Julia Sommerliebe 0020
sie von ihm.
Du Närrin!, ermahnte sie sich. Wahrscheinlich hat er schon längst vergessen, dass du überhaupt existierst! Nichts als ein netter Zeitvertreib warst du, eine kurze Affäre unter vielen.
Dieser Gedanke war so schrecklich, dass Victoria die Tränen kamen. Wütend wischte sie sie fort. Sich selbst zu bemitleiden hatte keinen Zweck. Schließlich hatte sie sich freiwillig auf dieses Spiel eingelassen, niemand hatte sie gezwungen!
In diesem Moment fiel ihr ein, dass sie Anne anrufen musste. Widerstrebend stand sie auf und ging zum Telefon. In ein paar Tagen würde alles von vorne beginnen – die Hetze von einem Drehort zum anderen, Stunden in der Maske, Ed Banes, der ganze Trubel. Sie erschauderte, wählte Annes Nummer und hielt den Hörer ans Ohr. Die Show musste weitergehen. Nur dass sie diesmal entschlossen war, ihre Schwächen zu besiegen, ohne vor der Realität davonzulaufen.
Einen Monat später war sich Victoria da schon nicht mehr so sicher.
Seit über drei Wochen war sie nun wieder in Hollywood. Die Arbeit an dem neuen Film hatte bereits begonnen, und je mehr Zeit sie am Set verbrachte, desto müder und gereizter wurde sie.
„Kopf hoch, Süße. So schlimm ist das doch alles nicht. Der Skandal ist längst vergessen, keiner erinnert sich mehr an die Schlagzeilen aus Cannes. Und hier in Amerika haben wir die schlechte Presse sowieso im Keim erstickt. Wen kümmert es schon, was ein paar Europäer denken?“, bemerkte Anne, während sie geschäftig einige Punkte auf ihrer To-do-Liste abhakte. „Übrigens, heute Nachmittag steht die Palastszene an.“
„Ich weiß nicht, ob ich das schaffe“, erwiderte Victoria leise. „Ich fühle mich nicht sehr gut. Vielleicht habe ich irgendetwas Falsches gegessen …“
„Um Himmels willen, Vic! Jetzt ist wirklich keine günstige Zeit, um krank zu werden. Ed rastet aus! Bitte tu mir das nicht an“, seufzte Anne und ließ sich entnervt auf den Regiestuhl neben Victoria fallen.
„Es tut mir leid. Mir ist in letzter Zeit ständig übel.“
Anne verdrehte die Augen. „Dann nimm ein Mittel dagegen. Stell deine Ernährung um. Was weiß ich.“
Wie meistens, wenn sie eine Minute Zeit hatte, starrte Victoria verstohlen auf ihr Handy. Das war natürlich töricht, schließlich hatte Rodolfo nicht einmal ihre Telefonnummer. Nur zwei Mal hatte sie bis jetzt von ihm gehört.
Einmal hatte er sich über ihre Agentin erkundigt, ob sie gut zu Hause angekommen sei. Ein anderes Mal ließ er ausrichten, dass sie ihren Bikini und einen Rock im Castello vergessen hätte.
Aber kein Wort, nicht einmal eine leise Andeutung dessen, was zwischen ihnen gewesen war. Je mehr Tage vergingen, desto deprimierender fand Victoria Rodolfos Schweigen. Sie kam sich alleine und im Stich gelassen vor. Dann war ihr eines Morgens schlecht geworden. Anfangs hatte sie es für eine simple Magenverstimmung gehalten, doch als ihr klar wurde, dass auch ihre Periode zwei Wochen überfällig war, wurde sie nervös. Voller Unbehagen machte sie einen Schwangerschaftstest: positiv. Und heute Morgen hatte sie dann schließlich einen Arzt aufgesucht, der ihre Befürchtungen bestätigte.
Sie war schwanger.
Victoria blickte zu Anne. Mit Sicherheit wäre sie entsetzt gewesen, hätte sie gewusst, was los war. Was sollte sie nur tun? Wem konnte sie sich anvertrauen? Ihrer Mutter? Nein. Die würde nur darauf bestehen, dass Victoria nach Hause kam, alles stehen und liegen ließ und Kontakt zum Vater des Kindes aufnahm. Aber das würde sie auf gar keinen Fall tun! Was geschehen war, war einzig und allein ihre Schuld. Sie hätte Rodolfo von Anfang an sagen müssen, wie wenig Erfahrung sie hatte. Er konnte wirklich nichts für ihre Naivität.
Trotzdem: Er war nun mal der Vater dieses Kindes. Und damit hatte er im Grunde ein Recht darauf, informiert zu werden. Oder?
„Hallooo?“ Anne wedelte mit einer Hand vor Victorias Gesicht herum. „Ich rede mit dir. Könntest du dich vielleicht mal für zwei Minuten auf dieses Gespräch konzentrieren?“
„Entschuldige. Ich war gerade woanders.“ „Das ist ja mal was ganz Neues“, murmelte Anne sarkastisch. „Hör zu, wenn du krank bist, lasse ich einen Arzt kommen. Aber bitte enttäusch mich heute Nachmittag nicht. Die Palastszene ist unheimlich wichtig. Sie muss perfekt sein. Ich werde Ed bitten, dir morgen freizugeben, in Ordnung?“
Victoria zuckte mit den Schultern. „Okay.“
Zwei Stunden später stand sie am Set. Man hatte einen prunkvollen Saal im
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