Julia Winterträume Band 8 (German Edition)
kränken.“
„Ich habe die Nähstunde immer gehasst“, schluchzte sie. „Ich hasse Nähen!“
Mannomann, dachte Jake. Hilflos legte er die Arme um sie. „Nicht weinen, bitte.“
„Ich weine nicht.“ Die Tränen rannen nur noch ergiebiger. „Ich weine nie.“
Schon möglich, aber im Moment heulte sie herzzerreißend. Ungelenk zog Jake sie enger an sich, strich ihr unbeholfen über den Rücken.
„Und Leute werde ich auch nicht treffen. Nur Männer, damit Sie einen achtbaren brasilianischen Ehemann für mich finden können. Wissen Sie, was das bedeutet, Senhor?“
Im Moment wusste er gar nichts mehr, nicht, wenn er Catarina in den Armen hielt. Es hatte eine tröstende Geste sein sollen. Brüderlich, onkelhaft. Aber jetzt … Sie schmiegte sich an ihn, weich und warm, barg das Gesicht an seiner Schulter, sodass ihr Haar ihn an der Nase kitzelte. Sie roch nach Seife und Shampoo, und er spürte ihre unendliche Traurigkeit. Und er war der Grund für ihren Kummer, er trug die Schuld an ihrem Unglück.
„Ein achtbarer brasilianischer Ehemann, Senhor“, schluchzte sie, „wird mich als Besitz betrachten.“
„Schsch …“
„So ist das dort. Der Mann ist der König.“
„So einen Mann werde ich nicht auswählen.“
„Sie werden den ersten Mann wählen, der die Bedingungen erfüllt.“ Sie hob den Kopf und sah zu ihm auf. „Das haben Sie selbst gesagt. Ihnen bleiben nur zwei Monate, um mich zu verheiraten.“
„Catarina …“
„Ich kann nicht verstehen, wie Sie sich für so etwas hergeben können! Was gewinnen Sie dadurch, das so wichtig ist?“
Wie sollte er ihr darauf antworten, wenn er damit mehr von sich preisgeben würde, als er je einem anderen Menschen anvertraut hatte? Und warum sollte er dieser Frau irgendetwas erklären? Er hatte sich das schließlich nicht ausgedacht.
Jake atmete tief durch, ließ die Arme sinken und trat von ihr zurück. „Es ist spät“, meinte er tonlos. „Wir haben morgen einen langen Tag vor uns.“
In ihren Augen, immer noch voller Tränen, glitzerte jetzt auch Trotz. „Ich werde nicht mit Ihnen kommen, Senhor.“
„Und ob Sie das werden! Und … sicher können Sie ein Zitat anführen über die Bedeutung einer höflichen Anrede, aber ich bin es leid, ständig von Ihnen ‚Senhor‘ genannt zu werden. Ich heiße Jake.“
„Mutter Elisabete sagte Joaquim.“
„Jake“, beharrte er. „Und so werden Sie mich ab jetzt nennen.“
„Mir soll es gleich sein.“
Die Botschaft war eindeutig: Ihr war es egal, weil sie nicht vorhatte, sich von ihm mitnehmen zu lassen.
Jake fuhr sich durchs Haar. Wie hielt ein Mann eine Frau davon ab wegzurennen? Irgendwann, da war er sicher, würde er auf diese ganze verrückte Geschichte zurückblicken und über diese Frage lachen. Bisher hatte er sich noch nie Sorgen machen müssen, dass eine Frau ihm weglief.
Ihm fiel nur eine Lösung ein. Aber bevor er auf die zurückgriff, würde er ein Gentleman sein und Catarina die Möglichkeit geben, sich als Dame zu erweisen.
„Man scheint Ihnen ja eine Menge Dinge in diesem Kloster beigebracht zu haben“, setzte er an. „Hat man Ihnen auch die Bedeutung von Anstand klargemacht?“
Catarina, jetzt mit verschränkten Armen, nachdem die Tränen getrocknet waren, bedachte ihn mit einem hochmütigen Blick. „Natürlich. Anstand und Ehre sind das Wichtigste im Leben.“
„Wenn Sie Ihr Wort geben … ist das eine Frage der Ehre?“
Argwöhnisch neigte sie den Kopf zur Seite. „Sicherlich.“
Jake nickte. „Freut mich, das zu hören. Denn ich werde Sie bitten, mir Ihr Wort zu geben, dass Sie nicht versuchen werden, sich heute Nacht aus diesem Zimmer davonzustehlen.“
„Einverstanden. Ich gebe Ihnen mein Wort, dass ich es nicht versuchen werde.“
„Gut. In diesem Falle werde ich jetzt zu Bett gehen. Und Sie auch. Und Sie denken daran, dass ein Versprechen Ehrensache …“ Jake kniff die Augen zusammen. Fast wäre er ihr doch tatsächlich auf den Leim gegangen.
Catarina schrie leise auf, als er ihr Handgelenk packte. „Was machen Sie da?“
Eine unnötige Frage. Er zog sie mit sich in sein Schlafzimmer.
„Hören Sie auf damit! Senhor!“ Sie sperrte sich, hielt sich am Türrahmen fest. „Jake! Sie können doch nicht …“
„Sie sind clever“, sagte er. Mit einem Ruck löste er ihre Hand vom Rahmen und stieß die Tür mit dem Ellbogen zu. „Aber nicht clever genug.“ Ohne sie loszulassen, ging Jake zur Garderobe, öffnete den Koffer, den er nie ausgepackt
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