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Julias Geheimnis

Julias Geheimnis

Titel: Julias Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Hall
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hassen. Aber warum hatten sie ihr nie die Wahrheit gesagt?
    »Deine Mutter wollte es.« Frances fuhr mit den Fingern am Stiel ihres Weinglases entlang, hob es aber nicht an die Lippen, um zu trinken. »Wir haben oft darüber gesprochen.« Sie seufzte. »Sie war überzeugt davon, dass du ein Recht hast, es zu erfahren. Aber dein Vater war sich nicht sicher, ob das gut sein würde. Und er hatte nicht ganz unrecht nach allem, was passiert war. Jedenfalls war es nicht so einfach, meine Liebe.«
    Ruby schüttelte den Kopf. Sie war nicht gewillt, das zu glauben. Wie kompliziert konnte so etwas schon sein? Momentan rang sie mit sich. Sie versuchte, ihren Eltern nicht zu grollen, weil sie es ihr verschwiegen hatten, weil sie geglaubt hatten, sie hätten ein Recht, darüber zu entscheiden, was sie wissen durfte und was nicht. Weil sie ihr etwas vorgemacht hatten. All diese Jahre, all diese Liebe.
    »Ruby   …« Frances nahm ihre Hand. »Hast du schon einmal überlegt, dass Vivien diese Gegenstände vielleicht so platziert hat, dass du sie finden musstest?«
    Ruby starrte sei an. »Du meinst, das war ihre Art, mich die Wahrheit selbst herausfinden zu lassen?«
    Frances nickte.
    »Und Laura   …«
    »Laura war zu jung, um die Verantwortung für dich zu übernehmen«, meinte Frances. »Sie war noch ein junges Mädchen.«
    Ruby versuchte, sich vorzustellen, wie es wäre, noch ein junges Mädchen zu sein und für ein Baby sorgen zu müssen. Wie würde man damit zurechtkommen? Wie hatte Laura das gemacht? Kein Geld, keinen Job, nur einen VW -Campingbus und ein romantisches Freiheitsideal.
    »Nicht nur das«, fuhr Frances fort, »sie muss durch die Nachricht vom Tod ihrer Mutter auch traumatisiert gewesen sein, nachdem sie nicht einmal eine Ahnung gehabt hatte, dass Pearl krank war.«
    »Natürlich.« Das konnte Ruby nachfühlen. Sie hatte auch immer noch Alpträume.
    »Am Anfang wollte Vivien sie nur unterstützen«, sagte Frances. »Laura tat ihr leid.«
    Ruby nickte. Sie zog den Umschlag mit den Fotos aus der Handtasche und nahm das Bild von Laura und dem Baby heraus. Dem Baby   … Jetzt war die fotografische Chronik ihrer Kindheit vollständig, oder? Das war sie als neugeborenes Kind. Sie reichte das Bild Frances.
    Frances lächelte. »Das ist Laura«, sagte sie. »Und das musst du sein.«
    »Ja.« Ruby fiel das Plektrum ein. »Hat sie Gitarre gespielt?«
    »Ich glaube schon.«
    Hatte Ruby also die Liebe zur Musik von ihrer leiblichen Mutter geerbt? Hatte sie deswegen angefangen, Saxofon zu spielen? Spürte sie daher den Drang, Songs zu schreiben? Es war ein eigenartiges Gefühl zu entdecken, dass man einen vollkommen anderen genetischen Hintergrund hatte, eine andere Abstammung.
    »Wie war sie?«, flüsterte Ruby. Sie wusste, wie Laura aussah, aber sie wollte mehr wissen.
    »Ich kannte sie kaum, Liebes«, antwortete Frances. »Ich kann dir nur sagen, was Vivien mir erzählt hat.«
    »Und was hat sie über sie gesagt?«, fragte Ruby. Obwohl sie es sich vorstellen konnte.
    »Sie mochte sie, und sie tat ihr leid. Aber sie hatte auch das Gefühl, dass sie, nun ja   …«
    »Verantwortungslos war?«, vermutete Ruby.
    »Vielleicht.« Frances gab ihr das Foto zurück.
    Ruby fuhr mit der Fingerspitze über das Bild. Mutter und Tochter   … Als dieses Foto gemacht wurde, hatte Laura nicht gewusst, dass ihre Mutter gestorben war und dass sie nach England zurückkehren und dort auch ihr Kind verlieren würde. Was hatte Laura bewogen, es wegzugeben? Hatte sie es nur getan, weil sie so jung gewesen war? Aber andere junge Mädchen behielten ihre Babys auch, oder? Vor allem, nachdem Pearl gestorben war und Ruby alles war, was Laura noch hatte   …
    Ruby seufzte. Die Hippie-Perlen gehörten Laura, und das Babymützchen musste sie einmal selbst getragen haben.
    »Was glaubst du, wo die Fotos gemacht wurden?«, fragte sie Frances und reichte ihr noch ein Bild. Wo genau war sie geboren?
    »Das weiß ich leider nicht. Ich glaube, Vivien hat erwähnt, dass Laura in Spanien herumgereist ist.«
    Wieder betrachtete Ruby den goldenen Strand, das türkisfarbene Meer, den Leuchtturm, der in einen wolkenlosen blauen Himmel ragte. Es sah idyllisch aus. Es könnte in Spanien sein. War sie etwa Halbspanierin? Wer war ihr Vater? Würde sie das je herausfinden? Sie gehörte zu zwei anderen Familien, von deren Existenz sie nichts gewusst hatte. Der Familie ihres Vaters   – wer immer sie war   –, Lauras Familie   …
    »Was ist aus Laura

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