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Julias kleine Sargmusik

Julias kleine Sargmusik

Titel: Julias kleine Sargmusik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Ihr Licht wurde vom Regen aufgesaugt. Manche Tropfen sahen aus wie glitzernde Perlen.
    Clara Featherhead war sehr vorsichtig, als sie die Straße überquerte. Sie rechnete mit der Glätte des Kopfsteinpflasters, zudem trug sie hochhackige Schuhe, und da war es nicht einfach, immer die Balance zu halten. Hoffentlich war Reynolds auch da. In der letzten Zeit pausierte er oft und ging während der Dienstzeit nach Hause.
    Ja, hinter den Scheiben brannte Licht. Sie sah den schwachen gelben Schimmer.
    Als Clara Featherhead in die Deckung der Eingangsnische gelangte, schüttelte sie sich und nahm die beiden Stufen, bevor sie die Tür aufstieß. Wie damals kam sie sich vor, als sie die Meldung über das geigenspielende Mädchen gemacht hatte.
    Herbie Reynolds war anwesend. Er lag in seinem Schreibtischstuhl, hatte die Beine hochgestützt und schlief. Aus seinem Mund drangen leise Schnarchtöne. Er merkte nicht einmal, dass ein Besucher den Dienstraum betreten hatte.
    »So habe ich das gern«, flüsterte die Witwe. »Schlafen und den lieben Gott eine guten Mann sein lassen. Aber da hast du dich geschnitten, mein Freund, das sage ich dir.« Sie hatte die Worte kaum ausgesprochen, als sie mit der flachen Hand auf den Schreibtisch schlug und Herbie Reynolds schlagartig aufwachte. Er schoss hoch, als hätte ihm jemand eine Nadel in eine Pobacke gestochen. Verwirrt schaute er sich um.
    »Ich bin es, Mr. Reynolds.«
    Der Beamte wischte sich den Schlaf aus den Augen und fuhr mit zehn Fingern durch das Haar. »Sie?« fragte er.
    »Sogar in Lebensgröße, Sie Schläfen«
    Reynolds lachte. »Was heißt hier Schläfer? Schließlich muss ich doppelten Dienst schieben.« Er wurde sauer. »Sie haben es gerade nötig, mit mir herumzustreiten. Wie kommt es eigentlich, dass man Sie schon entlassen hat, Mrs. Featherhead?«
    »Weil ich nicht krank bin.« Reynolds lachte. »Das weiß ich besser.«
    Die Witwe ahnte, dass sie wohl den falschen Weg eingeschlagen hatte. Aus diesem sturen Kerl würde sie erstens nichts herausbekommen, und zweitens gelang es ihr wohl kaum, ihn zu überzeugen, welch eine Gefahr dem Ort drohte.
    »Sie sollten mir zuhören. Mr. Reynolds.«
    »Ihnen?« Der Beamte nahm endlich seine Füße vom Schreibtisch. »Wer Ihnen zuhört, ist selber schuld. Sie sind doch die Klatschbase des Ortes. Eine Lokalzeitung brauchen wir gar nicht. Sie stellen sich einmal am Tag auf die Straße und erzählen alle neuen Gerüchte, die Sie über Ihre Nachbarn wissen.« Er nickte heftig. »Das wollte ich Ihnen schon immer mal gesagt haben.«
    »Ich glaube fast, dass wir Sie nach London bringen müssen, Reynolds.«
    »Werden Sie nur nicht beleidigend.«
    »Und was haben Sie vorhin von mir gesagt?«
    »Das entsprach den Tatsachen.«
    »Schade, dass ich keine Zeit habe, sonst wäre ich darauf zurückgekommen, aber…«
    »Dann gehen Sie schon! Stehlen Sie mir nicht meine Zeit.«
    »Damit Sie weiter schlafen können, wie?«
    Herbie Reynolds Gesichtsfarbe wechselte zu einem tiefen Rot. Er stand kurz vor der Explosion. Das merkte auch Mrs. Featherhead und machte einen Rückzieher.
    »All right, Mr. Reynolds, kommen wir zur Sache.«
    »Nein, verschwinden Sie!«
    »Wenn ich das tue, sind Sie und alle anderen Bewohner von Mullogh verloren.«
    Die Frau hatte so ernst gesprochen, dass selbst der ihr skeptisch gegenüberstehende Polizist misstrauisch wurde. »Was haben Sie da für einen Unsinn erzählt?«
    Mrs. Featherhead beugte sich ziemlich weit vor und brachte ihr Gesicht bis dicht an den Schreibtischrand. »Ich habe Ihnen gesagt, dass wir verloren sind, wenn wir nicht etwas tun.«
    »Aha. Und weshalb sind wir verloren?«
    Die Witwe drückte sich wieder zurück, holte einen Stuhl und nahm darauf Platz. »Das will ich Ihnen gern erzählen, Mr. Reynolds. Und hören Sie mir bitte zu, denn nichts von dem, was ich Ihnen sage, ist erlogen. Gar nichts.«
    Sie begann. Und sie redete sehr deutlich, wenn auch nicht überlaut. Sie begann noch einmal mit der Entdeckung des geigenspielenden Mädchens, mit dem Besuch der beiden Polizisten fuhr sie fort und kam danach erst zu den ungemein wichtigen Dingen.
    Zunächst hatte Herbie Reynolds noch milde gelächelt. Im Laufe der Zeit änderte sich sein Gesichtsausdruck immer mehr. Aus dem Lächeln wurde ein überhebliches Grinsen, auch dieses verschwand und machte einem ärgerlichen und gleichzeitig wütenden Ausdruck Platz, der sich auch nicht mehr wegwischen ließ.
    Schließlich war er es, der mit der Faust auf den Tisch

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