JULIA WEIHNACHTSBAND Band 22
letzten Worte wieder ein. Wir ha ben keine gemeinsame Zukunft, Jodie. Leb wohl. Konnte etwas endgültiger klingen?
Jodie atmete tief durch. Beruf und Privatleben musste sie trotz alledem strikt voneinander trennen. Die Patienten durften nicht darunter leiden, dass sie Liebeskummer hatte.
Als Erstes wollte sie Julianne, Sams Sekretärin, bitten, einen Gesprächstermin für Caitlins Eltern mit Sam zu vereinbaren.
„Ist Caitlin Truman nicht Ihre Patientin?“, betonte Julianne und musterte Jodie kritisch.
„Das stimmt.“
„Sollten dann nicht Sie mit den Eltern sprechen?“
Jodie wusste, dass Julianne nur ihre Arbeit machte – dem Oberarzt nach Möglichkeit den Rücken freizuhalten, statt ihn noch zusätzlich zu belasten. Doch gleichzeitig war Julianne ein echter Drachen. Ihre vollkommene Unnahbarkeit unterstrich sie zusätzlich mit ihrem Äußeren: Ihr Haar hatte sie streng zurückgebunden, wählte mit Vorliebe klassische schwarze Kostüme und trug eine Brille, die ihr stets auf die Nasenspitze zu rutschen schien, sodass sie jeden, der ihren Chef zu belästigen drohte, über den Rand der Gläser argwöhnisch musterte.
„Die Eltern brauchen weitere Informationen, die nur Dr. Taylor ihnen geben kann“, erklärte Jodie scheinbar ruhig, während sie gegen das Bedürfnis ankämpfte, Julianne die Augen auszukratzen. Es war schließlich nicht die Schuld der Sekretärin, dass Sam und sie Probleme miteinander hatten.
„Ich möchte sicherstellen, dass sie die bestmögliche Beratung bekommen“, fuhr Jodie fort.
„Hmmm.“ Julianne blickte auf den Computerbildschirm und schüttelte den Kopf. „Dr. Taylor hat sehr viel zu tun. Er hat in der nächsten Zeit keinen Termin frei.“
Jodie grub ihre Fingernägel in ihre Handflächen, um nicht laut zu werden. Sie hasste diese Überheblichkeit.
„Caitlin Truman ist möglicherweise sehr krank.“
Juliannes Mund wurde schmal. „Ich kann nicht zaubern, wie Sie wissen.“
„Gibt’s hier ein Problem?“, fragte plötzlich eine Stimme hinter ihnen.
Verdammt. Warum hatte ihr feines Gespür für Sams Nähe sie dieses Mal im Stich gelassen? Aber vielleicht war das ein gutes Zeichen, hoffte sie insgeheim. Vielleicht war sie auf dem besten Weg, sich von Sam zu befreien. Sie nahm alle Kraft zusammen und drehte sich zu ihm um.
„Die Trumans würden gern mit dir sprechen“, erklärte sie. „Ich hatte gehofft, du könntest ihnen weiterhelfen.“
„Ich verstehe.“
Er machte es ihr nicht einfach, dachte sie wütend. Wenigstens etwas entgegenkommender könnte er schon sein.
„Natürlich weiß ich, dass du sehr viel zu tun hast“, fuhr sie mit einem Seitenblick auf Julianne fort. „Deshalb hatte ich Julianne gebeten zu prüfen, ob du vielleicht irgendwann etwas Zeit hast. Ich wäre dir sehr dankbar.“
In diesem Augenblick wünschte Sam seine Sekretärin ans Ende der Welt. Er stand so dicht neben Jodie, dass er den Duft ihres Schaumbades wahrnahm, in dem sie am Weihnachtsabend gemeinsam gelegen hatten. Ihre Miene war ausdruckslos und ihr Ton förmlich, doch ihre Augen sandten ihm eine völlig andere Botschaft. Verzweifelt sah sie ihn an, bittend und gleichzeitig wütend, als hätte sie ihm am liebsten eine Ohrfeige verpasst.
Er zwang sich, höflich zu bleiben. Dabei wünschte er nichts sehnlicher, als sie zu berühren, sie in die Arme zu nehmen und ihre zarte Haut an seiner zu spüren. Bis zur Besinnungslosigkeit wollte er sie küssen, bis auch sie jeden Widerstand aufgab und ihre sinnlichen Lippen den seinen nachgaben. Er sehnte sich danach, sich in ihrem Körper zu verlieren und mit ihr den Himmel auf Erden zu erleben.
Doch er durfte seinem Verlangen nicht nachgeben, er musste ihre Bedürfnisse über die seinen stellen. Nie dürfte er aus den Augen verlieren, was Jodie alles aufgab, wenn er sich nicht aus ihrem Leben zurückzog. Im Moment schien es ihr vielleicht nicht nachvollziehbar, doch was würde in fünf Jahren sein? Er könnte es nicht noch einmal ertragen, dafür verantwortlich zu sein, dass sich der Lebenstraum einer Frau nicht erfüllte. Nein, er musste sich einen neuen Job suchen und Jodie die Chance geben, ihn zu vergessen.
Er selbst allerdings würde sie niemals vergessen können. Nachts träumte er von ihr, und tagsüber kreisten seine Gedanken nur um sie. In den quälendsten Momenten stellte er sich sogar vor, wie es sein würde, wenn sie von ihm schwanger werden könnte. Wenn sie ein kleines Mädchen hätten mit seinem dunklen Haar und ihren
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