Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Julias Geheimnis

Julias Geheimnis

Titel: Julias Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Hall
Vom Netzwerk:
schwerfallen, ihm nicht zu gehorchen.
    Also tat sie, was er verlangte. Sie kümmerte sich während der Entbindung um die Frauen, leistete nach der Geburt moralische Unterstützung und schenkte ihnen Trost. Es schockierte Schwester Julia zunächst, wie schmerzhaft dieser Vorgang war, den sie für eine einfache natürliche Sache gehalten hatte, doch sie gewöhnte sich daran. Sie stellte fest, dass es den Frauen in ihrer Stunde der Not half, jemanden an ihrer Seite zu haben, der ruhig und gelassen blieb. Nach der Geburt versorgte sie auch die Babys, und danach   … Hatte sie es nicht mehr in der Hand.
    Einige Monate später nahm Dr. López sie beiseite. »Kann ich Ihnen nun vertrauen, Schwester Julia? Sind Sie bereit, Gottes Werk zu tun?«, fragte er sie ernst.
    »Ja, Doktor«, antwortete sie. Zumindest war sie bereit, ihr Bestes zu versuchen. Sie hatte sich auf diese Frauen und ihre prekäre Lage eingelassen und wollte ihnen helfen, soweit sie konnte.
    »Dann möchte ich, dass Sie in meiner Privatklinik für mich arbeiten«, erklärte er.
    Als Schwester Julia nach Santa Ana zurückkehrte, stellte sich heraus, dass die ehrwürdige Mutter von dem Anliegen des Arztes wusste.
    »Du darfst dich nicht geschmeichelt fühlen, Kind«, sagte sie. »Aber du hast dich gut geschlagen und bist deiner Pflicht nachgekommen. Dein Leben spielt sich weiterhin hier bei uns in Santa Ana ab, aber du arbeitest für den Doktor   – einstweilen jedenfalls. Du wirst unseren Orden dort vertreten. Wir vertrauen darauf, dass du uns nicht enttäuschst.«
    Schwester Julia nickte zustimmend. »Ich will es versuchen, ehrwürdige Mutter«, gab sie zurück. Sie wusste, dass dieehrwürdige Mutter eine sehr hohe Meinung von Dr. López hatte, so als wäre er ein Abt und beziehe seine Macht direkt von Gott. Sicher, er war ein sehr religiöser Mensch und zitierte häufig Passagen aus der Bibel. Aber ob Dr. López’ Macht nun von Gott kam oder nicht, sie wusste, dass sie sich wirklich nützlich machen konnte.
    Langsam gewöhnte sie sich an ihr neues Leben; das im Kloster und das, in dem sie sich um die Frauen kümmerte. Woran sie sich jedoch nie gewöhnte, war der Schmerz der Frauen, die den Entschluss gefasst hatten, ihr Kind wegzugeben. Sie hörte ihre Schreie voller Trauer und Verzweiflung, ihr Weinen und dachte an ihre eigene Mutter. Natürlich musste sie an ihre Mutter denken. Niemals würde sie sich damit abfinden können, dachte sie.

12. Kapitel
    I m Restaurant Gull an der Pride Bay suchte sich Ruby eine ruhige Ecke. Sie war früh gekommen und versuchte, nicht daran zu denken, dass es Freitag, der 13. war. Das war ihr ganz entgangen, als sie sich mit Frances verabredet hatte.
    »Ich muss mit dir über etwas reden«, hatte Ruby gesagt, als sie Frances endlich angerufen hatte. »Hast du in nächster Zeit in Dorset zu tun? Ich würde dich gern treffen.«
    Sie hörte das Zögern in Frances’ Stimme. »Worum geht es denn, Ruby?«, hatte sie vorsichtig gefragt.
    Ruby hatte nicht allzu viel sagen wollen; das war eine Sache, über die man besser von Angesicht zu Angesicht sprach. Aber   … »Es geht um meine Eltern«, sagte sie. »Also, eigentlich um mich. Um die Umstände meiner Geburt.« Das klang alles ein wenig förmlich. Aber wie sollte sie es anders ausdrücken? Und wenn es da etwas gab, das sie wissen sollte, dann war sie sich ziemlich sicher, dass Frances davon wissen würde.
    »Ich verstehe.« Noch eine Pause. »Um die Wahrheit zu sagen, Ruby, ich habe mit so etwas gerechnet.«
    »Oh.« Das klang nicht gut. Es hörte sich an, als gab es da etwas, das sie wissen musste, als hätte sie sich nicht geirrt und es gäbe ein großes Geheimnis um ihre Geburt.
    »Ich komme nach Dorset.« Jetzt klang Frances energisch. »Je eher, desto besser, finde ich. Was meinst du? Vielleicht nächstes Wochenende?«
    »Prima.« Je eher, desto besser. Ruby schluckte heftig. »Danke,Frances.« Aber sie musste es wissen. Und nachdem ihre Eltern nicht mehr lebten, war Frances die Einzige, die es ihr erzählen konnte.
    Ruby sah sich um und betrachtete die in Cremeweiß und Rot gehaltene Ausstattung des Restaurants, die weißen Tischtücher, die gefalteten Servietten. Was sie wohl erfahren würde? Besser, sie bestellte sich einen Drink. Wahrscheinlich würde sie ihn brauchen können   …
    »Ruby, mein Liebes.«
    Ruby stand auf, um Frances zu begrüßen, und wurde sofort in eine Umarmung gezogen. »Schön, dich zu sehen«, sagte sie, und sie meinte es ehrlich.

Weitere Kostenlose Bücher