JULIA VALENTINSBAND Band 19
hatte, dass sie nur weitersprechen konnte, wenn sie nicht regungslos auf dem Stuhl ausharren musste.
Wortlos griff er nach ihrer Hand und umschloss ihre Finger mitfühlend. Erin erwiderte den Druck und folgte ihm zur Treppe.
„Madame Karma hat mir prophezeit, dass ich den Mann meines Lebens bereits gefunden habe“, gestand sie schließlich.
Wes verstärkte den Druck seiner Hand.
Erin sprach hastig weiter. „Das konnte ich unmöglich akzeptieren. Weil sie vorhergesagt hat, dass du der Kandidat bist. Ich war überzeugt, dass man mit dir keine Beziehung haben kann. Dass du mich nur verletzen würdest.“
„Der Mann deines Lebens“, wiederholte Wes lächelnd.
Das Herz schlug ihr bis zum Hals, und sie atmete stoßweise. Warum hatte sie solche Angst?
Lag es wirklich daran, dass …?
„Ich glaube, ich habe begriffen, worauf die Geschichte hinausläuft“, erklärte Wes. „Du warst überzeugt, dass ich nicht in der Lage bin, wirklich der Mann deines Lebens zu sein. Und deshalb hast du gegen das Schicksal gekämpft. Das ist der Grund, weshalb es dich verflucht hat.“
Sie waren unten an der Treppe angekommen, die zum Flur ihrer Kabine führte. Erin drehte sich zu ihm hin und bemerkte, dass sich in seinem Blick ebenfalls Angst spiegelte. Konnte es sein, dass er befürchtete, sie würde ihn zurückweisen? Aber vielleicht war es noch etwas anderes, es hatte ihn einfach verletzt, dass sie so wenig von ihm hielt.
Der Gedanke berührte sie zutiefst. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn sanft. Genau so, wie sie ihn beim Landgang in Ensenada geküsst hatte, als sie unter der Markise gestanden hatten, weil plötzlich ein Regenschauer vom Himmel stürzte. An jenem Nachmittag hatte es sich ganz natürlich angefühlt, ihm ihre Gefühle zu offenbaren. Sie war überzeugt gewesen, dass es richtig war – bis sie wieder angefangen hatte, darüber nachzudenken.
Hör auf zu grübeln, befahl sie sich.
Es war warm, es war gut … Ihre Lippen spielten über seine, ihre Brüste streiften über seinen Oberkörper, und ihre Knospen reagierten erregt.
Erin zog sich leicht zurück, hielt sich aber immer noch am Saum seines Hemdes fest. Schließlich nahm sie allen Mut zusammen und erzählte ihm, dass sie mit William die unglücklichste Verlobung der Welt hatte durchmachen müssen. Sie erzählte, wie er sie Jahr für Jahr vertröstet hatte. Wie er Zweifel in ihr geweckt hatte, dass sie es jemals wieder versuchen wollte. Denn wenn sie scheitern würde, würde es ihr das Herz brechen …
„Ich möchte mich nie wieder so hilflos fühlen wie damals.“ Erin ließ das Hemd los, ließ die Handfläche aber auf seinem Oberkörper liegen. „Als du mich eingeladen hast, habe ich mich auf die Freiheit gefreut. Auf die Freiheit, mit einem Mann zusammen zu sein, der keine komplizierten Dinge von mir verlangt. Nur Sex und Lachen. Und was mir beinahe noch wichtiger war … ich war nicht gezwungen, irgendwas von dir zu erwarten, um dann doch enttäuscht zu sein, wenn ich es nicht bekommen kann.“
Wes atmete erleichtert auf, schüttelte den Kopf und strich Erin eine Haarsträhne hinter das Ohr zurück. Sie beugte sich leicht nach vorn und genoss seine Berührung, sehnte sich nach mehr und erschrak sogar ein bisschen, weil sie plötzlich keine Angst mehr hatte.
„Und ich dachte schon, es läge alles an mir“, bemerkte er, „ich dachte, du bist der Meinung, dass ich dir nicht gut genug bin.“
„Nein, es hat nichts damit zu tun, dass du nicht gut genug bist“, meinte Erin. „Du warst genau das, was ich haben wollte. Weil ich der Meinung war, dass ich nichts anderes brauche. Aber irgendwann habe ich bemerkt, dass mehr in dir steckt, als die Leute sehen können. Und genau das hat mich fast zu Tode geängstigt. Also habe ich versucht, nur deine andere Seite zu sehen.“
„Dann …“ Wes schluckte. „Erin, dann sieht es so aus, als hättest du dich selbst verflucht. Dieser William hat sich wie ein riesiges Hindernis vor dir aufgetürmt, und du hattest nicht den Mut, es zu überspringen. Stattdessen hast du versucht, dein Herz auszutricksen.“
Wow, schoss es ihr durch den Kopf, das, was er gerade gesagt hatte, ist die blanke Wahrheit. Und genau das erschreckte sie. Regungslos wartete Erin auf die Welle der Angst, die sie eigentlich hätte durchfluten müssen. Aber nichts passierte, wenn man davon absah, dass sie sich innerlich plötzlich wohlig warm fühlte, dass die Wärme sich auf ihrer Haut ausbreitete und sie mehr und
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