JULIA SOMMERLIEBE Band 21
Silberschmuck ansehen und die Schlangenbeschwörer und ich … ich will vielleicht zu einem Wahrsager, um etwas über mein Schicksal zu erfahren.“
„Ach, du bist ein richtiges Kind“, meinte er mit verhaltenem Lächeln.
„In der Wüste hast du noch anders über mich gedacht“, erinnerte sie ihn.
„Ja, da bist du Circe persönlich.“
„Die dich mit ihren Zauberfäden einhüllt?“
„Ja, silberweiße und goldene Zauberfäden, mia farah .“
Sie kniete sich auf den samtweichen Teppich, während die Lampen in den Ecken des sala einen würzigen Duft verströmten. An diesem Abend trug sie eine Chiffon-Tunika von der Farbe rötlicher Orchideen mit schimmernder Perlenstickerei. Ihre Harre waren leicht zerzaust, und in ihren Adern pulsierte schon der Gesang des Verlangens.
Karim gab ihr ein Zeichen. Sie ging zu ihm und setzte sich dicht neben seine Beine. Wie ein Kätzchen, dachte sie, das nur einen einzigen Menschen auf der Welt braucht, um zufrieden und glücklich zu sein.
„Möchtest du ein Geschenk haben?“, fragte er.
Ich möchte, dass du mich liebst, dachte sie und legte die Wange an seine Pluderhose. „Du hast mir doch erst vor Kurzem diesen wunderschönen Flügel geschenkt.“
„Das ist etwas anderes.“ Er reichte ihr eine goldene Dose. Als Linda sie öffnete, entdeckte sie in der mit Plüsch ausgeschlagenen Schachtel die Hand der Fatima, ein Glücksbringer schon aus uralten Tagen. Der gleiche, der neben der Eingangstür eingearbeitet war, nur dieser war aus Jade.
„Karim, der ist wunderschön.“
„Es wird dich beschützen, während ich fort bin. Dein eigenes Amulett, für dich allein.“
Sie hob sie aus der Schachtel und sah, dass sie an einer feinen Goldkette hing, dünn wie ein Haar. „Du bist sehr großzügig, Karim.“ Sie nahm seine Hand und drückte einen Kuss in seine Handfläche. „Was kann ich dir schon zurückgeben?“
„Mehr als du ahnst“, erwiderte er.
„Meinen Körper?“
„Ein entzückender Körper.“
Sie schlüpfte unter seinen Arm, und er befestigte das feisha um ihren Hals. Einen Moment hielt er es in seiner Hand, ehe er es vorsichtig auf ihr Kleid fallen ließ. Seine Fingerspitzen strichen darüber, während er sie unter verhangenen Lidern ansah.
„Sieben Nächte der Einsamkeit liegen vor mir“, sagte er bedauernd.
In dem Schweigen lauschte sie ihrem eigenen Atem, während er sie weiter liebkoste. Ob es möglich war, dass er sich für diese Nächte eine andere holte, um die Leere zu füllen? Irgendeinen anderen weichen, willigen Körper, den er in den Armen halten würde?
Allein der Gedanke daran war für Linda eine Qual. Es wäre wie ein Verrat, und trotzdem hatte sie nicht das Recht, ihm irgendein Versprechen abzuringen.
„Ich … ich werde auch einsam sein.“
„Dann sollten wir uns beide besser noch ein Festmahl gönnen, bevor die Hungersnot ausbricht.“ Mit ausholenden Schritten trug er sie durch den Säulengang. Mit einem Anflug von Verzweiflung schloss sie ihre Lippen um das Ohrläppchen, das ihr am nächsten war. Karim sollte sie mit einer Erinnerung an diese Nacht verlassen, die ihn dazu veranlassen würde, alle Frauen in Rabat nur als blutleere Marionetten zu sehen, die nicht den geringsten Reiz für ihn hatten.
Er war schon fort, als Linda morgens erwachte. Sofort fühlte sie sich allein. Sie hatte ihn zum Abschied noch küssen wollen, und der Zettel, der auf seinem Kopfkissen lag, verstärkte noch ihr Bedauern.
Sie las, was er geschrieben hatte. Die Zeit des Hungerns hat begonnen, und ich werde fasten, bis wir uns in der Sicherheit der Nacht wieder in den Armen halten .Sie drückte ihre Lippen auf das Papier, während Bilder von Karim und ihr vor ihrem inneren Auge aufstiegen, die sie nie müde wurde anzusehen. Noch einmal las sie, was er geschrieben hatte und seufzte, weil er keinen liebenden Gruß darunter gesetzt hatte.
Ihr schien, als hätte Karim, der so früh von seiner Mutter getrennt wurde, nie gelernt, sein Herz der Liebe zu öffnen. Die körperliche Liebe genoss er in vollen Zügen, aber das Wort Liebe würde ihm nie über die Lippen kommen.
Er machte ihr wunderschöne Komplimente über ihr Haar, ihre Haut, ihre schlanke Figur. Er sagte ihr mit den sinnlichsten Worten, wie sehr sie ihm gefiel. Aber er schloss ihr nie sein Herz auf und bat sie einzutreten. Er hatte nie angedeutet, dass ihre Beziehung über das rein Körperliche hinausging. Vielmehr schien er damit zufrieden zu sein, und Linda versuchte nicht daran zu
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