Julian und das Ende der Nacht
mir“, protestierte Sara, „wie man alleine schläft, weiß ich schon.“ Sara streifte ihre Pumps ab und schlüpfte samt Kleid unter die Decke und hielt sie hoch. Julian zog seinen Mantel und seine Stiefel aus, unsicher und unbeholfen legte er sich zu Sara. „Nun erzähl.“ Sara schmiegte sich an Julians Brust und spürte, wie sein Herz sich überschlug.
„Ich lebte mein Leben lang in Verstecken, wurde von meinen Brüdern gemieden. Ich gehe auf die Jagd nach menschlichem Blut und ich bin allein. Was ist mit dir?“ „Mir geht es ähnlich. Ich lebe allein. Meine Eltern haben mir ein großes Vermögen hinterlassen, sodass ich nicht arbeiten muss. Angeblich starben sie bei einem Flugzeugabsturz, als ich achtzehn war, doch nach allem, was ich heute erfahren habe, weiß ich nicht mehr, ob das die Wahrheit ist.“ Julian streichelte über Saras blondes Haar. „Vielleicht finden wir es heraus“, flüsterte er. Sara lächelte glücklich. Das war es, dieses Wir, auf das sie so lange warten musste, das hoffnungslos erschien und sie nun in Wärme hüllte.
„Wirst du damit leben können, dass ich Blut trinke?“, fragte Julian mit trockener Kehle. Zum ersten Mal hielt er eine Frau im Arm, deren Blut er nicht vergoss. Zum ersten Mal fühlte er Liebe in sich, die sein Herz heftig schlagen ließ und ihm erlaubte, von einem Leben zu träumen, an das er nie zu denken wagte.
„Henry hat Diana versprochen, sich nur noch von älteren Männern, die ihr Leben gelebt haben, zu nähren. Gibst du mir dasselbe Versprechen?“
„Damit kann ich leben“, versprach Julian.
„Danke“, hauchte Sara. Julian lauschte ihren regelmäßigen Atemzügen, an ihn geschmiegt war Sara eingeschlafen.
17
Ungeduldig lief Lilith in der Festung der Unterwelt hin und her.
„Du machst mich nervös Kind“, wies Richard, der bei einem Glas Wein saß, Lilith zurecht.
„Vater, so sehr ich es schätze, dass Kairon dir diese luxuriöse Burg bauen ließ“, tief atmete Lilith ein und ballte die Fäuste, bevor sie aus voller Brust brüllte: “Ich hasse es hier zu sein!“
„Ich bin sicher, dass Luisa sich bald melden wird“, erwiderte Richard ruhig. Lilith setzte sich zu ihrem Vater ans Kaminfeuer und blickte ihn durchdringend an.
„Hast du bei deinem glorreichen Plan auch bedacht, dass Luisa als Futter der Söhne der Nacht enden könnte und wir hier verrotten?“ Richard wurde nachdenklich. „Wir müssen das Beste glauben, Kind.“
„Ich vermisse Mutter. Ich kann es kaum erwarten, sie wiederzusehen. Glaubst du wir können gutes und reines Blut finden auf der Erde?“ Richard nahm einen kräftigen Schluck Rotwein. „Ich habe mich schon auf der Erde umgesehen und fand das reine Gute hinter Mauern, die die Menschen Kloster nennen. Lilith faltete die Hände. „Oh bitte Luisa, lass dich nicht essen.“
18
Missmutig saß Kairon auf seinem Thron und blickte auf Ismael, der schwer atmend vor ihm kniete.
„Es tut mir leid mein Herrscher, wir haben jeden Zentimeter Erde durchsucht. Wir konnten niemanden finden.“
„Verstärkt die Wachen im Schlossgarten, falls Jared wieder auftaucht und nicht allein ist, will ich vorbereitet sein!“ Ismael erhob sich und verneigte sich tief, bevor er aus dem Saal eilte.
„Ich denke nicht, dass Jared zurückkehrt. Wäre diese Welt sein Ziel, hätte er es anders angefangen“, gab Ariana, die neben ihren Mann stand, zu bedenken.
„Ich bin dankbar, dass du bei mir bist, das hält mich davon ab, verrückt zu werden“, erwiderte Kairon müde. „Ich werde schnell nach Luna sehen, dann komme ich zurück und bringe dich ins Bett.“ Kairon lächelte: „Ich kann es kaum erwarten.“ Wehmütig schaute Kairon seiner Frau nach und wünschte sich nichts sehnlicher, als dass endlich Ruhe einkehren möge.
19
Mit wild schlagendem Herzen und voller Hoffnung verließ Jared sein staubiges Versteck, dass er in einem abbruchreifen Haus gefunden hatte. Ungeduldig fieberte er seinem ersten Sonnenaufgang entgegen. Hastig öffnete Jared die Knöpfe seines schwarzen Hemdes, bevor er es auszog und zu Boden warf. Sein mit Sonnenöl eingeriebener Körper glänzte. An seinem Hosenbund war eine Sonnenbrille befestigt, um nach zweitausend Jahren Dunkelheit seine empfindlichen Augen vor einem Licht zu schützen, dass nie mehr für Jared war, als eine Hoffnung, die für ihn unerfüllbar schien. Jared atmete tief ein, endlich würde er erfahren, was es heißt, warme Sonnenstrahlen auf der Haut zu spüren. Die Erinnerung an kalte
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