Julian und das Ende der Nacht
höchste Ebene betreten. Er ist jetzt ein Gott, mein Herrscher.“ Tamino ballte die Fäuste. Der Mann, der ihm unendliches Leid angetan hatte, würde sterben, wie Emma durch einen Dolch, der in sein Herz traf. „Ein Gott. Und glaubst du, das wird mich davon abhalten, ihn zu töten?“ John erhob sich. „Nichts wird verhindern, dass sein Blut fließt.“
22
„Ich existiere im Licht der Sonne!“, brüllte Julian außer sich vor Zorn und wischte die Tränen fort, die aus seinen noch immer brennenden Augen liefen. „Zweitausend Jahre Blut, Tod, Dunkelheit und Schuldgefühle“, Julian ballte die Fäuste. Ewan erhob sich und schaute seinem Sohn in die geröteten Augen.
„Ich wusste es nicht. Erst in der höchsten Ebene erfuhr ich die Wahrheit. Da Henry eine Auserwählte liebt und sie ein Kind erwarten, hatte ich die Hoffnung, Kairon könnte mir etwas über die genetische Struktur dieses Kindes sagen. Kairon versicherte mir, dass in Henry und Diana genug göttliche Gene vorhanden sind, um ihrem Kind ein Leben im Licht zu schenken. Erst in der höchsten Ebene wurde mir klar, dass auch ich einen Sohn mit einer Auserwählten habe.“ Julian lachte bitter. „Deine Mutter war eine Auserwählte“, fuhr Ewan fort. „Ich lernte sie zu einer Zeit kennen, in der ich die Bedeutung einer Auserwählten nicht kannte. Es tut mir leid, Sohn.“
„Ich werde niemals dein Sohn sein!“
23
Ungläubig schaute Henry in Dianas strahlendes Gesicht. „Und du hast das wirklich nicht missverstanden?“
„Dein Vater wird dich umwandeln“, wiederholte Diana beseelt vor Glück. Euphorisch ergriff Diana Henrys Hände. „Ich kann es kaum erwarten, zu sehen, wie ein Sonnenstrahl auf dein Gesicht fällt.“ „Ich werde frei sein von Blut und Dunkelheit.“ Tief atmete Henry durch.
„Setzen wir uns“, Diana zog Henry auf das Bett. „Weißt du, als ich ein kleines Mädchen war und nicht einschlafen konnte, saß ich oft am offenen Fenster und habe den Mond bestaunt, der durch die wild ziehenden Wolken schien. Ich hatte immer das Gefühl, die Nacht hütet ein Geheimnis, dass nur ich ergründen kann. Dann traf ich dich.“
„Da verlor die Nacht ihren Zauber für dich“, flüsterte Henry.
„Sagen wir so, deine Existenz hat mir die Augen geöffnet. Meine naiven Mädchenträume sind der Wirklichkeit gewichen. Die Nacht hütet Geheimnisse, die nichts mit Romantik zu tun haben. So faszinierend die Nacht noch immer für mich ist, sehe ich heute die Gefahr, die sie verbirgt.“ Henry streichelte Diana übers Haar. „Ich fand an der Nacht nie etwas Besonderes, immer wollte ich im Sonnenlicht stehen. Sicher, an trüben Tagen kann ich mein Versteck verlassen, doch die Gefahr, dass ein Sonnenstrahl durch die Wolken bricht, ließ mir immer nur einen kurzen Augenblick im Licht.“ Henry atmete tief durch. „Nichts liebe ich mehr, als deine Hände auf meiner Haut, doch ich sehne mich unendlich danach, die Wärme eines Sonnenstrahls zu spüren.“
Diana lachte. „Mit der Konkurrenz kann ich leben.“
24
„Was ist hier unten los?“ Hand in Hand kamen Thomas und Kassandra die Treppe herunter.
„Setzt euch zu uns“, rief Lara. „Ewan und Julian haben in der Küche etwas zu klären.“
„Nein! Ewan und Julian sind fertig!“, wütend stampfte Julian, der aus der Küchentür gerauscht kam, Richtung Ausgangstür und legte die Hand auf die Klinke.
„Was hast du vor, Sohn? Deine Kräfte mit der Sonne messen? Noch ist sie stärker als du“, warnte Ewan, der Julian gefolgt war.
„Sind deshalb die Vorhänge zugezogen?“, hakte Kassandra, die neben Cara Platz genommen hatte, nach. „Ewan hat Julian in die Wahrheit eingeweiht. Ihr wisst ja, dass seine Mutter eine Auserwählte ist. Er hat es nicht sehr gut aufgenommen und an die Sonne muss er seine Haut erst gewöhnen“, erwiderte Cara mit Blick auf Ewan.
***
„Was für ein schöner sonniger Morgen“, schwärmte Saphira und schrie schmerzvoll auf.
„Du meinst, er ist zum Schreien schön?“, neckte Amanda.
„Nein, ich meine, ich habe Schmerzen, ein Energieball hat mich am Arm getroffen.“ Rafael blickte sich um. „Verdammt, es ist Jared, weg hier!“ Rafael griff sich Amanda. Unvermittelt erschienen Saphira, Amanda und Rafael im Wohnzimmer. Diana, die gerade die Treppe herunterkam, schrie auf, als sie Saphiras blutenden Arm erblickte.
„Mein Gott Saphira, was ist passiert?“ Besorgt lief Diana auf Saphira zu. Sie fühlte für Saphira wie eine Schwester, seit Saphira vor
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