Julia Winterträume Band 8 (German Edition)
Als würde sie sich fragen, wie es wohl sein mochte, die Haut eines Mannes zu berühren. Mit den Fingern darüber zu fahren und den Unterschied zwischen ihrer Sanftheit und seiner Rauheit zu erkunden.
Denn unter diesem hässlichen Kleid musste sie ganz Samt und Seide sein, warm und golden, ohne je eines Mannes Hand gespürt zu haben. Noch nie hatte eines Mannes Hand an ihren Brüsten gelegen, nie hatten die Knospen die Liebkosungen eines Mannes erfahren oder seinen warmen Atem an ihnen gefühlt.
Jake schüttelte diese irrwitzigen Bilder hastig ab, zog die restliche Kleidung aus und stieg unter die Dusche.
Minuten später, wieder bei Verstand und in alten Jogginghosen und ausgewaschenem Sweatshirt, kam er in den Wohnraum zurück. Die Tür zum zweiten Schlafzimmer war noch geschlossen.
Was natürlich nicht automatisch bedeutete, dass sich sein Schützling auch hinter dieser Tür befand.
Dumm von ihm, sie unbeaufsichtigt zu lassen. Aber die Suitentür war noch von innen verriegelt. Solange Catarina also nicht durchs Schlüsselloch gekrochen war, musste sie …
Die Tür ging auf. Jake fuhr herum.
Da stand Catarina Mendes. Den hässlichen braunen Sack hatte sie gegen ein langes weißes Nachthemd eingetauscht, über dem sie einen der weißen Hotelbademäntel trug. Sie hatte wohl nicht erwartet, ihn hier vorzufinden. Hastig band sie den Gürtel des Bademantels fest. Doch Jake hatte vorher genug Zeit, um einige Dinge zu registrieren.
Zum einen, dass das Nachthemd so bieder und unfeminin war wie nur möglich.
Er schluckte mit trockener Kehle.
Zum anderen, dass manche Dinge nicht immer die gewünschte Wirkung erzielten. Dieses züchtige Ding betonte all die Stellen, die es eigentlich keusch verdecken sollte. Jake erkannte endlos lange Beine unter dem Stoff, volle, runde Brüste und aufgerichtete Brustspitzen.
„Oh“, sagte sie.
Oh. Allerdings.
Jake richtete den Blick bewusst auf ihr Gesicht. Das half aber nicht. Nicht, wenn sie ihn mit diesen großen dunklen Augen ansah, in denen die Angst und Verletzlichkeit lagen, die sie bisher so gut verheimlicht hatte. Nicht, wenn ihr das frisch gewaschene Haar in den Braun- und dunklen Goldtönen eines Herbstwaldes über die Schultern floss.
Auf den Boden zu blicken, war ebenfalls keine Lösung. Denn da lugten ihre nackten Zehen unter dem Saum des Nachthemds hervor. Jake war kein Fußfetischist. Füße fielen ihm nur auf, wenn sie in hochhackigen Pumps steckten. Warum also hatten diese Zehen, ohne Stilettos und nicht einmal mit Nagellack, eine solche Wirkung auf seine Hormone?
„Ich wusste nicht …“, brachte sie verlegen hervor.
Jake unterdrückte ein Stöhnen. „Nein, ich auch nicht.“
Ihm war klar, dass sie über zwei verschiedene Dinge sprachen, aber er konnte sich glücklich schätzen, dass er überhaupt einen Ton herausbrachte. Und noch glücklicher, als das Klopfen an der Tür von der Ankunft des Zimmerservice kündete.
„Ich komme“, rief er und zuckte bei seiner Wortwahl zusammen. Weil er an so etwas überhaupt nicht denken sollte.
Und weil er sich selbst etwas vorzumachen versuchte.
Sein Mündel, das man ihm aufgezwungen hatte, war kein Kind mehr. Catarina Mendes war eine Frau, eine umwerfende Frau, unberührt, rein wie frisch gefallener Schnee, noch von keinem Mann erweckt.
Er hatte sie in den nächsten zwei Monaten vor der Welt da draußen zu beschützen, vor den Gefahren, die sie gar nicht erkennen würde, und vor den Männern, die mit Sicherheit angerannt kommen würden, sobald sie sie sahen.
Einen dieser Männer würde er auswählen müssen, der sie heiratete.
Der ihr die Unschuld nehmen würde.
Der Catarina Mendes in sein Bett holen würde.
Es klopfte ein zweites Mal. Jake schüttelte sich leicht und ging zur Tür.
„Guten Abend, Sir. Ich bringe Ihnen das gewünschte …“
Nein, das hatte er sich nicht gewünscht. Nicht die Frau, nicht das Testament …
„Sir?“
„Ja, sicher“, sagte Jake schroff. „Stellen Sie es da ab.“
4. KAPITEL
Catarina hatte sich geschworen, nicht einen Bissen anzurühren.
Sie rührte nicht an, sie schaufelte in sich hinein!
Natürlich nicht gleich. Zuerst sah sie reglos zu, wie Jake die Hauben von den silbernen Servierplatten hob, ein anerkennendes „Ah“ hier und ein nachdenkliches „Mhm“ dort brummelte, sich hinsetzte und seinen Teller füllte.
Als er sich schließlich über etwas hermachte, das wie ein Pilz-Käse-Omelett aussah, knurrte ihr Magen höchst unmanierlich.
Wollte er all das
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