Julia-Weihnachten Band 24
uns akzeptiere.“
„Irrational?“
Sie nickte. „Allerdings.“
„Und wieso?“
„Hör mal, Bryan, wir sollten wenigstens ehrlich zueinander sein.“
„Das bin ich meistens.“
„Ich habe meinen Vater sehr geliebt. Und meine Mutter hat ihn vermutlich noch mehr geliebt. Aber nichts, was wir taten oder sagten, war genug, um ihn glücklich zu machen. Er musste immer wieder nach oben, hochfliegen, weg von allem. Und hat dabei ständig sein Leben riskiert, ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, wie es uns damit geht. Bis er schließlich …“
„… verunglückt ist“, beendete Bryan den Satz. „Und er hat dich so traurig und wütend zurückgelassen, dass du dir nie erlaubt hast, dein Leben zu genießen.“
„Du hast recht, Bryan. Und glaub mir, ich kann deine Lebenseinstellung gut verstehen. Trotzdem könnte ich nicht damit leben. Ich hoffe, du verstehst das.“
Und ob er das verstand. „Du kennst mich aber noch nicht wirklich“, sagte er sanft.
„Was ich gesagt habe, meine ich wirklich. Ich kann dich verstehen, aber ich habe nicht den geringsten Wunsch, dieses Verständnis noch weiter auszudehnen.“
„Wegen deiner Vergangenheit.“
„Ja.“
„Tut mir leid, aber das finde ich absurd.“
„Aber …“
„Was aber? Weil alle Piloten wild und verrückt sind und nur den Nervenkitzel suchen? Nein, die meisten von uns hängen am Leben und sind keine todesmutigen Draufgänger, wie du vielleicht denkst. Also was mich betrifft, ich will mindestens hundert Jahre alt werden.“
„Hundert?“
Plötzlich sah er sich selbst als Hundertjährigen, wie er versuchte, mit Katie Liebe zu machen. Kein Zweifel, das würde er noch schaffen. Er lachte amüsiert auf.
Sie blickte ihn fragend an. „Was ist daran so lustig?“
Als er schelmisch lächelte, sagte sie vorwurfsvoll: „Bestimmt hast du schmutzige Gedanken. Das merke ich doch.“
„Ich habe mir nur vorgestellt, wie ich wohl als alter Mann sein werde, und ob du mich dann immer noch willst.“
„Aber ich will dich doch gar nicht!“
„Ach, meine Süße, erzähl mir keine Geschichten, die sich mit einem einzigen Kuss von mir als falsch herausstellen. Du weißt sehr gut, dass du mich willst.“ Er sah sie lächelnd an. „Oder etwa nicht?“
Sie warf ihm nur einen verachtungsvollen Blick zu, und das war für ihn Antwort genug.
10. KAPITEL
Es war der Tag vor Weihnachten. Zwar waren alle im Büro, doch keiner arbeitete wirklich.
Außer Katie.
Sie saß am Schreibtisch und versuchte hektisch, bis zum Jahresende noch alles aufzuarbeiten, was die ganze Zeit liegen geblieben war. Irgendwie war sie mit ihrer Arbeit in letzter Zeit nicht richtig vorangekommen. Das war ihr vorher noch nie passiert. Aber in letzter Zeit entdeckte sie lauter unbekannte Seiten an sich.
Sie brauchte auch nicht groß darüber nachzudenken, woran es lag. Eigentlich war es sonnenklar, warum sie seit ein paar Wochen so unkonzentriert war und sich selbst zum Narren machte.
Ständig war sie mit ihren Gedanken woanders. Bei Bryan.
Trotz ihrer vielen Arbeit hatte sie sich gestern von ihm überreden lassen, mit ihm in sein Flugzeug zu steigen. Fast den ganzen Nachmittag hatten sie in der Luft verbracht. Das hätte sie sich früher nie erlaubt, so gewissenhaft wie sie immer gewesen war.
Doch sie war tatsächlich geflogen.
Noch immer überlief sie ein Kribbeln, wenn sie daran dachte. Mit Bryan durch die Luft zu fliegen, hatte alle ihre Erwartungen übertroffen.
Jetzt, an ihrem nüchternen Schreibtisch, konnte sie es kaum fassen, dass sie sich tatsächlich auf dieses Abenteuer eingelassen hatte. Bryan brauchte nur mit dem Finger zu schnippen, und sie folgte ihm blindlings. Sie machte sich ernsthaft Sorgen um sich.
Dabei war sie immer überzeugt gewesen, erwachsener und reifer zu sein als er. Davon war nicht mehr viel zu spüren.
Das Gelände wimmelte von Reisenden, und ihre Kollegen blickten ständig auf die Uhr, als könnten sie den Feierabend kaum erwarten. Und alle wirkten so glücklich, dass es Katie glatt verrückt machte.
„Vielleicht hast du es noch nicht mitgekriegt“, sagte Julie, die gerade den Kopf durch Katies Bürotür steckte. „Aber wir haben bald diese komischen Feiertage, du weißt schon, wo alle um den Tannenbaum tanzen und lustig sind. Weihnachten nennt man das. Hast du vielleicht schon mal gehört.“
„Sehr witzig.“
Julie musterte sie für einen Moment. „Ich glaube, du brauchst nochmal eine Weihnachtsfeier. Und noch mehr
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