.
Ich bin in einem fremden Land mit fremden Sitten, sagte Katrina sich. Einem Land, das sie schon immer fasziniert hatte. Daher hatte sie auch die Sprache gelernt. Das Erscheinen des Fremden hatte sie völlig unvorbereitet getroffen, und sie hatte nicht gewusst, ob sie bleiben oder fliehen sollte. Doch es hatte einen Adrenalinstoß in ihr ausgelöst. Kein Wunder, dass sie die ganze Geschichte so sehr berührte.
Aber wie weit ging das Ganze? War es mehr als eine rein körperliche Reaktion auf einen attraktiven Mann? Einen Mann, vor dem sie auf jeden Fall auf der Hut sein musste?
Jeder kann doch mal einen Fehler machen, sagte sie sich. Außerdem war es sehr unwahrscheinlich, dass sie sich noch einmal begegnen würden. Sie wollte nicht einmal vor sich selbst zugeben, wie sehr dieser Gedanke sie deprimierte.
2. KAPITEL
Die Sonne stieg gerade am Horizont auf, als sie die Villa verließen und in einem Konvoi mit mehreren Jeeps in die Wüste aufbrachen. Zu Katrinas Unbehagen hatte Richard darauf bestanden, dass sie ganz allein mit ihm in einem der Wagen fuhr.
„Hier hast du es viel bequemer, schließlich sind wir an der Spitze“, sagte er zu ihr und lachte. „Die anderen müssen den Staub schlucken, den wir aufwirbeln.“
Es stimmte, dass er bei dem hohen Tempo eine Menge Sand aufwirbelte. Trotzdem hätte Katrina es vorgezogen, mit jemand anderem mitzufahren.
„Warum entspannst du dich nicht ein bisschen?“, schlug Richard vor. „Bestimmt musst du noch Schlaf nachholen. Und die Fahrt wird ziemlich lang dauern. Am besten, du trinkst noch etwas Wasser. Vergiss nicht, wir müssen darauf achten, nicht auszutrocknen.“
Gehorsam nahm sie die Flasche in Empfang, die er ihr reichte, und trank daraus.
Vielleicht war es ja gar keine so schlechte Idee, ein wenig Schlaf nachzuholen. Plötzlich merkte sie, wie müde sie war. Der andere Vorteil würde sein, dass sie sich nicht mit Richard unterhalten musste. Wahrscheinlich hatte sie zu viel über den Mann mit den bernsteinfarbenen Augen nachgedacht. Als sie die Augen schloss, merkte sie, dass Richard das Tempo noch mehr erhöhte.
Als Katrina schließlich erwachte, war es bereits spät am Nachmittag. Die Sonne, die durch die Windschutzscheibe schien, weckte sie. Sie hatte anscheinend ziemlich lange geschlafen. Abrupt setzte sie sich in ihrem Sitz auf und sah Richard vorwurfsvoll an.
„Du hättest mich wecken sollen“, sagte sie zu ihm. „Wann werden wir denn endlich das Wadi erreichen?“
Es dauerte ein paar Sekunden, bevor er antwortete. Der Blick, mit dem er sie betrachtete, ließ sie frösteln.
„Wir fahren nicht zum Wadi“, erwiderte er. „Ich habe für uns einen anderen
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