Julia Saison Band 17
Mann.
„Bereit?“, fragte er.
Sie griff die Waffe fester. „Geladen und entsichert.“
„Auf mein Kommando. Eins …“
Georgia presste sich gegen die Wand. Bei „Drei“ sprang sie auf und sprintete über den mit Trümmerteilen gespickten Hof. Alex heftete sich an ihre Fersen. Als sie die Hälfte der Strecke zurückgelegt hatten, tauchte plötzlich ein Mitglied des gelben Teams wie aus dem Nichts auf und zielte auf sie. Georgia hechtete nach links und krabbelte hinter einen Trümmerhaufen – um sich dem Kursleiter direkt gegenüberzusehen. Auch der gehörte zum gelben Team.
„Peng“, sagte er, presste die Mündung seiner unechten Waffe gegen Georgias Sicherheitsweste und drückte ab. Das Deckenlicht ging an.
Der Mann gab ihr die Hand: „Falls es Sie tröstet: Sie haben länger durchgehalten als alle übrigen Mitglieder Ihres Teams.“
Sie strahlte. „Was ist mit Alex?“
„Der lange Kerl? Hat die Kugel abgekriegt, vor der Sie sich eben weggeduckt haben.“
Ups.
Als Georgia hinter dem Trümmerhaufen hervorkam, empfing Alex sie vorwurfsvoll: „Ich kann nicht fassen, dass Sie gerade abgetaucht sind!“
„Sonst wäre ich gestorben.“ Sie schlüpfte aus der Sicherheitsweste.
„Aber ich bin Ihr Vorgesetzter.“
Georgia lächelte unschuldig. „Deshalb wollte ich Ihnen ja auch den Vortritt lassen.“
Alex machte einen Schritt auf sie zu, packte ihre Handgelenke und fixierte sie auf ihrem Rücken. „Typisch Frau.“
Sein durchtrainierter Körper in Uniform so dicht an ihrem … Sie schien vergessen zu haben, wie man atmete. „Der Sarkasmus oder die Treulosigkeit?“, flüsterte sie.
„Beides.“ Er sah ihr in die Augen.
„Nur, weil ich nicht für Sie sterben wollte?“
Er ließ ihre Hände los. „Ist ein bisschen Loyalität zu viel verlangt?“
„Wir sind Spezialagenten. Nur der Königin und unserem Vaterland verpflichtet.“
Alex schnaubte.
„Stellen Sie sich vor, wie schuldig Sie sich gefühlt hätten, wenn Sie eine Frau für sich hätten sterben lassen“, argumentierte Georgia. „Von Reue zerfressen, wären Sie in die Berge geflüchtet. Als verbitterter Einsiedler hätten Sie dem Geheimdienst nichts mehr genützt. Ich habe Sie vor einem Schicksal bewahrt, das schlimmer als der Tod ist, Agent Rush.“ Na ja, so völlig anders lebte er jetzt eigentlich auch nicht, wenn man sich mal den Berg wegdachte, überlegte sie.
Seine Augen verengten sich. „Schon wieder typisch Frau. Sie drehen es so, dass ich Ihnen dankbar sein sollte.“
„Schluss für heute!“, rief der Kursleiter.
Widerstrebend trat Georgia einen Schritt zurück, weg von der Wärme, die Alex ausstrahlte. Er nahm ihr das Gewehr ab und hielt es einfach nur fest. So als wäre es ihre Hand …
„Nächste Woche beschäftigen wir uns mit Überwachung“, kündigte der Kursleiter an. „Dann versuchen wir auch, jemandem eine Wanze unterzujubeln.“
Georgia drehte sich zu Alex um. „Wahnsinn“, flüsterte sie aufgeregt.
Sie kehrten in den Unterrichtsraum zurück, wo sie die geliehene Militärausrüstung ablegten. Georgia malte sich aus, wie es wäre, wenn nicht sie selbst, sondern Alex das für sie täte …
„Wollten Sie ehrlich, dass ich die Kugel für Sie abfange?“, fragte sie wenig später auf dem Weg zum Jaguar.
„Mir gefällt die Vorstellung, dass jemand es für mich tun würde.“
Sie blickte ihn an.
„Wünscht sich das nicht jeder Mensch?“ Er hielt ihr die Autotür auf. „Jemanden, der alles für einen opfern würde.“
„So habe ich Sie gar nicht eingeschätzt.“
„Ach, ich bin durchaus für große Gesten zu haben.“
Lachend setzte sich Georgia auf den Beifahrersitz. „Und Sie wundern sich, warum Ihre Mitarbeiter Angst vor Ihnen haben, wenn sie nur durch den Tod Pluspunkte bei Ihnen sammeln können? Bildlich gesprochen, natürlich.“
Er startete den Jaguar und fuhr los, ohne etwas zu erwidern.
„Ist Loyalität für Sie wirklich dermaßen wichtig?“, bohrte Georgia.
Es dauerte, bis Alex antwortete. Als er es tat, war der heitere Unterton verschwunden. „Bisher habe ich nicht gerade viel davon erfahren.“
„Von wem?“, fragte sie, wohl wissend, dass er nichts dazu sagen würde. Sie wusste auch, dass sie kein Recht hatte, sich danach zu erkundigen. Egal, wie viel Spaß sie in den letzten Stunden zusammen gehabt hatten. Vielleicht konnte sie ja ein paar Details aus Casey herauskitzeln? Andererseits wäre Casey nicht lange die Assistentin eines Mannes wie Alex Rush geblieben,
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