JULIA WEIHNACHTSBAND Band 22
verbracht hatten …
Jodie dachte nach. Ihr war häufig übel gewesen in den vergangenen Wochen, doch sie hatte es auf die Anstrengungen im Krankenhaus geschoben. Stress schlug ihr schnell auf den Magen. Und sie war abends sehr oft müde, aber auch das hatte sie mit der Arbeitsbelastung erklärt. Der Termin bei ihrer Frauenärztin war ein reiner Routinebesuch gewesen. Und jetzt erklärte diese ihr ohne Umschweife, dass sie schwanger sei. Jodie konnte es nicht fassen.
Sie würden ein Baby bekommen. Völlig problemlos. Ohne unzählige Termine und Untersuchungen, ohne Hoffnungen und Enttäuschungen. Kurz rechnete sie nach. Das Baby würde im Dezember zur Welt kommen, in der Weihnachtszeit. Ein
Jahr, nachdem ihre Liebe zu Sam erwacht war.
„Alles in Ordnung, Mrs. Taylor?“
Jodie nickte. „Ich bin nur vollkommen überrascht.“
„Ein glücklicher Unfall?“, schmunzelte die Ärztin.
„Ja, genau.“ Sie strahlte und hatte plötzlich das Bedürfnis, ihre Ärztin zu umarmen. „Das ist besser als alle Geburtstage und Weihnachtsfeste zusammen.“
„Das freut mich für Sie“, erwiderte die Ärztin herzlich.
„Und, was meint deine Ärztin? Warum bist du in letzter Zeit so müde? Bist du überarbeitet oder hast du Eisenmangel?“, fragte Sam, als sie heimkam.
„Nein, es ist alles in Ordnung.“
„Ich glaube trotzdem, dass du zu viel arbeitest.“
„Ich werde es einschränken“, versprach Jodie und musste sich zusammenreißen, um nicht laut zu lachen. Bevor sie ihm die wundervolle Neuigkeit erzählen wollte, sollte er noch eine andere Überraschung bekommen. Heute hatte der Brief des Labors im Briefkasten gelegen. Als sie darum gebeten hatten, den Laborbericht von damals in Kopie zu bekommen, hatte man sie vertröstet: Es werde einige Wochen dauern, weil die Patientenakten im Archiv seien. Jetzt endlich konnte Sam die Ergebnisse schwarz auf weiß sehen, die Angela ihm damals vorenthalten hatte.
Jodie hielt ihm den Umschlag hin. „Vom Labor“, erklärte sie.
„Warum hast du ihn nicht geöffnet?“, fragte Sam.
„Er ist an dich adressiert“, erklärte Jodie. Schon einmal hatte eine Frau seinen Brief geöffnet – und beinahe sein Leben zerstört.
Sam zögerte.
„Willst du ihn nicht endlich aufmachen?“ Jodie fieberte dem Ergebnis entgegen.
„Ich habe ein bisschen Angst, dass nun die letzte Hoffnung zerstört wird.“ Sam seufzte.
Dann fasste er sich ein Herz und schlitzte den Umschlag auf. Er las den kurzen Brief. Dann überflog er die Zeilen erneut und ein drittes Mal. Endlich legte er den Bogen auf den Tisch, schloss Jodie in die Arme und wirbelte sie herum.
„Wir haben eine Chance“, jubelte er. „Es wird nicht einfach sein, doch mit etwas Glück können wir ein Baby bekommen.“
„Dann lass uns feiern, wir brauchen Champagner!“, rief Jodie und fügte in Gedanken hinzu: Du brauchst Champagner, ich werde nur einen winzigen Schluck nehmen.
Wenn sie ihm jetzt ihre Neuigkeit nicht präsentierte, würde sie platzen, dachte Jodie.
„Ich habe ein Geschenk für dich“, hob sie an. „Ein verspätetes Flitterwochen-Geschenk, wenn du so willst. Oder vielleicht auch ein Weihnachtsgeschenk.“
Sie überreichte ihm ein kleines Päckchen. Sam sah sie irritiert an. Ein Weihnachtsgeschenk im Frühling? Er öffnete es und fand eine schmale Kunststoffhülle.
„Eine Zahnbürste?“, fragte er ratlos.
Jodie lachte. „Mach es auf“, drängte sie.
Er zog die Hülle auf und nahm einen Stab heraus. Kurz betrachtete er ihn und blickte dann seine Frau an. „Ist es … das, was ich denke?“, fragte er vorsichtig.
Sie nickte.
„Du bist schwanger?“, versicherte er sich ungläubig.
Sie nickte. „Deshalb war mir so übel, und deshalb war ich abends so müde. Kein Eisenmangel – ein Baby. Ein venezianisches Baby.“
„Wir werden Eltern. Jodie, wir bekommen ein Kind!“ Tränen der Rührung traten in seine Augen. „In dir wächst unser Baby.“ Sam bedeckte ihr Gesicht mit Küssen. „Ich kann es nicht fassen. Du wirst natürlich ab sofort nicht mehr Fahrrad fahren. Das ist viel zu gefährlich.“
Jodie lachte nur.
„Ich werde es abschließen und dich überallhin mit dem Auto bringen.“
„Hör auf mit dem Unsinn.“ Jodie fuhr ihm mit der Hand durchs Haar. „Ich bin nur schwanger, es geht mir gut.“ Lächelnd sah sie ihn an. „Bist du glücklich?“
„Mehr als das. Am liebsten würde ich aufs Dach klettern und der ganzen Welt verkünden, dass ich Vater werde.“ Er sah sie an.
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