JULIA WEIHNACHTSBAND Band 22
Blick. „Glaubst du wirklich, dass ich dir diese Geschichte abnehme?“
„Das ist mir ziemlich egal.“ Das stimmte sogar, stellte Amber überrascht fest. Endlich hatte sie die Möglichkeit, sich für das Geschehene von damals zu verteidigen, doch sie rührte sich nicht. Diese Möglichkeit kam über ein Jahr zu spät – eine Zeit, in der sie gezwungen gewesen war, mehr kleine Brötchen zu backen, als gut für sie war. Sie hatte aufgehört, Rocco zu lieben, hatte die Hoffnung aufgegeben, dass er sich mit ihr in Verbindung setzen würde, und gleichzeitig hatte sie aufgehört, sich Gedanken darüber zu machen, was er von ihr halten könnte.
Nachdem er sich von ihr getrennt hatte, hatte Rocco die Klatschkolumnisten mit einer ganzen Reihe wilder Affären erfreut. Damit hatte er ihr die wirksamste Kur für ihr gebrochenes Herz geliefert. Ihr Stolz hatte sich gerührt, und sie war wieder auf die Füße gekommen.
„Hast du schon alles Material über die Wintons beisammen, das du benötigst?“, forschte Rocco angewidert nach.
Der Zorn, der von dem Ansturm ihrer qualvollen Erinnerungen verdrängt worden war, machte sich erneut Luft. „Was bildest du dir ein, mir solche Anschuldigungen an den Kopf zu werfen? Und was gibt dir das Recht, meine Worte kurzerhand als Lügen zu bezeichnen? Dein überlegener Intellekt?“ Ihre grünen Augen funkelten wie Smaragde, und ihr Spott war nicht zu überhören. „Im Moment lässt der dich jedenfalls restlos im Stich.“
„Das glaube ich kaum“, entgegnete Rocco und betrachtete sie kühl.
Amber lachte freudlos auf. „Nein, natürlich nicht. Du würdest niemals auf den Gedanken kommen, dass du dich geirrt haben könntest. Schließlich bist du jemand, der grundsätzlich immer hundertprozentig recht hat und …“
„Was dich betrifft, habe ich mich leider doch getäuscht. Ich war tief verletzt“, brach es wütend aus ihm heraus.
Ich war tief verletzt . So sah Rocco also das Ende ihrer früheren Beziehung? Amber war überrascht. Und gleichzeitig war sie erleichtert, dass nicht nur sie Schmerz, Verwirrung und Selbstvorwürfe erlebt hatte. Allerdings ging es bei Rocco um seinen Stolz, um die zweifellos schmerzende Überzeugung, dass sie ihn irgendwie getäuscht hatte. Es ging nicht um echte Gefühle, höchstens um oberflächliche Empfindungen.
„Leider nicht tief genug“, antwortete Amber scharf und dachte an die elenden Monate, die sie durchlitten hatte, bis sie endlich zur Vernunft gekommen war und ihr Leben wieder in die Hand genommen hatte. „Ich bin sicher, du warst nicht halb so verletzt wie ich.“
„Wie in aller Welt konntest du annehmen, dass ich unsere Beziehung fortsetzen würde nach dem, was du mir angetan hattest?“, fragte Rocco mit einer Heftigkeit, die sie verwirrte. Der Blick seiner schönen Augen ruhte auf ihrem verblüfften Gesicht.
Langsam hatte sie genug von seinen Anschuldigungen. „Dafür kann es doch nur zwei Erklärungen geben, oder?“ Die leichte Brise strich die Strähnen ihres honigblonden Haars von ihren geröteten Wangen. Amber schob ihr Kinn vor, und ihre grünen Augen funkelten ihn wütend an. Rocco stand nur wenige Meter von ihr entfernt. „Entweder war ich eine dumme Gans, die arglos private Dinge gegenüber einer Undercover-Journalistin ausgeplaudert hat, oder ich langweilte mich derartig mit dir, dass ich beschloss, mit einem Riesenknall aus deinem Leben zu scheiden.“
„Unsinn … Du hast dich nie im Bett mit mir gelangweilt“, grollte Rocco selbstbewusst.
Es genügte bereits, wie er das Wort „Bett“ mit seinem breiten italienischen Akzent aussprach. Schon schoss eine bedrohliche Welle der Erinnerungen glühend heiß durch ihre Adern. Um ihn für ihre eigene Schwäche zu bestrafen, verzog Amber den Mund zu einem spöttischen Lächeln. „Woher willst du das wissen, Rocco? Hast du nicht die Statistiken über all die Frauen gelesen, die einen Orgasmus vortäuschen, nur um die Eitelkeit der Männer nicht zu verletzen?“
Kaum hatte sie die provozierenden Worte ausgesprochen, war sie entsetzt über ihre ungewöhnlich giftige Reaktion. Noch stärker erschütterte es sie, wie sehr sie ihrem inneren Bedürfnis gefolgt war, sogar die körperliche Macht zu leugnen, die Rocco einst über sie gehabt hatte. Beschämt und wütend, dass er sie derart gereizt hatte, fügte sie hinzu: „Weshalb vergisst du nicht einfach, dass du mich hier gesehen hast, und wir lassen es dabei bewenden?“
„Den Orgasmus vorgetäuscht …“ Roccos
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