JULIA WEIHNACHTSBAND Band 22
Doch die beiden standen so, dass Sophie nicht in ihren Mienen lesen konnte.
Das war auch gut so, dachte sie und fürchtete, dass ein sehnsüchtiger Ausdruck auf Brams Gesicht liegen könnte.
„Aber es ist schon sehr lange her“, erklärte sie Nick, während ihr Blick immer noch auf Bram ruhte, in dem Versuch, von seiner Körpersprache etwas abzulesen. Hatte er nicht etwas Beschützendes an sich, wie er sich zu Melissa beugte? „Sie waren beide noch sehr jung.“
„Und dir macht das nichts aus?“
Es fiel Sophie schwer, sich wieder Nick zuzuwenden. „Was soll mir etwas ausmachen?“, fragte sie stirnrunzelnd.
„Dass Bram einer von Melissas … wie soll ich es ausdrücken? Abgelegter Freund klingt ein bisschen gemein, nicht wahr. Aber du weißt, was ich meine.“
Sein herablassender Ton ließ sie erröten. „So sehe ich Bram ganz und gar nicht.“
„Ich weiß ja, dass du ihn immer sehr gern gehabt hast“, sagte Nick nachsichtig, „aber ich muss zugeben, dass ich doch ein bisschen überrascht war, als ich die Neuigkeit hörte.“
„Und warum?“ Herausfordernd sah sie ihn an.
Ein Lächeln spielte um Nicks Mund. „Nun, ich glaube nicht, dass Bram unbedingt dein Typ ist. Ich weiß, dass Melissa immer noch eine Schwäche für ihn hat, und er ist ja auch ein netter Kerl. Aber für dich ist er wohl nicht aufregend genug. Du warst doch immer so erfrischend leidenschaftlich, Sophie.“
Eindringlich sah er sie an. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein grobschlächtiger Farmer dir das geben kann, was du brauchst.“
„Ach nein? Dann hast du wohl wenig Fantasie, Nick.“ Sophie wurde allmählich wütend, denn seine gönnerhafte Art Bram gegenüber gefiel ihr nicht. „Bram gibt mir genau das, was ich brauche. Außerdem ist er absolut mein Typ, und zufällig finde ich ihn sehr aufregend.“
„Dann habe ich mich offenbar geirrt“, meinte Nick, doch sein zweifelndes Lächeln strafte seine Worte Lügen. „Und natürlich freue ich mich für dich. Melissa und ich waren sehr besorgt, weil du so lange gebraucht hast, um über unsere Beziehung hinwegzukommen. Ich weiß, wie schwer es für dich war.“
„Ach ja?“
Wie hatte sie sich gequält wegen dieses Mannes, wie viele Tränen vergossen – aber wofür eigentlich? Eingehend sah sie ihn an und fragte sich, ob sie Nick je richtig gekannt hatte. Oder war sie nur von körperlicher Leidenschaft und der Vorstellung von Liebe beherrscht gewesen, statt diesen Mann wirklich zu lieben? Inzwischen konnte sie sich kaum noch vorstellen, dass sie ihn anziehend gefunden hatte. Jetzt kam sie sich nur noch töricht vor, weil sie sich so lange an einen Traum geklammert hatte, der es kaum wert gewesen war.
Nick grübelte immer noch über Sophies Beziehung zu Bram. „Natürlich hat Bram auch sehr lange gebraucht, um über Melissa hinwegzukommen. Also habt ihr schon mal was gemeinsam.“
„Ich weiß nicht, was du meinst“, gab Sophie kühl zurück.
„Ich finde es sehr vernünftig von euch beiden, dass ihr das Beste aus der Situation macht und euer Schicksal miteinander teilt“, erklärte Nick freundlich.
Sophie sank der Mut. Genau das taten Bram und sie wirklich, aber das würde sie Nick bestimmt nicht anvertrauen. Sie hätte wissen müssen, dass er solche Vermutungen anstellen würde. Und sollte er Melissa seine Gedanken mitteilen, würde ihre Schwester nie von ihren Schuldgefühlen loskommen.
„Glaubt Melissa das auch?“, fragte sie vorsichtig.
„Nein, Melissa denkt, dass ihr beide im siebten Himmel seid. Weil sie es glauben will.“
„Meinst du nicht, es könnte auch daran liegen, dass sie Bram und mich besser kennen als du?“, widersprach Sophie kühl, doch Nick lachte nur, legte einen Arm um ihre Schulter und drückte sie.
„Kein Grund, so grimmig zu schauen, Sophie“, sagte er, während sie seinen Arm abschüttelte. „Dein Geheimnis ist bei mir sicher verwahrt.“
„Was ist das denn für ein Geheimnis?“, fragte Melissa, die sich mit Bram zu ihnen gesellte und die letzten Worte mitbekommen hatte.
„Ach nichts.“ Sophie war rot geworden. Sie sah zu Bram und überlegte, ob er mitbekommen hatte, wie sie sich aus Nicks Umarmung befreite. Doch seine Miene verriet keine Gefühlsregung.
„Das ist Sophies und mein Geheimnis“, erklärte Nick seiner Frau. „Und es hat auch keinen Sinn, weiter nachzufragen, Liebling. Ich werde es niemals verraten.“
Sophie glaubte zu erkennen, dass Melissas Lächeln nur aufgesetzt war. Jedenfalls gab Nick ihr
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