JULIA WEIHNACHTSBAND Band 22
sie angeordnet, dass Amber den gesamten Blumenschmuck übernehmen sollte, wenn ihr Ehemann und sie Gäste erwarteten.
Es war eine zeitraubende Tätigkeit, über die Amber sich insgeheim ärgerte. Doch jetzt waren die Blumen eine willkommene Ausrede, um das Haus zu betreten. Rocco durfte auf keinen Fall seine furchtbare Drohung wahr machen. Sein Verdacht über sie war zudem völlig aus der Luft gegriffen. Allerdings war ihr klar, weshalb Rocco fürchtete, seine Gastgeber könnten in die Schusslinie der Medien geraten. Harris Winton war ein einflussreicher Mann und tauchte häufig in den Nachrichten auf. Die gesamte Nachbarschaft, ganz zu schweigen vom Personal, wusste von Kaye Wintons außerehelichen Eskapaden.
Manchmal sind Männer schrecklich naiv, überlegte Amber bedauernd. Ein Zeitungsreporter bräuchte im Grunde nur das Postamt des Dorfes zu betreten, um sämtliche Details über die alles andere als geheimen Affären der scheinbar unersättlichen Millionärsgattin zu erfahren.
Der Partyservice war in der großen Küche zugange. Amber stellte ihre verschmutzten Arbeitsstiefel im Gang ab, löste die Spange aus ihrem Haar, und fuhr mit den Fingern durch die dichten Strähnen, in der Hoffnung, sie ein wenig zu ordnen. Nur auf Socken eilte sie lautlos die Steintreppe für das Personal hinauf. Mit etwas Glück war Rocco in seiner Suite. Und wenn nicht? Was sollte sie tun, wenn er nach unten gegangen war? Ihm eine kurze Nachricht hinterlassen und ihn bitten, sich das Ganze noch einmal zu überlegen? Amber verzog das Gesicht bei diesem Gedanken und fragte sich verärgert, weshalb Rocco seinen sonst so kühlen Menschenverstand in diesem Fall einfach ausgeschaltet hatte.
Ich war verletzt . Nun, wenn Rocco glaubte, dass der Zeitungsartikel über ihre Affäre vor achtzehn Monaten verletzend war, wünschte sie, er hätte erlebt, was sie selber im Vergleich dazu durchleben hatte müssen. Ihr altes Leben, ihre Selbstachtung und ihre Träume waren schneller den Bach hinuntergegangen, als sie es sich im Traum nicht hätte vorstellen können.
Amber erreichte den Gästeflügel und klopfte ruhig an die Tür der Hauptsuite. Keine Antwort. Die Suite bestand aus mehreren Zimmern. Rocco konnte sich in jedem Raum aufhalten. Deshalb trat sie ein und zog leise die Tür hinter sich zu. Im selben Moment hörte sie seine Stimme. Es klang, als würde er telefonieren. Zögernd näherte sie sich der Schwelle seines Schlafzimmers.
Rocco blickte ihr mit seinen glänzenden dunklen Augen entgegen, und sie blieb wie angewurzelt stehen. Offensichtlich hatte er ihr Klopfen und ihr unaufgefordertes Eintreten gehört. Ihr Gesicht begann vor Verlegenheit zu brennen, als er mit einer einladenden Bewegung auf das Sofa ein Stück von ihm entfernt deutete, und sein Telefongespräch fortsetzte. Sinnliche Schauer der Erinnerung rieselten beim Klang seiner melodischen italienischen Worte ihren Rücken hinab. Sie verstand einige Worte, und ihr fiel ein, dass sie einmal vorgehabt hatte, diese Sprache zu lernen. Verstohlen rieb sie ihre feuchten Handflächen an ihren abgetragenen Jeans und setzte sich steif hin. Rocco lehnte am Fenster, das kühne gebräunte Profil ihr zugewandt. Er beachtete sie nicht mehr, sondern sprach weiter in sein Handy.
Er war fast eins neunzig groß und besaß die schlanke muskulöse Gestalt eines Sportlers. Breite Schultern, schmale Hüften und lange kraftvolle Beine. Seine Kleidung war stets maßgeschneidert und schmiegte sich an ihn wie eine zweite Haut. Sogar nur mit einem Handtuch bekleidet, wirkte er noch elegant, erinnerte Amber sich unbehaglich. Ihr Gesicht errötete erneut bei diesem Gedanken. Rasch wandte sie sich ab, um das leichte Zittern ihrer Hände und die Spannung unter Kontrolle zu bringen, die ihren zarten Körper erfasst hatte.
Sie waren drei Monate zusammen gewesen, als Rocco ihr gnadenlos den Laufpass gab. Für sie, Amber, war es Liebe auf den ersten Blick gewesen. Er hatte sie seine „Pussycat“ genannt wegen der Art, wie sie sich neben ihm auf dem Sofa zusammenrollte. Wenn er über das Wochenende oder an den Feiertagen außer Landes war, hatte er sie zu den exotischsten Orten einfliegen lassen. Sie war kaum zum Nachdenken gekommen während dieser zauberhaften Affäre, ihr angeborener Hang zur Vorsicht und ihr gesunder Menschenverstand waren wie ausgeschaltet gewesen. Sie hatte sich in einer Achterbahn aus sinnlicher Erregung und Leidenschaft befunden und war ihm völlig ausgeliefert. Als diese Achterbahn
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