Julia Sommerliebe Band 24
Schachtel Pralinen. „Die haben mir meine Freundinnen in Darwin zum Abschied geschenkt. Alleine hatte ich keine Lust, sie zu öffnen.“
Sie riss die Verpackung auf und schob sich ein Praliné aus weißer Schokolade in den Mund. Mit einem zufriedenen Seufzer ließ sie sich in einen Sessel fallen. „Was für ein perfekter Abend.“
Harry wählte ein Stück dunkle Schokolade mit Nussfüllung, während er sich den Kopf darüber zerbrach, wie er das heikle Thema anschneiden sollte. „Ich bin froh, dass ich ihn nicht durch mein dummes Benehmen vorhin verdorben habe.“
Sie zuckte die Schultern. „Es ist okay, wenn du nicht darüber reden willst.“
Doch genau das wollte er jetzt. „Trotzdem möchte ich mich bei dir entschuldigen.“
„Schon gut. Thema erledigt.“
Für Harry war es alles andere als erledigt. Er musste Bonnie die Wahrheit sagen: wie sehr er sich zu ihr hingezogen fühlte, dass er gerne noch weitere Abende mit ihr verbringen wollte, aber dass zwischen ihnen nie mehr sein konnte als eine lockere Affäre.
Falls sie überhaupt noch an ihm interessiert war. Aber er verspürte das dringende Bedürfnis, klare Fronten zu schaffen, wenn auch nur um seiner selbst willen.
Das Wasser begann zu kochen. Harry brühte den Tee auf, füllte zwei Becher und setzte sich Bonnie gegenüber. „Ich weiß es zu schätzen, dass du Steve nicht nach meiner Vergangenheit gefragt hast.“
Es wäre leichter, wenn sie ihn ansehen würde, aber sie schien gänzlich damit beschäftigt zu sein, die nächste Praline auszusuchen. Ihre Haltung signalisierte ihm, dass sie seine Erklärungen nicht hören wollte, doch darauf konnte er keine Rücksicht nehmen. Er würde ihr sagen, was er zu sagen hatte, und danach konnten sie wieder getrennte Wege gehen.
Dann drehte sie den Kopf doch zu ihm, und ihre Augen waren wie zwei tiefe Brunnen, die bis hinunter in ihre Seele führten.
„Also gut“, sagte sie leise. „Du hast deine Frau nicht in Darwin kennengelernt. So weit waren wir schon.“
„Nein. Ich bin Clara zum ersten Mal in Alice Springs begegnet, als sie noch in der Ausbildung zur Krankenschwester war. Später haben wir uns in Katherine wieder getroffen, als ich für die Flying Doctors gearbeitet habe.“
Bonnie war sich nicht sicher, ob sie diese Geschichte hören wollte. „Mir wird in kleinen Flugzeugen regelmäßig schlecht“, versuchte sie abzulenken.
Sie hätte direkt auf ihr Zimmer gehen sollen. Aber wie konnte sie auch ahnen, dass er auf einmal ein derart privates Gespräch beginnen würde, nachdem er die ganze Zeit über so verschlossen gewesen war? Damals auf Bali hatte sie sich gewünscht, mehr über ihn zu erfahren. Jetzt war sie anderer Meinung. Je weniger sie über Harry St Clair wusste, desto eher konnte sie ihren eigenen Seelenfrieden bewahren.
Doch Harry ließ sich nicht ablenken. „Zum Glück habe ich einen robusten Magen. Wenn man einen Patienten an Bord hat, bleibt ohnehin keine Zeit, über eigene Befindlichkeiten nachzudenken.“
Nun gut. Wenn sie dieses Gespräch schon führen mussten, dann sollte er nicht länger um den heißen Brei herumreden. „Wie lange wart ihr verheiratet?“ Wie lange bevor sie gestorben ist?
„Ein Jahr. Wobei wir davon nur ein paar Monate miteinander verbringen konnten, zwischen meinen Einsätzen. Eigentlich war es viel zu früh für diese Heirat. Wir hätten warten sollen, bis ich einen festen Job angenommen hatte. Aber so war es nun einmal, und kurz darauf wurde Clara schwanger, ohne dass wir es geplant hatten.“
Das war also der kritische Punkt. „Was ist dann passiert, Harry?“, fragte Bonnie behutsam.
„Clara hatte Frühwehen und erlitt eine Fruchtwasserembolie.“
Bonnie wurde flau im Magen. Eine Fruchtwasserembolie war eine selten auftretende und in vielen Fällen tödlich verlaufende Geburtskomplikation. In einer solchen Situation zählten Sekunden.
„Eigentlich hätte Clara in der sechsunddreißigsten Schwangerschaftswoche in die Stadt gehen sollen. Stattdessen war sie meilenweit entfernt vom nächsten Krankenhaus, das auf solche Notfälle eingerichtet war. Aber sie wollte noch bleiben. Ihre Schwangerschaft war bis dahin ganz normal verlaufen, ohne irgendein Anzeichen von Komplikationen.“
Kein Wunder, dass er seine Patientinnen rechtzeitig in der Nähe einer großen Klinik wissen wollte. „In Darwin gab es einen solchen Fall, kurz bevor ich meine Ausbildung angefangen habe“, sagte Bonnie leise. „Soweit ich mich erinnere, treten diese Embolien
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