Julia Saison Band 17
solltest du diese Sachen behalten, Jared“, sagte Annette.
„Ich habe Gran nie verraten, dass ich kein großer Resteesser bin. Außerdem habe ich mein normales Programm: Mittagessen im Diner und Abendessen im Saloon, wann immer ich in der Stadt bin.“
Mit ihrem Schlüssel schloss er auf und öffnete die Tür, damit Annette vor ihm hineingehen konnte.
Als sie an ihm vorbeikam, fiel ihm der Blumenduft ihres Shampoos auf, und er roch einen Hauch der Sheabutter-Lotion. Schlagartig erinnerte er sich daran, wie sich ihr Bauch unter seinen Fingern angefühlt hatte. Es verursachte ihm ein seltsames Kribbeln in der Magengegend, während er Annette in die Küche folgte und dort die Plastikdosen absetzte.
„Dann hilf mir wenigstens dabei, das alles aufzuessen, wenn du zum Graben herkommst“, meinte sie. „Auch wenn ich nicht da sein sollte. Ich gebe dir einen Zweitschlüssel, dann kannst du immer rein, wenn du willst.“
Jared wollte ablehnen, doch dann sah sie ihn mit ihren großen blauen Augen an, und er war verloren.
„Hört sich gut an“, meinte er.
„Super.“ Annette verstaute rasch das Essen im Kühlschrank, ehe sie ihren Mantel abnahm und über einen Stuhl legte.
„Wegen vorhin …“, begann sie.
„Du brauchst nichts dazu zu sagen.“
„Das möchte ich aber.“ Fast hilflos hob sie die Hände. „Wenn ein Mensch einem etwas bedeutet, dann ist es auch wichtig, was diesem Menschen in der Vergangenheit passiert ist. Diese Sache mit deiner Mutter …“
„Meiner leiblichen Mutter“, korrigierte er sofort.
„Ja.“ Sie schwieg einen Moment. „Was genau hat deine Großmutter gemeint, als sie sagte, dass deine leibliche Mutter dich ein zweites Mal abgewiesen hat?“
Dieses Gespräch würde vermutlich länger dauern, deshalb nahm Jared Hut und Jacke ab und legte beides auf einen Stuhl.
„Ich fand heraus, dass ich adoptiert worden war, als ich zufällig einen Brief von dem Mann entdeckte, den ich meine ganze Kindheit lang Dad genannt hatte“, fing er an. „Damals waren meine Eltern schon gestorben, und ich lebte bei einem unverheirateten Onkel, der mich aufgenommen hatte. Um die Geschichte abzukürzen: Nachdem ich von dort weggegangen war, engagierte ich einen Privatdetektiv. Er fand meine leibliche Mutter, die mit einem Typen in Birmingham lebte. Wahrscheinlich nur vorübergehend, wie immer.“
„Dann bist du zu ihr gefahren?“
„Es war das Dümmste, was ich je getan habe.“ Nein, das stimmte nicht. Es gab eine noch schlimmere Entscheidung in seinem Leben. Er hatte seine eigene Tochter im Stich gelassen. Doch Annette davon zu erzählen wäre unerträglich.
Annette kam einen Schritt auf ihn zu. Er wich nicht zurück, als sie sagte: „Jedes Kind will wissen, wer seine Eltern sind. Mein Vater starb früh, und ich habe mir nichts sehnlicher gewünscht, als ihn wiederzusehen. Obwohl ich wusste, dass das unmöglich war. Wenn ich die Chance dazu gehabt hätte, hätte ich die Gelegenheit sofort ergriffen.“
„Na ja, als ich sie fand, war meine Mutter nicht sonderlich erfreut.“
„Wie hat sie reagiert?“
„Zuerst, nachdem ich ihr gesagt hatte, wer ich bin, stand sie einfach nur da.“ Seine Worte klangen rau. „Ich weiß noch, wie ich in diesen Sekunden dachte, dass ich ihr nicht besonders ähnlich sehe. Und dass ich meine Augen und meine Haarfarbe wohl von meinem Dad geerbt haben muss. Dann hatte sie auf einmal diesen Ausdruck in ihrem Gesicht und meinte: ‚Du hättest lieber nicht herkommen sollen.‘“
Annette war entsetzt. „Nach all den Jahren hat sie das zu dir gesagt?“
„Sie hatte auch noch ein paar andere nette Sachen auf Lager“, erwiderte Jared. „Als ich nach meinem Dad fragte, meinte sie, sie wüsste nicht, wer er war. Es hätte mehrere Kandidaten gegeben und sie hätte mich zur Adoption freigegeben, damit sie sich an keinen von uns mehr erinnern müsste.“
„Das hat sie wirklich so gesagt?“
Jared nickte. Er brachte kein einziges Wort mehr heraus. Annette legte ihm sanft die Hand auf den Arm, und da zerbrach etwas in ihm.
„Sie hat mich nicht mal hereingebeten“, flüsterte er. Seine Stimme klang so gequält, als würde etwas in seinem Inneren zerreißen.
Trotzdem schien dieser Riss auch etwas Neues in ihm zu öffnen. War es eine Art … Vertrauen?
An Annettes Blick erkannte er, dass sie ihn nicht verurteilte. Stattdessen sah sie ihn mit einer Zuneigung an, die er niemals bei einem anderen Menschen erwartet hätte.
Zärtlich berührte sie mit den
Weitere Kostenlose Bücher