Julia Saison Band 11
hinbekommen. Wahrscheinlich war das alles nur Zeitverschwendung.
Als sie sich wieder zu ihm umdrehte, fragte er: „Muss ich denn wirklich kochen lernen?“
„Betrachte es einfach als letzten Ausweg“, sagte sie und musste lächeln. „Mit deinem tänzerischen Können wirst du sie bestimmt beeindrucken, aber falls das doch nicht klappt, ist es vielleicht ganz gut, einen Plan B in Form eines selbst zubereiteten Essens in der Hinterhand zu haben.“ Sie hielt inne und kostete das Stroganoff. Gott sei Dank. „Hier, probier jetzt mal“, drängte sie ihn.
Weil er das Schlimmste befürchtete, nahm er nur ganz wenig davon in den Mund und berührte dabei mit den Lippen kaum den Löffel.
„Hey!“, rief er freudig überrascht aus. „Nicht schlecht.“
„Ganz und gar nicht schlecht“, stimmte sie zu. „Ich hab’s dir doch gesagt – du kannst kochen.“
Zwischen dem, was er konnte und was Katie geschafft hatte, war ein Riesenunterschied, aber er war klug genug, nicht darauf herumzureiten. „Ich kann nur Zutaten zusammen in einen Topf werfen. Du kannst kochen“, erwiderte er knapp.
„Nennen wir es doch einfach ein Gemeinschaftsprojekt“, schlug sie vor. „Da es fertig ist, können wir eigentlich gleich zu Mittag essen, oder?“
„Klar, warum nicht? Und danach fahre ich zurück zur Klinik, das habe ich Wendy versprochen“, sagte er.
„Hast du etwas dagegen, wenn ich mitkomme?“, fragte Katie, da sie sonst nichts vorhatte.
„Überhaupt nicht“, erwiderte er und füllte seinen Teller mit einer großen Portion von dem gemeinsam gekochten Bœuf Stroganoff.
Ihre Blicke trafen sich, und in Katies Innerem breitete sich eine Wärme aus, die definitiv nicht vom Essen kam.
„Warum dürfen wir nicht hinein?“
John Michael Fortunes ärgerliche Stimme hallte durch den Flur. Seine Frage war an die sehr junge, sehr unerfahren aussehende Krankenschwester gerichtet, die neben seiner Frau stand. Mit seinen zweiundsechzig Jahren war er immer noch ein attraktiver Mann mit einem ungeheuer selbstbewussten Auftreten. Selbst gestandene Männer ließen sich von seiner aristokratischen Miene beeindrucken. Seine Frau Virginia, die seit sechsunddreißig Jahren mit ihm verheiratet war, sah gewohnheitsmäßig über sein Benehmen hinweg und wartete einfach, bis der Sturm sich legte. Was er immer tat.
Die junge Krankenschwester nahm sich ein Beispiel an ihr.
„Ich habe nicht alles stehen und liegen lassen und bin den ganzen weiten Weg hierhergeflogen, um vor dem Zimmer meiner Tochter herumzustehen“, erklärte er mit Blick auf die geschlossene Tür. „Ich will sie sehen.“
„Das können Sie ja auch, Mr Fortune“, beschwichtigte die Schwester ihn rasch. „Sobald der Arzt mit der Untersuchung fertig ist. Es kann nicht mehr lange dauern“, fügte sie nervös hinzu.
„Untersuchung? Warum haben Sie das nicht gleich gesagt?“, fragte er, diesmal eher beunruhigt als verärgert. „Verflixt, Mädchen, fast wäre ich da hineingestürmt und hätte meine Tochter und mich selbst in Verlegenheit gebracht.“
Erleichterung machte sich auf dem blassen Gesicht der jungen Frau breit. „Aber das ist ja nicht geschehen – und ich hatte es Ihnen gesagt, Sir.“
In diesem Augenblick öffnete sich die Tür hinter ihr, und sie trat einen Schritt zur Seite. Sie wollte nicht von diesem Mann angerempelt werden, der offensichtlich gewohnt war, dass niemand sich ihm in den Weg stellte.
„Wurde aber auch Zeit“, murmelte John Michael leise, aber doch hörbar und nickte dem Arzt, der aus dem Zimmer kam, kurz zu.
Dann betrat das Oberhaupt des Fortune-Clans Wendys Zimmer, gefolgt vom Rest der Familie.
Er ging gleich hinüber an ihr Bett. „Du siehst blass aus“, bemerkte er.
„Das liegt vielleicht an der Beleuchtung hier“, erwiderte Wendy, und weil sie immer ihre Meinung sagte, tadelte sie gleich im nächsten Satz ihren Vater. „Ich habe dich bis hier drin gehört, Dad, obwohl die Tür geschlossen war.“
Allerdings hätte sie es besser wissen und sich ihren Atem sparen können, wenn sie auf eine Entschuldigung von ihm hoffte.
„Sehr gut, denn du solltest wissen, dass ich da draußen stehe“, erklärte er seinem jüngsten Kind nüchtern. Dann musterte er sie eingehend. Sie war wirklich blass. „Wie geht es dir?“
„Viel besser, Dad.“ Sie lächelte. „Hallo, Mom“, sagte sie, als ihre Mutter sie auf die Wange küsste und ihr dann mit einer vertrauten Geste eine Haarsträhne aus dem Gesicht strich.
John Michael
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