JULIA WEIHNACHTSBAND Band 22
fortgeschritten ist, dass sie schwere Herzrhythmusstörungen ausgelöst hat. Wir werden den Eltern schonend beibringen müssen, dass sie über eine Transplantation nachdenken sollten. Und da hätte ich dich gern an meiner Seite“, erklärte Sam bemüht sachlich.
Warum ich?, fragte sie sich verzweifelt. Doch sie kannte die Antwort: Nach Sams Meinung wirkte sie beruhigend und vertrauenerweckend auf die meisten Eltern. Selbst in Fällen wie diesem, wenn eine lebensbedrohende Krankheit vorlag und nur eine Operation das Kind retten konnte. „Selbstverständlich, Sam“, erwiderte sie tonlos.
Wie konnte er so verdammt distanziert sein? Jodie hatte gestern lange an Conors Bett gesessen, seine Dinosaurier bewundert und sich von ihm erzählen lassen, zu welcher Art sie gehörten, was sie aßen und wie sie gelebt hatten. Conor war fröhlich und intelligent, ein liebenswerter kleiner Bursche. Es schien so ungerecht, dass das Leben eines Kindes am seidenen Faden hing. Alle auf der Station würden mit dem Kleinen und seinen Eltern leiden, wenn eine Transplantation nicht glückte – alle, außer vermutlich Sam Taylor. Für Dr. Frost war Conor ein Fall, nicht mehr.
Doch als sie sich gerade abwandten, um nach dem nächsten kleinen Patienten zu schauen, sah Jodie, dass Sam zurückblieb und Conor sanft über die Wange strich. Diese kleine Geste war so zart und liebevoll, dass Jodie sie die Tränen in die Augen trieb.
Sie hatte ihm unrecht getan, er war nicht gefühllos und kalt. Tief in seinem Inneren gab es Wärme und Zärtlichkeit, Gefühle, die zwischen ihnen immer wieder kurz aufgeblitzt waren. Doch warum konnte er dann nicht zu ihrer Liebe stehen? Sie hatten etwas so Besonderes geteilt, und er gab es einfach auf, hörte auf seinen Verstand und nicht auf sein Herz. Er hatte ihr beteuert, dass er sie liebte, doch es konnte nicht die Wahrheit gewesen sein.
Am nächsten Tag saßen Sam und Jodie gemeinsam mit Conors Eltern im Besprechungszimmer.
„Ist es ernst, Doktor?“, fragte Mr. Bentley angsterfüllt.
Sam nickte. „Ihr Sohn ist leider sehr krank. Er hat sich einen Virus eingefangen, und der verursacht manchmal Herzprobleme – unglücklicherweise auch bei Conor. Es kann sein, dass er sich erholt, doch er wird nicht wieder ganz gesund werden. Sobald er sich zu sehr anstrengt, besteht immer die Gefahr, dass sein Herz nicht mehr arbeitet.“
„Wir haben ihm Medikamente gegeben, um die Entzündung einzudämmen“, erklärte Jodie. „Doch der Herzmuskel ist schon sehr angegriffen. Möglicherweise hilft nur noch eine Transplantation.“
„Kann man die Krankheit nicht medikamentös behandeln?“, verlangte Mrs. Bentley verzweifelt zu wissen.
„Leider nicht, dafür ist sie zu weit fortgeschritten. Mit einer Transplantation hat er die beste Überlebenschance“, erwiderte Sam ruhig.
„Wann werden Sie operieren?“, Mr. Bentley bemühte sich sichtlich, sachlich zu bleiben.
„Sobald wir ein passendes Spenderherz bekommen. Vorher müssen wir noch einige Vorbereitungen treffen, damit Conors Körper das neue Herz annimmt“, erklärte Jodie.
„Bitte, tun Sie alles, um ihn zu retten“, bat Mr. Bentley um Fassung ringend. „Conor ist alles für uns. Wir haben so lange auf ein Baby gewartet und hatten die Hoffnung schon fast aufgegeben. Erst eine künstliche Befruchtung hat unseren Wunsch endlich erfüllt.“
„Wir würden es nicht ertragen, ihn zu verlieren. Bitte, tun Sie, was in Ihrer Macht steht.“ Mrs. Bentley hielt die Hand ihres Mannes so fest, dass die Knöchel weiß hervortraten.
Jodies Blick traf Sams, und sie konnte ihm kaum standhalten. Jahr um Jahr hatten die Bentleys auf ein Kind gehofft, und jetzt sollte es ihnen genommen werden … Wie fühlte Sam sich dabei?
Nein, sie durfte darüber jetzt nicht nachdenken. Sie musste sich auf die Eltern konzentrieren.
„Wir tun, was wir können, Mrs. Bentley“, versprach sie. „Er ist ein toller kleiner Junge.“ Sie zwang sich zu lächeln, obwohl sie am liebsten mit Mrs. Bentley geweint hätte. „Ich schätze, er weiß schon jetzt mehr über Dinosaurier, als ich je lernen werde.“
„Über Raketen weiß er noch mehr. Er möchte Astronaut werden.“ Mr. Bentley biss sich auf die Lippen. „Ich denke, dieser Traum wird sich jetzt nicht mehr erfüllen lassen.“
„Eine Herztransplantation bedeutet nicht, dass Conor den Rest seines Lebens krank sein wird“, betonte Jodie. „Und die Chirurgen am Papworth-Klinikum haben viel Erfahrung.“
Mr. Bentley sah
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