JULIA WEIHNACHTSBAND Band 22
keine Chance, es behandeln zu lassen. Ich habe es machen lassen, als ich älter war, doch es war zu spät. Angela hatte sich so sehr Kinder gewünscht, aber …“ Er zuckte die Achseln. „Wir haben es testen lassen, es lag an mir.“
Jodie wünschte verzweifelt, sie könnte ihn in die Arme nehmen. Doch sein Körper signalisierte ihr vollkommene Abwehr.
„Es tut mir so leid, Sam.“
„Nachdem wir die Testergebnisse hatten, verschlechterte sich unsere Beziehung zusehends. Es lag nicht an Angela, ich … Ich wusste, dass Angela sich ein Leben ohne Kinder nicht vorstellen konnte, und ich hatte mir selbst so sehr eine Familie gewünscht. Als Ablenkung habe ich mich vollkommen in meiner Arbeit vergraben und bin Angela ausgewichen. Ich konnte nicht darüber sprechen.“ Seine Stimme brach.
Er musste nicht mehr sagen. Es war offensichtlich, dass sie ihn verlassen hatte.
„Sam, es gehören immer zwei dazu, wenn eine Beziehung zerbricht.“ Jodie nahm seine Hand. „Es war nicht nur dein Fehler.“
„Jodie, ich möchte darüber nicht streiten. Ich bin nicht der Richtige für dich.“ Seine Stimme war kalt und duldete keinen Widerspruch.
Sie war sicher, dass er ebenso litt wie sie. Doch er würde nicht den ersten Schritt machen, dafür war er zu stolz. Also musste sie handeln. Sie würde nicht von Liebe sprechen, dafür war nicht der rechte Augenblick, doch sie konnte nicht einfach gehen und ihn hier allein zurücklassen.
„Verstehe ich dich richtig: Du könntest dir vorstellen, dein Leben mit mir zu verbringen?“, fragte sie vorsichtig.
„Nein, du verstehst mich falsch. Vollkommen falsch.“ Die Muskeln an seinen Schläfen traten hervor. „Du liebst Kinder so sehr.“
„Deshalb bin ich Kinderärztin geworden“, erwiderte sie ruhig. Und sie ahnte auch, warum es ihn auf die Kinderstation gezogen hatte.
„Nein, es ist mehr als das“, wandte er ein. „Ich sehe dich auf der Station, wenn du die Babys auf den Arm nimmst und ihnen Schlaflieder singst oder wenn du mit den Größeren spielst. Das geht weit über deinen Job hinaus. Du kommst ja sogar, wenn du keinen Dienst hast.“
„Zugegeben, die Kinder bedeuten mir viel.“ Sie zuckte die Achseln. „Und?“
„Jodie, du hast gesagt, du wünschst dir Kinder. Diese Zukunft kann ich dir nicht geben. Niemals.“ Niedergeschlagen senkte er den Kopf. „Verstehst du nicht? Jetzt spielt es vielleicht noch keine Rolle. Doch irgendwann wird dein Wunsch nach einem Kind größer, und er wird unsere Liebe zerstören. Dein Kinderwunsch wird dein Leben bestimmen, und du wirst beginnen, mich zu hassen.“
„Nein, niemals“, widersprach sie.
Oh doch, es würde passieren. Er hatte es einmal erlebt, und er würde es kein zweites Mal ertragen. Er konnte nicht den Rest seines Lebens zwischen Bangen und Hoffen verbringen und darauf warten, dass sie ihn letztendlich doch verließ.
Seine grauen Augen hatten sich wieder getrübt. Sie sah es, als er sie anschaute.
„Kannst du mich ansehen und mir sagen, dass du niemals Kinder willst?“
„Ich …“, Jodie brach ab. Konnte sie? In diesem Augenblick wollte sie nur mit Sam zusammen sein. Nie zuvor hatte sie sich so sehr nach jemandem gesehnt. Doch war das genug – für sie beide? Schließlich seufzte sie und bat: „Gib mir Zeit, darüber nachzudenken.“
„Genau das ist es. Du wirst darüber nachdenken und erkennen, dass ich recht habe.“
Jodie schüttelte den Kopf. „Das meine ich nicht. Ich brauche Zeit, um mich von dem Gedanken an Kinder zu verabschieden. Es war für mich immer selbstverständlich, eine Familie zu haben.“ Sie schluckte. „Doch wenn es nicht sein soll, dann kann ich damit leben. Wir haben uns, wir werden es schaffen.“
„Du wirst nie spüren, wie es ist, wenn ein Baby in deinem Bauch heranwächst, wie es ist, wenn du dein Neugeborenes zum ersten Mal siehst. Ich kann nicht zulassen, dass du darauf verzichtest.“
„Es ist meine Entscheidung“, betonte Jodie.
„Du wirst es bereuen“, beharrte er. „Nicht heute und nicht morgen. Aber glaub mir, der Tag wird kommen, an dem du diese Leere in deinem Herzen spürst, die nichts und niemand füllen kann.“ Die Worte kamen, ohne dass er darüber nachdachte. Es war genau das, was er selbst all die Jahre empfunden hatte. „Du wirst nicht aufhören können, darüber nachzudenken. Immer, wenn du jemanden mit einem Baby siehst, wirst du leiden, weil du weißt, dass dir dieses Glück nicht vergönnt ist. Du wirst anfangen, dich zu fragen, warum es
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