Julia Sommerliebe Band 22
sich auf die Terrasse hinaus und schenkte sich ein Glas Rotwein ein. Der frische Salat schmeckte köstlich, der Kuchen war süß und nährte nicht nur ihren Körper, sondern vor allem ihre gereizten Nerven. Kaum hatte sie aufgegessen, schweiften ihre Gedanken unweigerlich zu Romano ab.
Ärgerlich räumte Caroline das Geschirr weg, leerte das Glas und zog leichte Schuhe an.
In diesem Zustand konnte sie unmöglich schlafen gehen.
Zwar dämmerte es schon leicht, sie hatte aber keine Angst, allein unterwegs zu sein. Also machte sie sich auf den Weg zum Strand.
Die Seeluft erfrischte sie und verhalf ihr zumindest vorübergehend zu einem kühlen Kopf. Streckenweise waren die Sandabschnitte des Strandes mit Felsen durchzogen, die das Muster erkalteter Lava vermuten ließen. Darauf bildeten Algen einen moosigen Teppich. Es roch salzig und frisch. Am Horizont neigte sich die orangerote Sonne der Erde zu.
Gebannt blickte Caroline hinüber. Auf dem Wasser schaukelten einige Boote, und ein Surfer bahnte sich in Zickzacklinien seinen Weg zurück zur Küste. Eine Weile beobachtete sie ihn, sah zu, wie er das Segel immer geschickt so drehte, dass sich der Wind darin fing und er eine erstaunliche Geschwindigkeit bekam. Allein das Zusehen erfüllte Caroline mit Spannung.
Sie selbst würde sich wahrscheinlich Gedanken darüber machen, ob es hier Haie gab oder ob sie in eine Strömung geraten könnte. Aber vielleicht würde sie ja eines Tages in einem ungefährlichen Gewässer surfen lernen. Unwillkürlich musste sie an ihre Mutter denken. Fühlte sie sich auch so? Hatte sie aus diesem Grunde angefangen, ihre eigenen Grenzen zu erforschen?
Nachdenklich ging Caroline den Strand entlang. Die Bewegung tat ihr gut. Ziellos wanderte sie immer weiter. Erst als sie Seitenstechen bekam, bemerkte sie, wie schnell sie gegangen war. Atemlos blieb sie stehen. Angesichts der hereinbrechenden Dämmerung machte sie kehrt und ging zurück.
Als Caroline später nach ihrem einsamen Abendessen und dem ebenso einsamen Spaziergang an der Küste im Bett lag, fand sie keinen Schlaf. Zum hundertsten Mal warf sie sich in den Kissen hin und her. Sie versuchte, die leise Wehmut in ihrem Inneren zu ignorieren, wann immer sie an Romanos hungrige Küsse dachte.
Nackt in den dünnen Laken fuhr sie verzweifelt mit den Händen an ihrem Körper entlang. Ihre Haut reagierte so sensibel, als berührten sie die Finger eines anderen. Romanos Finger … ihre Brustspitzen waren auf einmal sensibel und hart. Hitze breitete sich in ihr aus, und sie biss sich auf die Unterlippe. Die Hände auf das erhitzte Gesicht gepresst, rollte sie sich zusammen.
Noch nie hatte sie sich so sinnlich gefühlt. Durch ihre Arbeit, die Selbstständigkeit und all den Stress hatte sie für eine lange Zeit ihre eigenen Bedürfnisse hintenanstellen müssen. So wie es sich eingeschlichen hatte, dass sie über Tag sehr unregelmäßig aß und nur abends kochte, hatte sie auch ihren weiblichen Bedürfnissen nur wenig Platz eingeräumt.
Wenn sie es recht bedachte, war in den letzten Jahren ihr Masseur René, den sie aufsuchte, um ihre Nackenverspannungen loszuwerden, der einzige Mann gewesen, der sie berührt hatte. Außer Jeremy natürlich. Doch den hatte sie auf Abstand gehalten. Mit seinen Küssen und zaghaften Berührungen hatte er keine Leidenschaft in ihr zu wecken vermocht. Und jetzt forderte ihr Körper seine Rechte ein … ausgerechnet bei Romano.
Der innere Tumult wurde übermächtig. Romano machte sie fuchsteufelswild, oder etwa nicht? Und er jagte ihr Angst ein. Sie hatte eine so starke Abneigung gegen diesen Mann, dass es ihr nicht das Geringste ausmachen würde, ihn nie wiederzusehen. Und sie misstraute ihm. Schließlich konnte er wirklich ein Krimineller sein. Je länger sie darüber nachdachte, desto wahrscheinlicher wurde diese Vorstellung.
Ein irrationaler Gedanke schlich sich in ihren Kopf. Was, wenn sie beweisen könnte, dass er wirklich schlecht und alles andere als die personifizierte Tugend war, als die ihre Mutter ihn verkaufte? Caroline warf sich auf den Rücken und starrte an die Decke. Von draußen drangen die Geräusche des Meeres und der Boote von fern an ihr Ohr. Wenn sie nur ein bisschen nachforschte, würde sie bestimmt auf eine Leiche im Keller stoßen …
Nichts richtig Kriminelles, denn trotz aller Antipathie unterstellte sie Romano de Sciorto nicht ernsthaft ein Verbrechen. Aber seine Arroganz konnte einen kleinen Dämpfer gut gebrauchen.
Caroline schloss
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