Julia Saison Band 05
später immer noch nicht aufgetaucht war, ging er ins Gästezimmer, um nach ihr zu sehen. Sie lag auf der Seite, hatte eine Hand unter das Kissen geschoben und schlief tief und fest.
Da sie sich nur schwer an die fünf Stunden Zeitunterschied gewöhnen würde, wenn sie nicht wenigstens vormittags aufstand, öffnete er die Jalousien und ließ die Januarsonne herein.
„Aufwachen!“
Stöhnend zog sich Ashley die Decke über den Kopf. „Wie spät ist es denn?“
„Fast Mittag.“ Cal lehnte sich an das Metallgestänge am Fußende des Bettes und kitzelte Ashley am Fuß, als sie wieder einzuschlafen schien. „Hast du Lust, mit mir laufen zu gehen?“
Sie blinzelte mit einem Auge unter der Decke hervor und gab einen unbestimmten, sehr verführerischen Laut von sich. „Vielleicht später?“
In diesem Moment ertönte Motorengeräusch in der Einfahrt. Cal ging zum Fenster und erkannte den Mercedes von Ashleys Vater.
„Ich glaube, dein Vater kommt“, verkündete er.
„Ach was!“, erwiderte sie und verschwand wieder unter der Decke.
Diesmal zog Cal ihr die Decke weg. „Ehrlich, Ash. Gerade ist der Wagen deines Vaters in die Einfahrt gerollt.“
Verschlafen setzte Ashley sich auf und strich sich mit der Hand durch das zerzauste Haar. Wie immer, wenn ein Treffen mit ihren Eltern bevorstand, sah sie eher besorgt als erfreut aus.
„Ich unterhalte mich mit ihm, während du dich fertig machst“, versprach Cal, obwohl er sich in Gegenwart von Ashleys Vater auch nicht wohler fühlte als sie.
Als er die Haustür öffnete, stand Harold Porter schon davor. Er trug einen Anzug und eine teure Krawatte, obwohl Wochenende war. Das silbergraue Haar war perfekt frisiert, die Haut gebräunt vom Skifahren, Segeln und Golfspielen – Harold Porter machte das allerdings nicht zum Spaß. Bei ihm war alles im Leben auf das Geschäft ausgerichtet, und die besten Verträge ließen sich eben manchmal an Bord einer Segeljacht aushandeln. Als Vorstandsvorsitzender eines Pharmakonzerns war er fünf oder sechs Tage die Woche auf Geschäftsreise und kam manchmal übers Wochenende gar nicht erst nach Hause.
„Ich habe nicht viel Zeit“, sagte er auch diesmal zur Begrüßung, „ich fliege heute Nachmittag nach Chicago, aber ich wollte auf dem Weg zum Flughafen bei euch beiden vorbeischauen.“
Cal nahm Harold den Mantel ab und hängte ihn an die Garderobe. „Ashley kommt gleich, sie hat bis eben noch geschlafen.“
Missbilligend schaute Harold auf seine Rolex.
„Sie hat sich noch nicht an die Zeitverschiebung gewöhnt“, erklärte Cal hastig. Er konnte es nicht leiden, wenn Ashleys Vater so hohe Anforderungen an sie stellte. „Kaffee oder Tee?“
Harold winkte ab und warf Cal einen strengen Blick zu. „Eigentlich wollte ich kurz allein mit dir sprechen.“
Das verhieß nichts Gutes. Cal führte Ashleys Vater nicht sehr begeistert ins Wohnzimmer und setzte sich ihm gegenüber in einen Sessel.
„Ich dachte, ich hätte mich klar ausgedrückt, als du bei mir und Ashleys Mutter um ihre Hand angehalten hast“, begann Harold kühl.
Oh ja, daran erinnerte Cal sich lebhaft. Mittlerweile kam es ihm vor, als hätte er damals einen Pakt mit dem Teufel geschlossen und sich auf Bedingungen eingelassen, die im Nachhinein unakzeptabel erschienen.
„Ashley kommt ganz nach ihrer Mutter und mir“, fuhr Harold fort. „Sie wird erst glücklich sein, wenn sie beruflich alles erreicht hat. Das weiß ich deshalb, weil Margaret damals nach Ashleys Geburt ein halbes Jahr lang versucht hat, Vollzeitmutter zu sein. Sie war furchtbar unglücklich dabei und ich auch.“
Dann ist es wohl für Ashley auch keine gute Zeit gewesen, dachte Cal.
„Und deshalb solltet ihr beide nicht denselben Fehler machen. Nicht mal für kurze Zeit!“
Dass sein Schwiegervater sich einmischte, ging Cal gehörig auf die Nerven, zumal er sich zu Unrecht beschuldigt fühlte.
„Bei allem Respekt, aber das geht zu weit. Ich habe Ashley niemals daran gehindert, ihre beruflichen Ziele zu erreichen.“ Selbst, als das eine Trennung von zweieinhalb Jahren bedeutet hatte. „Im Gegenteil, ich habe sie immer dabei unterstützt, ihre Träume zu verfolgen.“
Harold hob eine Augenbraue. „Und wieso hängt sie dann hier herum und verschläft den halben Tag, wenn sie noch keine neue Stelle hat?“
„Sie hat sich eine Pause verdient“, erwiderte Cal ungehalten. Ashley hatte vorher so erschöpft ausgesehen …
„Die kann sie nehmen, wenn sie eine Stelle gefunden hat,
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