Julia präsentiert Träume aus 1001 Nacht 3
nicht, wie, und fragte sich, wie andere Frauen in einer solchen Situation es schafften. Irgendwie fühlte sie sich von dieser seltsam altmodischen Mischung aus Über legenheit und Chauvinismus, die er verkörperte, angezogen. Und das, obwohl sie im Zeitalter der Gleichberechtigung lebte und immer für ihre Unabhängigkeit gekämpft hatte!
Sienna legte die Gabel hin und schob den Teller zur Sei te. „Nun, da wir das Geschäftliche besprochen haben und keiner von uns besonders hungrig zu sein scheint, wirst du mir sicher nachsehen, wenn ich jetzt gehe …“
„Nein.“ Das war ein Befehl. „Du gehst nirgendwohin, denn ich bin noch nicht fertig mit dir.“
Hielt er sie für eine Marionette, die nur nach seinen Launen tanzte? Mit der er anstellen konnte, was er wollte? Plötzlich war es nicht so einfach, keine Furcht zu zeigen und ruhig und souverän zu reagieren – all die Dinge, die sie sich angeeignet hatte, um in ihrem Job zu überleben.
„Dann schieß los, Hashim“, meinte sie mit dem letzten Rest Courage, den sie in sich fühlte. „Sag, was auch immer du loswerden möchtest.“
Er fuhr sich nachdenklich mit dem Finger über die Un terlippe. „Ich verstehe einfach nicht, warum du dich für die Arbeit im Verborgenen entschieden hast.“
Sie starrte ihn an. „Wie bitte?“
Mit einer generösen Geste wies er auf sie und gab zu: „Oh, es besteht kein Zweifel, dass du in deinem Job sehr erfolgreich bist …“
„Nun, vielen Dank“, sagte sie trocken.
„Aber nur in einem relativen Sinn.“ Sein Blick ruhte unverwandt auf ihr. „Es wundert mich, dass du immer noch in Hotels arbeitest.“
„Das tun viele Frauen.“
„Aber viele Frauen sehen nicht so aus wie du.“
„Hashim, bitte …“
„Mit deinem Körper hättest du ein Vermögen machen können, stattdessen hast du das hier gewählt. Also sag mir …“ Die Frage hing in der Luft, und Sienna hielt den Atem an. „Warum hast du nie deine Karriere als Nackt modell weiterverfolgt?“
Warum hast du nie deine Karriere als Nacktmodell wei terverfolgt?
Die brutale Frage dröhnte in ihren Ohren. Sie sorgte da für, dass sie sich billig vorkam. Geschmacklos. Etwas, das sie schon seit langer, langer Zeit nicht mehr gefühlt hatte. Rasch blickte sie sich um, ob die anderen Gäste des Res taurants etwas mitbekommen hatten.
„Du machst dir Sorgen, dass die Leute etwas hören könnten?“ Ein grausames Lächeln lag auf Hashims Lip pen. „Du hast dich also nicht damit gebrüstet, dass du in der Glamourwelt gearbeitet hast?“ Er sprach das Wort voller Verachtung aus. „Vielleicht hast du Angst davor, was man über dich denken könnte? Aber das kann ich nicht glauben, Sienna – denn warum solltest du deinen Körper enthüllen, wenn du gleichzeitig fürchtest, man könnte es herausfinden? Warum solltest du Männern den Blick auf deine nackte Haut gestatten und dann verlegen tun?“
„Es wundert mich, dass du dir die Mühe machst, mir Fragen zu stellen, auf die du offensichtlich schon alle Ant worten hast“, entgegnete Sienna ruhig. „Oder vielmehr glaubst du, dass du alle Antworten kennst. Du hältst mich für eine ganz bestimmte Sorte Frau und wirst deine Mei nung nicht ändern – warum belassen wir es also nicht da bei?“
„Weil ich … neugierig bin.“
Ja, natürlich war er das. Er wollte wissen, warum sie mit ihrem herrlichen Körper nicht weiterhin leicht verdientes Geld eingestrichen hatte. „Was glaubst du denn, warum ich es nicht weiterverfolgt habe, Hashim?“
Er zuckte die Achseln. „Ich vermute, du hast erkannt, dass es am Ende gegen dich arbeiten würde. Dass es dein allergrößtes Ziel gefährden würde.“
„Und welches Ziel wäre das?“, fragte sie schwach.
Nachdenklich legte er einen Finger gegen die Wange. „Ich schätze, dass du die abgründige Seite dieses Geschäfts gesehen hast. Du hast erkannt, dass da Gefahren für dich lauern – und dich entschieden, lieber in der realen Welt zu arbeiten. Was dir offensichtlich sehr schwergefallen ist – da musstest du nach einem anderen Weg suchen, einem leichteren, als deine Kleider fallen zu lassen.“
Sienna zuckte zusammen. „Sprich weiter“, sagte sie ge presst.
„Dir ist klar geworden, dass du über ein außergewöhn liches Geschenk verfügst, das nur wenige besitzen. Das Geschenk der Schönheit.“ Seine Stimme wurde kalt, als er sich daran erinnerte, wie er auf den ältesten Trick der Menschheit reingefallen war. „Männer sind besessen von Schönheit, und du
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