Julia Saison Band 11
den Stall fertigzustellen. Ed Quinn vom Baumarkt – wo Cain sein Material kaufte – war nämlich gekommen, um seine Dachsanierung zu begutachten. Er war so beeindruckt gewesen, dass er ihn gleich bat, das Dach seines Elternhauses zu renovieren. Damit sollte er bald anfangen, und er wollte nicht, dass Merritt deswegen auf den Hühnerstall warten musste.
„Gefällt er dir? Sieh mal, der Auslauf ist sogar mit Kükendraht gegen Raubvögel abgesichert. Wenn der Boden aufgetaut ist, werde ich noch Maschendraht unter der Erde verlegen, damit keine Nager eindringen.“ Er hätte gern gewusst, ob sie verstand – denn es war auch ein Versprechen. Sein Versprechen, dass er im Frühling noch da sein würde. Er war über sich selbst überrascht.
„Ich freue mich. Bin sprachlos.“ Merritt trat in das Häuschen, das etwa so groß war wie ihre Küche. „Ich habe Alvie damit in den Ohren gelegen, wie sehr wir unseren Gewinn und die Qualität maximieren könnten, wenn wir artgerecht gehaltene Hühner hätten. Ganz, ganz herzlichen Dank! Ach, ihr zwei Heimlichtuer …“
Als sie mit ausgebreiteten Armen auf ihn zustürmte, gab Cain dem Verlangen nach, das ihn seit seinem Besuch im Café am Morgen gequält hatte. Er drückte sie an sich und küsste sie so heiß, dass sie Wind und Kälte vergaßen.
Als Cain sie zur Abendschicht in die Stadt fuhr, hatte Merritt ihr Formtief fast überwunden – und Maisbrot fürs Chili, Brötchen und ein paar Pasteten gebacken.
Vor dem Café angekommen, bemerkte Cain gleich das rote Coupé mit dem laufenden Motor. Auf dem Fahrersitz saß Josh Bevans, der Vormann von der Paxton-Ranch. Als Bevans ihn und Merritt sah, wandte er sich ab. Mittlerweile hatte Cain das Coupé als Nikkis Wagen erkannt und fragte sich, warum Bevans nicht in seinem Pick-up gekommen war.
In dem Moment, als Cain Merritt warnen wollte, dass Nikki sich vermutlich im Café aufhielt, wurde die Tür auch schon aufgestoßen und Nikki stürmte heraus. Grob rempelte sie Merritt an. „Hey!“, brauste Cain auf. Glücklicherweise konnte er Merritts Sturz verhindern, obwohl sie in einer Hand die Tasche mit den Backwaren trug.
„Nikki, was ist denn in dich gefahren?“, wollte Merritt wissen.
Nikki bedachte sie und Cain mit einem vernichtenden Blick und lief weiter. Sie glitt auf dem aufgehäuften Schnee am Ende des Wegs aus und konnte sich gerade noch halten, dann stieg sie schnell in ihr Coupé. Als Bevans aus der Parklücke fuhr, zeigte Nikki Merritt den Mittelfinger.
„Sehr erwachsen“, bemerkte Merritt.
„Wie es aussieht, wirst du heute Abend allein servieren müssen“, antwortete Cain.
Als sie das Café betraten, stießen sie auf Leroy. Er hatte die Hände in die Hüften gestemmt und überwachte die Lage. „Sie hat ihren Lohn abgeholt“, erklärte er. „Sie verlässt die Stadt. Ich habe aufgepasst, dass sie nichts kaputt machen oder mitgehen lassen konnte. Eine Dame ist die nicht.“
„Interessant, dass Josh Bevans in ihrem Auto saß“, bemerkte Merritt. „Ob sie beide fort wollen?“
Leroy wies mit einer Kopfbewegung auf die Tür. „Vielleicht weiß er was.“
Als der Mann mittleren Alters in Winteruniform und blauer Daunenjacke die Straße überquerte und das Café betrat, kam Alvie hinzu.
Der Polizeichef begrüßte sie mit gezogener Mütze und gab Leroy und Cain die Hand. Als er Merritt sah, verzog Matt Robbins das Gesicht und umfasste mit beiden Händen ihre Hand. „Ms Miller. Was passiert ist, tut mir so leid. Wie geht es Ihnen?“
„Besser als ich aussehe.“
Cain spürte, wie Merritt sich rücklings an ihn lehnte, als sie vor dem Gesetzeshüter zurückwich. Er wusste, dass sie Angst hatte, er könnte Fragen über ihre Vergangenheit stellen, und drückte ermutigend ihren Arm.
„Da bin ich froh. Entschuldigen Sie, dass ich nicht früher gekommen bin“, sagte er und sah Cain bedeutungsvoll an. „Heute ist so ein Tag, an dem man sich dreiteilen müsste und trotzdem nicht allen gerecht werden könnte. Aber ich habe gerade mit Sheriff Gillespie telefoniert und soll sein Bedauern ausrichten. Er ist momentan unabkömmlich und bittet mich, ihn als Vermittler zwischen Ihnen und Mr Paxton zu vertreten, bis er kommen kann, wahrscheinlich morgen.“
„Vielleicht brauchen wir ihn gar nicht“, sagte Alvie. „Anscheinend regelt sich alles von selbst. Nikki Franks ist gerade gegangen. Sie hat ihren Lohn abgeholt und verlässt die Stadt. Sie hat die zwei Burschen zu dem Angriff auf Merritt
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