Julians süßes Blut (German Edition)
Bauch wich nun langsam einer leisen Wut.
»Warum schaust du mir zu?« fragte er rauh und versuchte Alex’ amüsiertem Blick standzuhalten.
»Du kennst die Antwort, Julian. Ich mag es einfach.« Alex trat näher an sein Bett. »Es gefällt mir, wenn du es tust.« Und mit einem leisen Zwinkern fügte er hinzu: »Deine Gedanken gefallen mir.«
Julian spürte, wie ihm der Schweiß ausbrach.
»Was habe ich hier zu erwarten?« fragte er schließlich und versuchte, Alex’ Gesichtsausdruck zu ergründen.
Der Vampir ließ sich auf Julians Bett nieder und griff ihm in das volle braune Haar. »Mach es Brian nicht unnötig schwer. Du bist ein ausgesprochener Leckerbissen für ihn. Ich weiß nicht, wie lange er sich noch beherrschen kann ... Und halt dich von Gabriel fern. Oder es wird dich deine Unschuld kosten.«
»Und du? Was habe ich von dir zu erwarten?«
»Ich werde dir nichts antun. Aber ich werde deine geheimsten Träume mit dir teilen und in die Tiefen deiner Seele eintauchen. Vor mir kannst du dich nicht schützen, aber du kannst es auch genießen. Ich weiß nicht, wieviel Wert du auf Moral legst. Was das überhaupt bedeutet, dieses Wort ... in deinem Alter. Wie weit du gehen möchtest auf dem Weg in dein innerstes Ich. Vielleicht wirst du irgendwann erschrocken zurückweichen, vielleicht willst du aber einfach alles kennenlernen. Ich weiß es nicht. Aber über eins mußt du dir im Klaren sein: Hier zu sein, ist für dich lebensgefährlich. Und wenn du einmal den Pfad der Normalität verlassen hast, wird es fast unmöglich sein, ihn wieder zu finden.«
Oh Gott, seine Stimme war die reinste Verlockung. Nur mit Mühe konnte er sich beherrschen, nicht die Arme um Alex zu schlingen, um ihn zu sich ins Bett zu ziehen.
»Du weißt, daß ich bleiben werde«, sagte er leise. »Aber ich habe Angst. Angst vor dem, was ich tun werde. Angst zu sehen, wozu ich bereit bin.«
»Das kann ich gut verstehen, Julian. Denk noch einmal darüber nach, ob du wirklich bleiben möchtest.« Alex erhob sich und ging zur Tür. Dort drehte er sich noch einmal um.
»Und Julian, wenn du einmal tagsüber in eines unserer Zimmer kommst, werde ich dir höchstpersönlich eine Tracht Prügel verpassen.« Er lächelte boshaft. »Eine angenehme Nachtruhe wünsche ich dir.« Mit diesen Worten verließ er das Zimmer.
Julian erwachte mit einem stechenden Schmerz in seiner zertrümmerten Hand. Wimmernd zog er sich ins Badezimmer zurück und suchte hektisch nach den Tabletten. Bis ihm einfiel, daß sich diese auf der kleinen hölzernen Kommode befanden. Er schnappte nach dem Fläschchen und schüttelte sich sechs Tabletten auf die Ablage unter dem großen runden Badezimmerspiegel. Sechs mußten reichen, um diesen Schmerz zu betäuben. Mit einigen großen Schlucken Wasser spülte er die Tabletten durch seinen Hals. Er mußte heute unbedingt zu einem Arzt. Unbedingt. Mit zittrigen Händen zog er sich an. Es dauerte ewig, und das ärgerte ihn. Und die Schmerzen waren grausam, er konnte kaum noch klar denken.
Mühsam humpelte er die Treppe hinunter und traf im Flur auf eine zierliche ältere Frau, die ihn besorgt ansah. Das mußte Claudia sein.
»Ich muß heute unbedingt zu einem Arzt«, sagte Julian mit schmerzverzerrtem Gesicht, nachdem er sich kurz vorgestellt hatte. Am besten schon vor dem Frühstück.
Ja, das wird sofort erledigt, und René Berkeley hatte ihr auch bereits die Adresse eines guten Arztes gegeben. Sie zog eine leichte beige Sommerjacke an und nahm Julian am Arm. Resolut führte sie ihn nach draußen. Die Sonne blendete ihn, es war sehr warm. Zu warm, und ihm war schlecht. Er ließ sich von Claudia auf den Beifahrersitz drängen.
Es dauerte nicht lange, da parkte Claudia – wie hieß sie überhaupt mit Nachnamen? – auf dem kleinen Parkplatz des Arztes. Anderson, oder wie? Julian ließ sich in das schmucke weiße Gebäude hineinschleifen.
Aha, nicht ins Wartezimmer. Alex mußte einen erstaunlichen Einfluß haben, oder erstaunlich viel Geld? Oh, Gott, er haßte diesen Geruch. Haßte die weißen Kittel, haßte alles. Und es war ihm schrecklich übel. Anderson kam. Er war noch sehr jung, aber – so Claudia – einer der Spezialisten in der Handchirurgie. Toll.
Der Gipsverband wurde geöffnet. Langsam, trotzdem standen Julian die Tränen in den Augen vor Schmerz.
»Julian, das sieht nicht besonders gut aus«, sagte Mr. Anderson ernst.
Julian wagte, einen Blick auf seine befreite Hand zu werfen. Doch was er sah, sah
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