Julia Winterträume Band 8 (German Edition)
wusste, wie du bist, und sie deshalb beschützen wollte.“
Ohne nachzudenken, holte Sasha aus, um ihn zu ohrfeigen, doch Gabriel war schneller und kam ihr zuvor. Ehe sie wusste, wie ihr geschah, riss er sie in die Arme und küsste sie brutal, um ihr zu zeigen, wer Herr der Lage war. Der Druck seiner Lippen schmerzte, sie wehrte sich verzweifelt, konnte nicht mehr klar denken und biss ihn in die Unterlippe …
Auf einmal schmeckte sie Blut. Im nächsten Moment stieß Gabriel sie so grob von sich, dass sie fast gestürzt wäre. Seine Augen funkelten mörderisch, während er sich mit dem Handrücken über die blutende Lippe wischte.
„Miststück!“ Ohne ein weiteres Wort ließ er sie stehen und eilte die Treppe hinunter.
Aufgelöst blieb Sasha zurück. Furcht und Verlangen kämpften in ihr, Hass und …? Das Gegenteil von Hass war Liebe, aber sie liebte ihn nicht. Mit dem Handrücken fuhr sie sich über die Augen und bemerkte dann entsetzt, dass er nass von Tränen war.
Es machte den besonderen Reiz des Hotels aus, dass es in mancher Hinsicht immer noch eine Privatvilla war, fand Sasha. Sie stand im Schlafzimmer der Privatsuite im obersten Stockwerk, die Carlo von jeher vom Hotelbetrieb ausgenommen und ausschließlich für sich und seine Familie beansprucht hatte.
In der darunterliegenden Etage gab es eine weitere sehr geräumige und drei kleinere Suiten. Alle übrigen Schlafzimmer befanden sich in den ehemaligen Stallungen des Anwesens. Die Empfangsräume waren im Stil einer Privatvilla gestaltet und eingerichtet, im rückwärtigen Teil des Hauses war ein weitläufiger Wintergarten mit einem Essbereich angebaut worden, der auf eine Terrasse hinausging. Dahinter lag der Swimmingpool. Für einen reichen Mann wie Gabriel musste es ein Leichtes sein, den Besitz in eine Privatvilla zurückzuverwandeln, die sehr viel gemütlicher wäre als der festungsähnliche Bau in den Bergen, in dem sein Großvater gelebt hatte.
Sasha verbot sich, weiter an Gabriel zu denken.
Während ihrer Ehe hatten sie und Carlo getrennte Schlafzimmer gehabt. Ihres hier bot einen herrlichen Blick aufs Meer und wurde von zarten Blau- und Türkistönen und naturfarbenen Stoffen beherrscht. Ich muss Maria wegen des Essens anrufen, fiel Sasha ein, und sie nahm den Hörer auf.
Nach dem Anruf streifte sie das Leinenkleid ab und ging ins Bad, um ihr Bein zu säubern. Nachdem sie sich neuerdings viel mit den Jungen im Freien aufhielt, hatte ihre Haut eine zarte Bräune angenommen, sie war nicht mehr so blass wie noch vor Wochen, als sie stundenlang an Carlos Bett gesessen hatte. Doch Sasha blickte kaum in den Spiegel. Nach den aufwühlenden Ereignissen des Vormittags hatte sie starke Kopfschmerzen und schluckte zwei Aspirin.
Warum nur hatte Carlo ihr das angetan? Er musste doch gewusst haben, was dann aus ihr werden würde. Dabei hatte er ihr immer wieder versprochen, niemals …
Aber natürlich wusste sie, warum er es getan hatte. Auf diese Weise hatte er für Sam und Nico vorsorgen wollen. Auch für sie, Sasha? Hatte er wirklich geglaubt, sie würde zulassen, dass Gabriel für ihren Unterhalt aufkam, dass er überhaupt dazu bereit war? Doch wer wusste schon, was für Erwägungen dem Sterbenden durch den Kopf gegangen waren?
Geistesabwesend säuberte Sasha die kleine Wunde. Auf ihrem Kleid entdeckte sie einen getrockneten Blutfleck. Kurz entschlossen ging sie ins Schlafzimmer und nahm Jeans und T-Shirt aus dem Schrank. Zu gern hätte sie geduscht, bevor sie sich umziehen und nach unten gehen würde, doch die Jungen hatten sicher großen Hunger.
In der Küche traf Sasha die Zwillinge und Maria an, die ins Hotel herüberkam und für sie arbeitete, wenn sie da waren. Die Jungen saßen bereits an dem großen alten, sauber geschrubbten Küchentisch.
„Sieh mal, Mum, mit den Eiern von Flossie und Bessie will Maria einen Kuchen backen“, verkündete Sam stolz.
Flossie und Bessie waren die Zwerghühner der Jungen – auch sie gehörten zu Sashas Erziehungsprogramm. Sie hielt es für wichtig, dass die Kinder lernten, was sie aßen, woher ihr Essen stammte und wie es zubereitet wurde.
„Wir wollen Schokoladenplätzchen backen, aber erst nach dem Essen.“
„Prima“, lobte unerwartet eine tiefe Stimme aus dem Hintergrund.
Unwillkürlich blickte Sasha auf Gabriels Mund. Seine Lippe blutete nicht mehr, sie war jedoch leicht geschwollen. „Schokoplätzchen mag ich am liebsten.“
Was war nur mit ihr los? Sasha rief sich zur Ordnung. Sie musste
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