Julia Saison Band 11
diesem Wetter für einen Wolf leichtere Beute sein würdest als ein Reh. Zugegeben, du riechst besser als dieser erbärmliche Pick-up“, fügte er hinzu. „Dein Backen war ein Erfolg?“
„Wenn du auf ein paar Minuten ins Café kommen magst, bekommst du eine Tasse Kaffee und ein paar von meinen frischen Brötchen mit Kräuterbutter als Dankeschön für deine Hilfe.“
„Das Angebot nehme ich an.“
Seine Zustimmung und eine gewisse Abgespanntheit in seinem Tonfall ließen sie aufhorchen. „Warum fährst du zurück in die Stadt? Hast du deine Großmutter nicht gefunden?“
„Sie ist tot.“
Merritt schnappte nach Luft. „Ach, das tut …“ Sie unterbrach sich, denn ihr wurde bewusst, dass sie an diesem Tag schon viel zu oft zu ihm gesagt hatte, dass ihr etwas leidtäte. „Mein aufrichtiges Beileid“, stieß sie hervor, doch die Worte klangen in ihren eigenen Ohren unbeholfen. Kaum vorstellbar, wie dümmlich sie sich für ihn anhören mussten.
Nach wenigen Sekunden brummte er: „Danke.“
„Konnte dir jemand sagen, was passiert ist. Und wann?“ Sie hoffte, dass er nicht in ein verlassenes Haus gekommen war und seine eigenen Schlüsse hatte ziehen müssen.
„Ja, ein Cousin. Es war vor einem Jahr. Sie hatte eine Lungenentzündung. Ins Krankenhaus wollte sie nicht. Nicht, dass es ihr in ihrem Alter etwas genützt hätte.“
Merritt selbst ging auch nicht mit jedem Wehwehchen zum Arzt. Sie konnte nur erahnen, wie schwierig die Entscheidung dazu für jemanden war, der sich der Medizin einer anderen Kultur nicht anvertrauen wollte und auch nicht über die Mittel verfügte. „Was hast du jetzt vor?“
„Dich zur Arbeit fahren. Etwas Warmes essen.“
„Wenn du magst, gebe ich dir den gleichen Tisch wie vorher und sorge dafür, dass du von allem, was du möchtest, einen Nachschlag bekommst.“
„Setz dir nicht in den Kopf, mich zum Objekt deiner persönlichen Mildtätigkeit zu machen.“
Und er bezeichnete sie als stur? „Glaub mir, ich kann es mir nicht leisten, dich zu adoptieren, und ich habe Besseres zu tun, als dir meine Hilfe aufzudrängen.“
„Schön.“
Als sie die Kurve umrundet hatten, kamen die Lichter der Stadt in Sicht. Merritt sagte nichts mehr, um nicht an einer anscheinend offenen Wunde zu rühren oder sich einen Rüffel einzuhandeln. Sie war neugierig darauf, wohin er nach dem Essen gehen würde, wenn er jetzt überhaupt noch essen wollte. Es gab kein Motel in der Stadt, nicht einmal eine Frühstückspension.
Mangels eines freien Parkplatzes hielt Cain einfach hinter den abgestellten Fahrzeugen, um Merritt aussteigen zu lassen. Merritt verstand, dass er es sich anders überlegt hatte und nicht ins Café kommen wollte.
„Du kannst hinterm Haus parken“, erklärte sie ihm. „Ich lasse dich zur Hintertür herein, und du kannst im Anrichteraum essen. Dort machen wir Pause, wenn wenig Betrieb ist.“
Cain schüttelte den Kopf. Er fixierte ein Polizeiauto, das neben dem Wagen des Sheriffs stand. „Lieber nicht. Bis bald.“
Merritt war klar, dass Überredungsversuche reine Zeitverschwendung wären. Sie drückte mit beiden Armen ihre Tasche an sich. „Das Angebot steht“, sagte sie, bevor sie sich vorsichtig zu Boden gleiten ließ. Unter Einsatz ihres ganzen Körpers schlug sie die Tür zu; der Wind blies ihr geradewegs ins Gesicht. Sie konnte Cain nicht verübeln, dass er nicht gleich an seinem ersten Tag mit der Polizei zu tun haben wollte. Vielleicht dachte er auch an Nikki, die womöglich petzen würde, wenn Merritt ihm eine Gratis-Mahlzeit im Hinterzimmer servierte.
Merritt überlegte, selbst die Hintertür zu benutzen, doch es war dunkel und der Weg konnte tückisch sein, zumal Leroy gern vorübergehend Sachen dort abstellte. So blieb sie vor dem Haupteingang stehen, um den Schnee von ihren Stiefeln und von Schultertuch und Jacke zu schütteln. Und schon kam Mr Forrester, der Versicherungsvertreter, um ihr die Tür offen zu halten.
„Dem Mädchen mit den leckeren Sachen muss doch geholfen werden“, sagte er, verzog jedoch das Gesicht, als seine gute Tat ihm eine Ladung Schnee ins Gesicht einbrachte.
Andere Gäste drehten sich um und applaudierten. Ein eher pragmatischer Mensch brüllte: „Tür zu! Es zieht!“
„Ich habe gerade den Rest von deinem Maisbrot rausgegeben, Süße“, ließ Nikki sie wissen, während sie in ihrem angestammten Bereich eine Bestellung aufnahm. „Hoffentlich bringst du Nachschub.“
Merritt antwortete ihr nur mit einem verlegenen
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