JULIA WEIHNACHTSBAND Band 22
Träumerei.
„Möchtest du wirklich, dass ich einfach so vergesse, dich jemals gesehen zu haben?“ Rocco sah sie unter seinen langen tiefschwarzen Wimpern hervor eindringlich an.
„Natürlich!“ Ambers Gesicht glühte, und ihr Atem ging immer schneller. Sie rührte sich nicht. Mit jeder Faser ihres Körpers spürte sie die erotische Spannung, die wie aus dem Nichts entstanden war.
„Lügnerin“, erklärte er ungerührt.
Leider hatte sein Vorwurf längst nicht so eine starke Wirkung wie das belustigte Lächeln, das seinen sinnlichen Mund umspielte. Bilder aus einer fernen, glücklicheren Vergangenheit stiegen vor Ambers innerem Auge auf. Erinnerungen an dieses Lächeln in seiner tiefen Stimme, wenn sie miteinander telefoniert hatten, an das Glücksgefühl, von dem sie erfasst wurde, wenn er sie auf diese Weise betrachtete. Als wäre sie etwas ganz Besonderes. Bevor Rocco in ihr Leben getreten war, hatte ihr niemand das Gefühl gegeben, wichtig zu sein oder begehrt zu werden.
Amber bekam kaum noch Luft und starrte Rocco an, völlig gebannt von seinem atemberaubenden Lächeln. „Ich lüge nicht …“, murmelte sie, ohne recht zu merken, was sie sagte.
Rocco streckte die Arme aus und fasste sie an den Händen. Ein mächtiger lustvoller Schauer durchrieselte sie. Langsam öffnete er einen ihrer verkrampften Finger nach dem anderen. Wie das sprichwörtliche Kaninchen vor der Schlange sah sie zu ihm auf. Das Herz trommelte wie wild gegen ihre Rippen. Sie sah nur noch ihn und spürte die verführerische Schwäche, angeregt durch die Hitze, die langsam in ihr aufstieg. Zentimeter für Zentimeter zog Rocco sie näher an sich. Seine Wärme, das Gefühl seiner Haut an der ihren, und sein vertrauter berauschender Duft überwältigten alle ihre Sinne.
„Ich habe gesagt, ich würde dich nie wieder anrühren, und wenn es um mein Leben ginge“, begann er. „Aber …“ Eine Welle der Erregung schoss bei seinen Worten durch ihren Körper.
„Aber?“
„Meine Güte …“, stieß Rocco heiser hervor und zog sie die letzten Zentimeter zu sich heran. „Mir scheint, du könntest mich vom Gegenteil überzeugen, Pussycat.“
Ihre Knie wurden weich bei diesem Kosenamen.
„Allerdings müsstest du versprechen, es geheim zu halten.“
„Geheim?“ Amber konnte sich nicht konzentrieren und verstand nicht, was er damit meinte.
„Ich möchte nicht am Montagmorgen die Zeitung aufschlagen und feststellen, dass ich erneut zwischen den Laken reingelegt worden bin.“
„Wie bitte?“
Ohne Vorwarnung ließ Rocco ihre Hände los. Weil sein fester Griff beinahe das Einzige war, was sie auf ihren wackeligen Knien aufrecht gehalten hatte, sank sie automatisch gegen ihn. Kühl richtete er sie wieder auf. „Denk darüber nach“, riet er ihr und trat zurück.
Einen kurzen Moment rührte Amber sich nicht. Dann holte sie tief Luft, um wieder klar denken zu können. Große Anstrengung war dafür nicht nötig. „Abgesehen von dem Offensichtlichen: Was willst du damit sagen?“
„Ich langweile mich dieses Wochenende, und du reizt mich unwahrscheinlich.“
Entsetzt erkannte Amber, dass sie wie angewurzelt dagestanden hatte, gebannt von der körperlichen Anziehungskraft, die Rocco zweifellos auf sie ausübte. „Wie bitte?“, fuhr sie verärgert auf.
Rocco warf ihr einen spöttischen Blick zu. „Vielleicht möchte ich mich davon überzeugen, wie du es mir vorspielst.“
Amber errötete bis in die Haarwurzeln. „Kommt nicht infrage“, erklärte sie barsch und eilte an ihm vorbei ins Wohnzimmer.
In diesem Moment öffnete sich ohne Vorwarnung die Tür zur Suite, und Kaye Winton trat ein. Bei Ambers Anblick runzelte sie erstaunt die Stirn, und ihre hellblauen Augen wurden plötzlich riesengroß. „Was machen Sie denn hier oben?“
Amber bekam keinen Ton heraus und sah Rocco verzweifelt an.
Seine goldbraunen Augen glänzten. „Ich hatte darum gebeten, jemanden zu schicken, der die Blumen entfernt“, erklärte er ungerührt.
„Die Blumen?“, wiederholte die schöne Brünette.
„Ich bin allergisch dagegen“, log Rocco mit ausdrucksloser Miene.
„Oh nein!“ Kaye eilte zu dem Tisch in der Mitte des Wohnzimmers, ergriff die riesige Glasvase und drückte sie in Ambers hastig ausgestreckte Arme. „Bringen Sie sie sofort hinaus. Es tut mir unendlich leid, Rocco.“
Mit durchnässtem Pullover von dem Wasser, das bei Kaye Wintons achtloser Bewegung aus der Vase geschwappt war, eilte Amber den Korridor hinab. Sie war
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