JULIA PRÄSENTIERT TRAUMZIELE DER LIEBE Band 01
getragen.“
Francine starrte ihn erschöpft an. „Du hast nicht nur eine Narbe auf dem Gesicht“, sagte sie schließlich ganz ruhig. „Ich glaube, dass auch deine Seele eine Narbe hat, die nur niemand so leicht sieht. Du musst einen psychischen Knacks haben, Alessandro, denn sonst hättest du so etwas nie tun können.“
Mit diesen Worten machte sie auf dem Absatz kehrt und verließ rasch das Zimmer. Sie konnte ihre Tränen kaum mehr zurückhalten, wollte aber auf keinen Fall, dass er sie weinen sah.
Gegen Abend, nachdem es dunkel geworden war, hörte Francine, wie Alessandro die Villa verließ. Wahrscheinlich fährt er zurück nach Venedig. Schließlich hat er hier nichts mehr zu tun – lediglich eine ungeliebte Ehefrau lässt er zurück, dachte sie verbittert.
Nachdem sie sich ordentlich ausgeweint hatte und wieder etwas zu sich gekommen war, lief sie rastlos im Haus umher. Verzweifelt wünschte sie sich, sie könnte jetzt mit ihrem Vater sprechen, um herauszufinden, was an Alessandros unglaublichen Vorhaltungen wahr war. Sie selbst war überzeugt davon, dass hier irgendwelche Missverständnisse vorliegen mussten. Bei all seiner Exzentrik war ihr Vater nicht jemand, der junge Mädchen verführte.
Andererseits hatte Alessandro seine Behauptungen mit so fester Überzeugung ausgesprochen. Und hätte er diesen ganzen Aufwand der Heiratsinszenierung überhaupt betrieben, wenn an der Sache nichts Wahres dran war?
Francine fühlte sich total verunsichert – wem oder was sollte sie glauben? Doch in einem Punkt gab es für sie keinen Zweifel: Alessandro hatte nicht das Recht, sie in dieser rücksichtslosen Weise für seine Zwecke zu missbrauchen.
Francine spürte, wie der Ärger in ihr wuchs. Und mit ihm ein neuer Schub an Entschlossenheit. Sie ließ sich nicht als Spielball benutzen!
Sie wurde zwar den inneren Drang nicht los, einfach wegzurennen und sich irgendwo zu verstecken. Aber gleichzeitig war sie fest entschlossen, einen strategischen Plan zu entwerfen und es mit der vertrackten Situation – und mit ihrem Noch-Ehemann – aufzunehmen.
Später, im Bett, erwog Francine alle nur denkbaren Möglichkeiten, die ihr zur Verfügung standen. Doch ihre Handlungsfreiheiten schienen nicht allzu groß zu sein. Schließlich fiel sie in einen unruhigen Schlaf.
Noch beim Aufwachen am nächsten Morgen erschauderte sie bei dem Gedanken, welch grässliches Ende ihre Hochzeitsnacht genommen hatte.
Entschlossen ging zum Telefon und bestellte in langsamem Englisch und ein paar Brocken Italienisch einen Wagen, der sie zurück nach Venedig bringen sollte. Es war ihr durchaus bewusst, dass die Fahrtkosten ein kleines Vermögen kosten würden. Aber nichts war ihr jetzt gleichgültiger als das.
Es war später Vormittag, als Francine auf einem Vaporetto den Canale Grande entlangfuhr. Am Markusplatz stieg sie aus und marschierte samt ihrem Gepäck zielstrebig in Richtung Palazzo Zancani. Dort angekommen, öffnete sie mit einer Ruhe, die sie selbst überraschte, die Eingangstür und trat ein.
Als Francine ihr Gepäck in den ersten Stock hochgeschleppt hatte, befiel sie zum ersten Mal etwas Nervosität. Bin ich verrückt, wieder hierherzukommen?, schoss es ihr plötzlich durch den Kopf. Doch ein Zurück gab es nun nicht mehr.
Ehe sie sich versah, stand Alessandro vor ihr. Erstaunt und sichtlich unangenehm überrascht, sie hier zu sehen, knurrte er: „Ich hatte gehofft, du würdest auf direktem Wege zu deinem Papa rennen.“
„Wieso sollte ich?“, gab sie schnippisch zurück, obschon sich ihr Magen vor Nervosität beinahe umdrehte. „Ich bin erwachsen und selbstständig und brauche niemanden, der mir in einer Konfliktsituation Händchen hält.“
Seine graugrünen Augen bohrten sich in sie. „Warum bist du hier?“
„Ich dachte, das wäre sonnenklar. Mein gestriges Gelöbnis vor dem Standesbeamten bedeutet mir etwas, selbst wenn es dir augenscheinlich gleichgültig ist. Ich gebe meine Ehe nicht so einfach auf!“
„Mit anderen Worten, du hältst an deiner Position als Frau Zancani mit all ihren Annehmlichkeiten fest“, sagte er sarkastisch.
Irrtum – geliebt werden möchte ich von dir! hätte Francine am liebsten laut herausgeschrien. Aber damit würde sie etwas Unmögliches fordern. Sie biss sich auf die Lippe. Dann hob sie den Kopf sehr hoch. „Ich denke, ich habe ein Recht auf Entschädigung für dein Benehmen mir gegenüber. Du hast mich für deine schmutzige Rache benutzt.“
„Was schlägst du vor?
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