JULIA SOMMERLIEBE Band 21
er in Holland interniert war. Meine Mutter hatte wunderschöne blonde Haare, als sie jung war. Sie hat sie immer in lockigen Wellen getragen, die ihr schimmernd bis auf die Schultern fielen. Sie liebte das Nachtleben und hat in einer Tanzband gesungen. Vermutlich hat sie deshalb nie das Bedürfnis gehabt, sesshaft zu werden.“
„Deine Verwandten in England werden bald wissen, dass du nun eine Sheika bist.“
„Ja.“ Sie sah ihm direkt in die Augen. Er wirkte zurückhaltend, wie immer, wenn sie sich nicht nahe waren. „Tut es dir sehr leid, dass wir geheiratet haben? Was wirst du tun, wenn ich nicht schwanger bin? Bitte sag es mir, Karim. Sei ehrlich zu mir!“
„Ich werde wahrscheinlich die Ehe auflösen.“ Unnachgiebig hielt er ihrem Blick stand. „Aber ich werde dafür sorgen, dass du nicht als companera arbeiten musst. Ich verspreche dir, dass deine Abfindung mehr als großzügig ausfallen wird. Also wirst du in der Lage sein, deine musikalischen Studien fortzuführen. Ich wünsche mir, dass du es tust.“
„Ach ja?“, meinte Linda, verzweifelt darum bemüht, ihm nicht zu zeigen, wie sehr seine Worte sie verletzt hatten. Er hatte sie zur Frau erweckt und ihr gezeigt, wie viel Freude ihr die Sinnlichkeit schenkte. All das wollte er ihr jetzt nehmen. Zweifellos könnte sie ohne ihn leben, doch es schien ihr eine trostlose Zukunft.
Sie wollte auch kein Kind von ihm, nur um ihn dadurch zu halten. Wenn er schon daran dachte, die Ehe aufzulösen, die ohnehin so zerbrechlich war, dann wäre es besser für sie beide. Doch bis es so weit war, würde er sein Vergnügen bei ihr suchen. Schonungslos gestand sie sich ein, dass es dies wert war, um es als Erinnerung zurück mit nach Essex zu nehmen … die Erinnerung an die Tage und Nächte mit ihrem arabischen Liebhaber.
Nie wieder würde sie so eine Leidenschaft und so ein Abenteuer erleben, und sie beschloss, jeden Moment als Frau des Scheichs zu genießen.
Ein fröhliches Lächeln lag auf ihrem Gesicht, als sie in dem Obstkorb nach einer Mandarine greifen wollte und die anderen Früchte zur Seite schob. Plötzlich flitzte etwas aus der Schüssel, schnell wie ein schwarzer Blitz, ihren Arm hinauf zur Schulter. Linda stieß einen so entsetzten Schrei aus wie noch nie zuvor in ihrem Leben. Sie sprang auf die Füße und lief zur Brüstung.
„Tu es weg! Tu es weg!“, schrie sie. Karim musste sie festhalten, während er die große Spinne von ihrer Bluse entfernte Sie klammerte sich an die Brüstung, während er die Spinne mit dem schwarzen Pelz, den grässlichen langen Beinen und schrecklichen kleinen Augen in ein leeres Weinglas fallen ließ und davontrug.
Linda fuhr immer wieder mit der Hand über ihre Bluse. Ihre Haut juckte noch, als Karim zurückkam und sie sofort in die Arme schloss. „Ist schon gut.“ Er strich ihr über die Haare. „Sie hatte gar keine Zeit, dich zu beißen.“
Allein der Gedanke ließ sie erschauern. „Oh Karim, wo … wo kam die Spinne denn her?“
„Wahrscheinlich hat das Aroma der Früchte sie angelockt. Geht es dir jetzt besser?“ Er sah in ihr aschfahles Gesicht. „Du hast ja schrecklich geschrien, Kleines.“
Sie barg ihr Gesicht an seiner starken Brust. „Ich … ich weiß gar nicht, was ich allein gemacht hätte. Wie konntest du sie nur anfassen! Ich wäre gestorben!“
„Nein, das wärst du nicht.“ Er drückte einen Kuss auf ihre Haare. „Diese Biester gibt es in allen heißen Ländern, und ein Biss von ihnen ist nicht lebensbedrohlich, obwohl man Fieber bekommt. Skorpione sind viel gefährlicher. Sie haben die Angewohnheit, sich in den Schuhen zu verkriechen. Deshalb solltest du deine Schuhe und Stiefel immer ausschütteln, bevor du sie anziehst. Ein Biss von einem Skorpion kann tödlich sein.“
„Oh Gott.“ Sie presste sich an ihn, um seine Stärke und Sicherheit zu spüren. „Die Wüste sieht so friedlich aus, aber offensichtlich lauern dort einige Gefahren, nicht wahr?“
„Du wirst dich an die Krabbeltiere schon gewöhnen.“ Er strich über die Stelle, wo die Spinne gesessen hatte, als könnte er durch seine Berührung das Gefühl der haarigen Beine auf ihrer Haut vertreiben. Diesmal erschauerte sie aus einem anderen Grund, und Karim hob sie mit einem leisen, kehligen Lachen in seine Arme und trug sie die gewundene Treppe herunter. Sie klammerte sich an seine Schultern und lehnte den Kopf an seine Brust. Sie wusste genau, was er vorhatte.
In seiner Suite spendeten die Ventilatoren kühle Luft.
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