Julia Saison Band 05
hätte, wäre das auch nicht möglich gewesen. Zwischen Thanksgiving und Weihnachten ist da am meisten los. Da kriegt keiner frei.“ Sabrina nahm einen Schluck von ihrem Cosmopolitan.
„Und?“
Sabrina verzog die Lippen zu einem Lächeln. „Nicht so gut wie ein Margarita, aber interessant.“ Als der Kellner mit den Salaten zurückkam, begegnete sie seinem Blick mit einem verführerischen Lächeln, das der junge Mann erwiderte.
„Der ist doch keine Stunde älter als einundzwanzig“, sagte Collin, als sie wieder allein waren.
„Vielleicht stehe ich da drauf.“
Collin kniff die Augen zusammen. „Das hast du nur getan, um es mir heimzuzahlen.“
„Hat es funktioniert?“
„Nein.“
Sie warf den Kopf in den Nacken und lachte. „Das macht irgendwie Spaß.“
„Was für unangenehme Eigenschaften abgesehen von Sadismus hast du noch, von denen ich nichts weiß?“
„Wenn du mich loswerden willst, musst du Cassie nur vorschlagen, dass ich bei ihr einziehe. Dann könnten die Mädchen in ihrer vertrauten Umgebung und bei ihren Freunden bleiben. Jetzt wo ich so darüber nachdenke, könnte ich dann sogar so etwas wie ein Privatleben haben, mit den ganzen Soldaten in der Nähe.“
„Ja, aber dann würdest du nicht so viel verdienen.“ Diese Unterhaltung gefiel ihm überhaupt nicht. Er hätte nie zugeben sollen, dass er an ihr interessiert war.
„Das ist wahr.“ Seufzend nahm Sabrina ihre Salatgabel zur Hand. „Okay, ich höre schon auf, dich zu ärgern. Ich weiß aber wirklich nicht, wie du das immer machst. Flirten ist harte Arbeit. Warst du als Junge auch schon so?“
Über seine Kindheit wollte er genauso wenig reden. Aber wenigstens lag die Vergangenheit hinter ihm. „Wohl kaum. Die Scheidung meiner Eltern war nicht einvernehmlich. Hat dir das meine Schwester nicht erzählt? Mutter hat Cass hier behalten. Mein Vater hat mich mit zurück nach England genommen.“
„So viel habe ich schon im Büro mitbekommen, als ich noch für dich gearbeitet habe.“ Als sie seinen düsteren Blick bemerkte, grinste sie nur. Aber dann sagte sie: „Entschuldige bitte. Erzähl weiter.“
„Da gibt es nicht viel zu erzählen. Hat keinen Monat gedauert, bis er mich aufs Internat geschickt hat. Er konnte mit mir nichts anfangen, verstehst du? Es ging ihm nur darum, es meiner Mutter heimzuzahlen.“
„Das war gemein von ihm. Tut mir wirklich leid für dich.“
„Also, ich habe jetzt Hunger.“ Collin spießte eine Olive in seinem mediterranen Salat auf. Damit hatte sich das Thema wohl erledigt. Aber da lag er falsch.
„Also hast du deine ‚Hey, hier komm ich‘-Persönlichkeit entwickelt, weil du deinem Vater zeigen wolltest, dass es falsch war, dich abzuschieben? Oder um deiner Mutter klarzumachen, sie hätte härter um dich kämpfen sollen?“
„Weder noch. Ich wollte Aufmerksamkeit und habe entdeckt, dass die Leute einen mehr beachten, wenn man ihnen schmeichelt. Außerdem ist das ein nützlicher Trick, um die Menschen davon abzuhalten, zu viele Fragen zu stellen.“ Er deutete mit der Gabel auf sie. „Mit einer Ausnahme.“
„Schon gut, ich hab’s kapiert. Themenwechsel.“ Sabrina deutete mit einem Kopfnicken aus dem Fenster auf den von Bäumen gesäumten Kanal. Gerade fuhr eine Gondel mit Touristen vorbei, die einem Gitarrenspieler zuhörten. „Können wir nach dem Essen einen Spaziergang machen?“
„Von mir aus. Ich lasse dich jedenfalls nicht allein losmarschieren.“
„Als ob ich dieses Hotel aus den Augen verlieren könnte …“
„Ich spiele so gerne Tourist“, erklärte Sabrina.
Als Collin nichts sagte, blieb sie stehen und schaute hinauf zu einem hell erleuchteten Laden im Obergeschoss. Einkaufen an der frischen Luft anstatt in einem geschlossenen Einkaufszentrum machte Spaß.
„Oh, schau mal. Ein Tattoostudio.“
„Nein.“ Collin packte ihren Arm und drängte sie weiterzugehen.
„Es ist meine Haut.“
„Dann solltest du mehr Respekt dafür haben. Insofern folge ich einer alten Militärtradition. Du arbeitest für mich, also gehört deine Haut mir, bis dein Vertrag gelöst ist. Und mein Eigentum wird nicht verschandelt. Nicht einmal, wenn ich zusehen darf.“
Es war klüger, auf diesen Spruch nicht zu reagieren. Stattdessen betrachtete sie die funkelnden, weißen Lichterketten in den Bäumen und an den Brücken über den Kanälen. „Das ist wie Weihnachten das ganze Jahr über.“
Als sie einen Laden mit Postkarten entdeckte, bat sie Collin, kurz zu warten, und
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