Julia Sommerliebe Band 24
überzeugt, dass sie jeden Auftrag einwandfrei erledigte. Ihre Kontakte trieben ehrgeizigen Angehörigen der oberen Zehntausend Tränen des Neids in die Augen. Doch nur wenige Leute kannten den Menschen hinter der Fassade.
Sie hat mich ausgeschlossen, dachte Malik. Je näher ich ihr kommen wollte, desto entschiedener hat sie sich zurückgezogen. Das nennt man wohl Ironie des Schicksals. Mein Leben lang habe ich Frauen davon abgehalten, mir zu nahe zu kommen. Bei uns hat sie die Mauer aufgebaut. Und als ich die einreißen wollte, ist Avery einfach gegangen.
Ein Jahr waren sie ein Liebespaar gewesen, und doch kam es Malik an manchen Tagen vor, als würde er sie gar nicht kennen.
Zugegeben, es gab einige Dinge, die er über sie wusste. Zum Beispiel, dass sich an ihrem linken Mundwinkel ein Grübchen bildete, wenn sie lächelte. Oder wie ihre Lippen schmeckten. Prompt antwortete Maliks Körper mit einer Regung, von der er geglaubt hatte, sie unter Kontrolle zu haben.
Averys Selbstbewusstsein und ihre Art, Chancen beim Schopf zu packen, hatten Malik schon bei der ersten Begegnung angezogen. Er bewunderte ihre Strebsamkeit, ihren Erfolg und ihren Glauben an sich selbst. Genau diese Eigenschaften waren allerdings auch Gründe für die Trennung gewesen. Avery Scott war extrem unabhängig. Sie scheute alles, von dem sie befürchtete, es könnte ihre Unabhängigkeit bedrohen.
Und Malik hatte in der Tat eine Bedrohung dargestellt – ebenso wie das, was sie füreinander empfanden. Also hatte Avery einen Schlussstrich gezogen und alles zwischen ihnen zerstört, bis nur noch Schmerz blieb.
Die Leute glaubten, Männer wie der Kronprinz von Zubran könnten sich jeden Wunsch erfüllen. Sie wissen ja nicht, wie sehr sie sich irren, dachte Malik bitter. Einen Moment lang stand er einfach nur da und spürte der Mischung aus Bedauern und Wut in ihm nach. Da blickte die Frau aus seiner Vergangenheit hoch – und sah ihn.
Er suchte nach einem Zeichen dafür, dass sein unerwarteter Besuch sie aus dem Konzept brachte. Fehlanzeige. Gelassen stand sie auf und legte dieselbe Ruhe an den Tag, die sie in Krisen auszeichnete.
„Was für eine Überraschung. Kann ich dir helfen, Malik?“ Avery klang geschäftsmäßig. Niemand hätte vermutet, dass sie sich einmal nahegestanden hatten. Dass sie zum Kreis seiner wenigen engen Freunde gezählt hatte, dessen Mitglieder nichts auf das Geld und den Status des Prinzen gaben und ihn wie einen Mann behandelten, nicht wie den künftigen Herrscher von Zubran. Eine Weile hatte er sogar in der Gegenwart dieser Frau Dinge wie Pflicht und Verantwortung vergessen.
Malik wollte das Gespräch nicht auf eine persönliche Ebene ziehen. Schließlich stand er kurz vor der Hochzeit. „Du bist nicht ans Telefon gegangen“, erwiderte er, ohne sich mit Begrüßungsfloskeln aufzuhalten.
„Ich war in einer Besprechung. Du bist doch ein Experte in der Kunst der Diplomatie. Deshalb verstehst du sicher, dass ich meinen Gesprächspartner nicht unterbrechen durfte.“
Sie spricht mit mir wie mit einem schwierigen Kunden, erkannte Malik. Ihm war, als würden seine Nerven Funken sprühen. Er musste an die Wortgefechte mit Avery denken – für sie beide die zweitschönste Art, Zeit miteinander zu verbringen. Was die schönste Art anging … Maliks Libido meldete sich. Er wandte sich an Jenny: „Lassen Sie uns bitte allein.“
Jenny stand sofort auf. Nachdem sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, musterte Avery ihren Gast eisig. „Du kannst es nicht lassen, oder? Immer musst du den Leuten sagen, was sie tun sollen.“
„Ich habe nicht vor, diese Unterhaltung anders als unter vier Augen zu führen.“
„Dies ist mein Büro, in meiner Firma. Du gibst meinen Angestellten keine Anweisungen. Und was auch immer dich herführt: Du kannst nicht einfach hereinplatzen und mein Gespräch unterbrechen.“
Auf einmal schien die Luft elektrisch geladen zu sein. Sie knisterte förmlich, als könnte sie die beiden Menschen im Raum versengen. Malik war ärgerlich, und er wusste, dass es Avery ebenso ging. „Warum hast du meine Anrufe nicht entgegengenommen?“
Ihre Wangen färbten sich einen Ton dunkler. „Weil sie ungelegen kamen.“
„Hast du etwa gute Erfahrungen damit gemacht, Anrufe von Kunden zu ignorieren? Ich dachte, guter Service sei in deiner Branche unerlässlich.“
„Du hast nicht geschäftlich angerufen.“
„Und du hast nicht professionell gehandelt, als du meine Telefonate ignoriert hast. Also tun
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