JULIA VALENTINSBAND Band 21

blassgelbes Oxfordshirt mit offenem Kragen und Mokassins gekleidet. Caro beobachtete ihn aus dem Augenwinkel, wie er Hände schüttelte und in dem üblichen männlichen Ritual Schultern klopfte.
    Zumindest ein Mitglied aus Rorys Crew erhielt einen Kuss statt des Schulterklopfens. Oder besser gesagt, sie küsste ihn. Auf die Wange, auch wenn Caro vermutete, dass die auffallende große Blonde ihn sicher lieber mit einem richtigen Zungenkuss begrüßt hätte.
    Aus unerfindlichen Gründen, die sie lieber nicht analysieren wollte, entwickelte Caro sofort eine Antipathie gegen diese Frau. Die hielt aber nur so lange an, bis Rory seine Konferenzorganisatorin entdeckt hatte und die Blondine zu ihr führte, damit sie sie begrüßen konnte.
    „Ich möchte dir Sondra Jennings vorstellen. Sie leitet die Europa-Abteilung der GSI in Kopenhagen. Sondra, das ist Caroline Walters von European Business Services.“
    Die Blonde schüttelte Caroline mit einem freundlichen Lächeln die Hand. „Sie sind also diejenige, die unsere Plauderstündchen zusammengestellt hat. Harry Martin hatte schon von Ihnen gesprochen, als wir vor Kurzem einen Kaffee zusammen getrunken haben.“ Sie zwinkerte Caro zu. „Wie ich Harry kennen, hat er Sie sicher ziemlich auf Trab gehalten.“
    „Ziemlich“, bestätigte Caro.
    „Ich hatte mit einigen Klienten zu tun, die sicher interessiert sein könnten, die Dienstleistung der EBS in Anspruch zu nehmen. Wenn ich nach Dänemark zurückkomme, werde ich mich mit ihnen in Verbindung setzen und ein bisschen Werbung machen.“
    „Das ist sehr großzügig von Ihnen.“
    „Wir Mädels müssen doch zusammenhalten.“ Ihre blauen Augen richteten sich plötzlich auf einen Mann, der gerade den Saal betrat. „Da ist Abdul-Hamid! Ich habe ihn nicht gesehen, seit wir die Morddrohungen gegen den Autor von ,Im Inneren des Mudschaheddin’ untersucht haben. Entschuldigt mich bitte, ihr beiden.“
    Sie eilte zur Tür und umarmte den Neuankömmling stürmisch. Der erwiderte die Begrüßung mit so offensichtlicher Freude, dass Caro ihren ersten Eindruck revidieren musste.
    „Sie ist sehr gesellig.“
    „Wenn ihr danach ist“, erwiderte Rory lässig. „Bereit, diese Show hier zu beginnen?“
    Sie ließ noch einmal den Blick über die Tische und die inzwischen angewachsene Menge von Leuten schweifen. „Wenn du so weit bist, ja.“
    „Dann lass uns anfangen.“
    „Ich werde da hinten in der Ecke bleiben. Wenn du irgendetwas brauchst, gib mir ein Zeichen.“
    „Das wird nicht funktionieren“, entgegnete er kopfschüttelnd. Entschlossen ergriff er ihren Ellbogen und schob sie zu einem runden Tisch neben dem Podium. „Ich möchte, dass du vorn bei mir bleibst.“
    „Aber …“
    „Auf diese Art ist es einfacher, sich zu verständigen.“
    Nachdem er sie zu einem Platz neben Harry Martin geführt hatte, klemmte er sich das mobile Mikrofon ans Hemd. Seine Stimme tönte durch die Lautsprecher.
    „Okay, alle miteinander. Es wird Zeit, dass wir an die Arbeit gehen.“
    Er wartete, bis das allgemeine Stühlerücken verebbt war, bevor er Caroline bat aufzustehen.
    „Für alle, die sie noch nicht kennengelernt haben, das ist Caroline Walters. Sie und Harry haben diese Veranstaltung zusammengestellt. Irgendwelche Beschwerden sind an Harry zu richten. Ruhm und Ehre gebühren ihr.“
    Rory beherrschte die nächste Stunde die Bühne. Caroline hörte mit wachsendem Erstaunen zu, während er auf die weltweiten Tendenzen von Gewalttaten gegen Prominente einging, Daten und Fakten aufzählte, ohne ein Mal auf sein vorbereitetes Manuskript zurückzugreifen. Selbst für eine Außenseiterin wie sie war offensichtlich, dass er alle Facetten seines gefährlichen Berufs aus dem Effeff beherrschte.
    Was er zu berichten hatte, war grausam, und die Fotos, die auf dem Bildschirm erschienen, entsetzlich. Sie zeigten einen französischen Botschaftsangestellten mit Augenbinde, dem ein Gewehrlauf an den Kopf gehalten wurde. Die von Kugeln durchlöcherte Leiche eines Kandidaten für das Amt des Premierministers in Indonesien. Die völlig verängstigte Frau des Polizeichefs in Kolumbien, der man einen Sprengsatz um den Körper gebunden hatte, Sekunden, bevor die Drogendealer sie in die Luft jagten, als Botschaft an alle, die mit der Polizei zusammenarbeiteten.
    Als Rory seinen Bericht beendete, war Caroline reif für eine Pause. Mehr als das. Sie hatte die Welt sicher nicht durch eine rosarote Brille betrachtet, doch Rorys schreckliche