JULIA SOMMERLIEBE Band 21
manchmal bis in die frühen Morgenstunden durch den Säulengang schwebte, so ließen sie sich nichts davon anmerken.
Schließlich war sie Lady Linda, die ihrem Scheich zu gefallen pflegte. Sie trug Abendkleider, die ihre Arme, Schultern und manchmal auch ihren Rücken freiließen. Sie ritt mit ihm durch die Wüste, gekleidet wie ein Junge in Hosen, Hemd und kniehohen Stiefeln. Sie zauberte eine seltsame fremde Musik mit ihren schlanken Fingern, die ihr Herr und Meister offenbar versunken in sich aufnahm.
Die Tage und Nächte im Ras Blanca waren wie Erinnerungen, die man an einer goldenen Schnur aufreiht, um sie für immer zu halten. Doch Linda war stets darauf vorbereitet, dass Karim ihr die schockierende Mitteilung machen könnte, er habe sich entschieden, sie nun endgültig fortzuschicken.
Jetzt, in der sternenfunkelnden Wüste, betrachtete sie nachdenklich sein Gesicht und fragte sich, ob seine Reise der Anfang vom Ende ihrer Ehe war. Er hatte ja angeregt, dass sie nach Spanien zurückkehren solle. Rastlos ging sie zu einer Gruppe von Palmen, deren Blätter in der Nachtbrise wehten.
Plötzlich entschloss sie sich, endlich das in Worte zu fassen, was bisher unausgesprochen zwischen ihnen hing. „Du weißt wohl, dass ich kein Baby bekomme, nicht wahr?“
„Ja, ich weiß.“
„Stört es dich oder bist du erleichtert?“
„Ich habe noch nicht weiter darüber nachgedacht.“
„Du hast gedroht, unsere Ehe aufzulösen, wenn ich kein Kind bekomme.“
„Der Tag wird vermutlich kommen“, erwiderte er distanziert.
Zitternd hüllte sie den Umhang fester um sich, aber sie hatte sich entschlossen, das Wort Liebe nie zu erwähnen. Selbst dann nicht, wenn sie in seinen Armen lag und ihr ganzer Körper vor Glück jubelte. Umzüngelt von kleinen Funken des Verlangens, die zu einer alles umfassenden Flamme heranwuchsen, die sie beide versengte, als würden sie inmitten von Tausenden Sternschnuppen schweben und durch die Unendlichkeit fliegen.
Das gleiche Glücksgefühl verspürte sie, wenn sie der Musik lauschte. Sie wurde nie müde, die Stücke ihrer Lieblingskomponisten wieder und wieder anzuhören. Genauso wie sie der Augenblicke nie müde wurde, wenn Karim sie an sich zog und berührte.
So wie er es jetzt tat, während sie ihn mit großen Augen verwirrt ansah. „Denk nicht nach“, murmelte er. „Einfach nur spüren.“ Er zog sie mit sich auf den Sand und öffnete ihren Umhang. Während er ihre Bluse aufknöpfte, spürte sie seine warmen Hände auf ihrer Haut. Sie räkelte sich wie eine Katze, als er sie liebkoste. Und wie immer streckte sie die Hand nach ihm aus, weil es wie ein Wunder war, seine Haut zu berühren. Linda wusste, dass sie ihm mit ihren zarten Händen, die so wunderschöne Musik hervorbringen konnten, besondere Freuden bereiten konnte. Lächelnd hatte er sie mit einer Künstlerin verglichen, und ein Blick in seine dunklen Augen zeigte ihr, wie sehr ihm ihre Berührung gefiel.
In der nachtschwarzen Wüste mit den silbernen Schatten gab Linda sich Karim hin, während er sie mit wildem Verlangen nahm. Hier in der Wüste war er nichts als ein Araber. Zudem standen sie am Vorabend ihrer ersten Trennung, seit sie verheiratet waren.
Die Zeit schien stillzustehen, während Linda sich an Karims starke Schultern klammerte und ihm ihr Herz und ihren Körper schenkte. Was spielte es schon für eine Rolle, dass er nichts davon wusste, dass sie sich gegen jede Vernunft in ihn verliebt hatte? Sie war nicht die erste Frau, die liebte, ohne selbst geliebt zu werden.
„Oh, ja.“ Ihre Fingernägel gruben sich in seine Haut wie Liebesmale, als Erinnerung an die Stunden der Leidenschaft. „Liebling … oh Liebling …“
Er bettete sein Gesicht zwischen ihre samtweichen Brüste, und sein warmer Atem kitzelte ihre Haut.
Nach einer Weile stützte er sich auf den Ellbogen und sah hinunter in ihre Augen, deren Pupillen von einem golden schimmernden Ring eingefasst waren. „Dein Körper ist so süß wie kein anderer auf der Welt“, murmelte er.
„Ich habe ein bisschen den Kopf verloren, aber ich wollte dir nicht wehtun.“
„Wir haben uns beide vergessen“, meinte sie lächelnd.
Er hob eine dunkle Augenbraue. Dann beugte er sich über ihre vom Mond beschienenen Brüste und neckte sie mit seinen heißen Lippen, während sie sich mit einem Mal sehr lebendig fühlte. Auch wenn sie es nicht aussprachen, wussten doch beide, dass ihre Fähigkeit, sich dem anderen voller Leidenschaft hinzugeben, alles war,
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