Julia Winterträume Band 8 (German Edition)
Gesichter. Catarinas Wangen brannten. Sie wusste, wie sie aussah … Ungeschminkt – Kosmetika waren in der Klosterschule nicht erlaubt, kunstvolle Frisuren auch nicht. Und dann dieses schlammbraune Ding, das sie in der Nähstunde geschneidert hatte. Sie konnte das Gemurmel regelrecht hören: Was machte ein Mädchen wie dieses mit einem Mann wie ihm, der alle anderen Männer ausstach?
Eine gute Frage.
Der Liftboy grüßte ihn mit Namen, als Ramirez sie vor sich in die Kabine schob. Schweigend fuhren sie nach oben. Auf dem Gang im Stockwerk seiner Suite zog er sie hinter sich her.
„Es ist völlig unnötig, so an mir herumzuzerren.“ Zu ihrem Entsetzen zitterte ihre Stimme. Um es zu kaschieren, hüstelte sie.
Sie musste fast rennen, um mit ihm Schritt zu halten. In der Schule war sie eines der größten Mädchen gewesen, selbst größer als die wenigen Männer, denen Einlass durch das schmiedeeiserne Tor gewährt worden war. Doch sie musste den Kopf heben, um ihren Kaper anschauen zu können. Es gefiel ihr nicht. Sie kam sich erdrückt vor.
„Ich sagte …“
„Ich habe es gehört.“ Einmal die Karte durch den Schlitz ziehen, und die hohen Doppeltüren der Suite schwangen auf. Catarina blieb stocksteif stehen, und Jake schob sie unsanft mit der Hand an ihrem Rücken in das Zimmer hinein. Erst als die Tür verriegelt war, knipste er das Licht an. Ein Lüster von der Größe ihrer Kemenate im Kloster flammte auf.
Sie befanden sich in einem Wohnraum, der ihr den Atem raubte. Überall üppige Blumenarrangements, die Fensterfront zeigte Rio im strahlenden Glanz seiner Nachtlichter.
„Okay“, begann Ramirez. „Zuerst sollten wir einige Dinge klarstellen.“
Er stand in der Mitte des Raumes, die Arme vor der Brust verschränkt, die Augenbrauen zu einem finsteren Stirnrunzeln zusammengezogen. Catarina blinzelte. Er wirkte riesig und überwältigend männlich.
Lass niemals wissen, dass du Angst hast – eine Philosophie, die sie in der schrecklichen Zeit nach dem Unglück ihrer Eltern gerettet hatte. Trotzdem schwand ihre Courage rapide. „Das Wesentliche haben Sie doch schon deutlich gemacht – Sie haben das Sagen, und ich muss gehorchen.“
„Ich habe das Sagen, wie Sie es ausdrücken, weil Ihre Eltern es so gewollt haben.“
„Das stimmt nicht!“ Der Ärger half ihr. „Sie übergaben mich der Obhut meines Onkels.“
„Richtig. Aber dann haben Sie auch ihn verloren. Es muss ein Schlag für Sie gewesen sein.“
Der „Schlag“ war erst heute erfolgt. Aber das würde sie ihm nicht sagen. „Stimmt. Er gehörte zur Familie.“
„Und ich nicht.“
„Nein.“ Ihr Kopf ruckte hoch. „Ich kenne Sie nicht. Ich weiß überhaupt nichts über Sie.“
Er zeigte ein freudloses Lächeln. „Dann sind wir ja quitt.“
„Sie wussten zumindest, wohin wir fahren, als wir die Schule verließen. Sie wissen, wohin es weitergeht. Sie wussten“, ihre Stimme begann zu zittern, „dass Sie die Kontrolle über mein Schicksal übernehmen würden, während ich noch dachte, ich würde endlich frei sein.“ Sie schluckte. „Erklären Sie mir wenigstens, warum Sie diesem … dieser unmöglichen Vereinbarung zugestimmt haben.“
Die Frage war wahrlich nicht unberechtigt, wie Jake sich eingestand. Ihre Eltern, das Schicksal und dieser verwünschte Enrique Ramirez hatten ihr Leben in seine Hände gegeben. Bis jetzt hatte sie sich gut gehalten, aber das war nur Fassade. Das Beben in ihrer Stimme, die hektischen roten Flecken in ihrem sonst bleichen Gesicht waren eindeutige Zeichen. Catarina Mendes war aus dem einzigen Zuhause fortgerissen worden, das sie kannte, einem Fremden zugeschoben, der ihr Leben bestimmen sollte, obwohl sie volljährig und eine Frau war …
Diesen Aspekt würde er besser beiseitelassen.
Sie hatte Angst, und er konnte es ihr nicht verdenken. Vielleicht sollte er es anders anfangen. „Miss Mendes, warum setzen wir uns nicht …“
„Ich will mich nicht setzen.“
„Gut, ich mich schon. Es war ein langer Tag. Ich bin müde, gereizt und halb verhungert.“ Er griff nach dem Telefon. „Was möchten Sie?“
„Meine Freiheit.“
„Das kann ich mir vorstellen. Aber …“
„Aber Sie wollen sie mir nicht geben.“
„So einfach, wie Sie sich das vorstellen, ist es nicht.“
„Doch, ist es“, protestierte Catarina verzweifelt. „Sie brauchen nur diesem Anwalt zu sagen, dass Sie verzichten.“
„Na schön, nehmen wir mal an, ich lasse Sie jetzt gehen. Was passiert als
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