JULIA SOMMERLIEBE Band 21
auf ihren vollen, zarten Lippen. „Ich habe noch nie eine Frau darum gebeten, mir von Herzen zugeneigt zu sein.“
„Du ziehst es also vor, wenn sie dir nur ihren Körper schenkt?“
„Auf jeden Fall.“
„Dann werde ich das tun, was mein Herr und Gebieter wünscht.“ Ihre Lippen formten sich zu einem spöttischen Lächeln, obwohl sie tief in sich Wut verspürte. Es war unvermeidbar, dass sie seine Herrschaft über sie akzeptieren würde. In beiden war der Lauf der Geschichte tief verwurzelt, und trotz aller Unterschiede fühlten sie sich in ihrem Verlangen doch tief verbunden.
„In diesem Augenblick wünscht dein Herr und Meister zu essen. Komm!“ Er nahm sie bei der Hand und führte Linda auf den Dachgarten des Turms. Dort würde bald auf einem Tisch, der neben der mit Zinnen versehenen breiten Brüstung stand, der Lunch serviert werden.
Im Tageslicht konnte Linda nun sehen, dass Karims Haus am Rand der Wüste stand, die sich schier grenzenlos auszudehnen schien. Selbst im goldenen Sonnenschein wirkte sie geheimnisvoll. Ein klarblauer Himmel spannte sich über die Unendlichkeit, und in der Ferne sah sie ein paar Kamele über die Dünen wandern.
„Es ist wunderschön“, rief sie begeistert. „Oh, Karim, ich möchte bleiben. Du wirst es dir doch nicht anders überlegen?“
„Ich ändere meine Meinung nie, wenn ich einmal einen Entschluss gefasst habe.“
„Doch, das tust du.“ Linda drehte sich von der Brüstung aus weißem Stein um. „Erst gestern Abend hast du dich nicht davon abbringen lassen, dass ich … tabu für dich bin.“
Er legte den Kopf schräg. „Die Frau ist für einen Mann der einzige Schwachpunkt. Wir wissen doch beide, dass dieses Wort zu Staub zerfällt, sobald ich dich berühre.“
Ein süßer Schauer durchfuhr sie, als sie mit ihm am Tisch Platz nahm. Hungrig verspeiste er ein Stück Brot, während sie auf den Lunch warteten, der sich als köstliches Menu herausstellte. Angefangen von einer Suppe aus Butterbohnen, dann köstlich gewürzte Hackfleischscheiben und goldgelb gebackene Kartoffeln mit Zwiebeln. Auch diesmal aß Linda mit einem gesunden Appetit, den sie noch nie zuvor verspürt hatte. Tatsächlich schien sie nun einen wachsenden Hunger auf alles zu haben … die Dinge, die sie betrachtete, das, was sie berührte, die Geräusche in der Luft.
Als sie ihren Teller leer gegessen hatte, blieb ihr Blick an Karim hängen, und sie verspürte den gleichen aufwühlenden Hunger nach seinen starken Schultern, die sich unter der blauen Tunika abzeichneten. Als er sein Weinglas hob, wurde ihr Blick auf seine Hand und seine Lippen gelenkt, und sie schreckte förmlich aus ihren Gedanken, als er mit einem Mal zu sprechen begann.
„Freust du dich auf deine Reitstunden?“
„Oh ja.“ Versonnen strichen ihre Finger über den Stiel ihres Weinglases. „Ich möchte mit dir durch die Wüste reiten, besonders nachts, wenn es kühler ist und die Sterne zu sehen sind.“
„Du wirst Millionen davon zu sehen bekommen, aber zuerst werden wir nur kurze Ausritte machen, weil das Reiten die Oberschenkel ziemlich beansprucht. Dein Mädchen wird dich danach massieren müssen. Arabische Mädchen sind sehr geschickt mit ihren Händen.“
Während Linda ihr erfrischendes Limonensoufflé aß, dachte sie über seine Bemerkung nach. Ob es viele arabische Mädchen in seinem Leben gegeben hatte? Anmutige hübsche junge Frauen wie Sofie und Perveneh, die, wie schon ihre Vorfahrinnen, instinktiv wussten, wie man einem Mann Vergnügen bereitete. Im Vergleich dazu musste sie auf ihn sehr ungeübt wirken. Fragen wirbelten durch ihren Kopf, die nach einer Antwort verlangten. Doch ihr Stolz verbot es ihr, diese Fragen zu stellen. Karim durfte nicht wissen, wie viel er ihr inzwischen bedeutete. Dass allein sein Anblick sie in Hochstimmung versetzte, weil sie zu ihm gehörte und er sie immer noch wollte, trotz der Loyalität gegenüber seinen Vorfahren.
Ob er es mit seinem Gewissen vereinbaren konnte, war ihr egal, solange sie zusammen sein konnten. So wie gerade jetzt, als ein unausgesprochenes Versprechen nach inniger Nähe in seinem Blick lag, den er ihr zuwarf, während sie ihren arabischen Kaffee tranken.
Es schien ihn zu faszinieren, wie die Sonnenstrahlen sich hell in ihrem schimmernden Haar verfingen. „Dein Haar ist so hell“, sagte er. „Man sollte annehmen, dass du eine reine Angelsächsin bist.“
„Mein Großvater war ein groß gewachsener blonder Mann. Ich habe dir ja erzählt, dass
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