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Julie oder Die neue Heloise

Titel: Julie oder Die neue Heloise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Jacques Rousseau
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ein Wechsel von neuen und ausfallenden Gegenständen Ihnen einen Theil der Aufmerksamkeit abgewinne, die Ihr Herz jetzt nur dem schenkt, wovon es eingenommen ist. Damit Sie wieder zu sich kommen, ist es nöthig, daß Sie aus sich selbst herausgehen, und nur in der Unruhe eines thätigen Lebens können Sie die Ruhe wieder finden.
    Es bietet sich, um einen Versuch damit zu machen, eine Gelegenheit dar, die nicht zu verachten ist; ein großes schönes Unternehmen ist im Werke, eines, desgleichen man in vielen Menschenaltern nicht erlebt. Es hängt von Ihnen ab, ob Sie daran Theil nehmen und dabei mitwirken wollen. Sie werden das großartigste Schauspiel sehen, das Menschenaugen berühren kann, Ihr Beobachtungstrieb wird reichliche Nahrung finden. Das Geschäft, das Ihnen übertragen werden soll, ist ehrenvoll und erfordert, nebst den Fähigkeiten, die Sie besitzen, nur Muth und Gesundheit. Sie werden dabei auf mehr Gefahr als lästigen Zwang stoßen; desto mehr also wird es Ihnen zusagen. Endlich das Engagement ist nicht auf lange. Ich kann Ihnen heute nicht mehr sagen, weil der Plan, obgleich zum Aufbrechen reif, doch noch ein Geheimniß ist, das ich nicht verrathen darf. Ich will nur hinzusetzen, daß, wenn Sie diese glückliche und seltene Gelegenheit versäumen, sich Ihnen schwerlich wieder eine gleiche darbieten, und daß es Sie vielleicht Ihr Leben lang reuen wird.
    Ich habe meinem Läufer, der Ihnen diesen Brief bringt, Befehl gegeben, Sie aufzusuchen, wo Sie auch seien, und nicht ohne Ihre Antwort zurückzukommen; denn es hat damit Eile, und ich muß die meinige geben, ehe ich von hier abreise.
     
Vierundzwanzigster Brief.
Antwort.
    Machen Sie, Milord; gebieten Sie über mich; ich genehmige Alles im Voraus. Bis ich es werth sein werde, Ihnen zu dienen, sei mein Ersatz einstweilen, daß ich Ihnen gehorche.
     
Fünfundzwanzigster Brief.
Milord Eduard an Juliens Liebsten.
    Da Sie den Gedanken billigen, der mir gekommen ist, will ich keinen Augenblick zögern, Ihnen anzuzeigen, daß Alles abgemacht ist, und Ihnen mitzutheilen, um was es sich handelt, wozu ich die Erlaubniß erhalten habe, indem ich für Sie gutsagte.
    Sie wissen, daß in Plymouth ein Geschwader von fünf Kriegsschiffen ausgerüstet worden, und bereit ist, unter Segel zu gehen. Der, welcher es befehligen wird, ist Herr George Anson, ein geschickter und tapferer Offizier und mein alter Freund. Es ist nach der Südsee bestimmt, wohin es sich durch die Straße von Le Maire begeben und über Ostindien zurückkehren wird. Sie sehen also, daß nichts Geringeres auf dem Tapet ist als eine Reise um die Welt, Die Fahrt wird der Schätzung nach ungefähr drei Jahre dauern müssen. Ich hätte Sie können als Volontaire einschreiben lassen, aber um Sie bei der Mannschaft mehr in Ansehen zu setzen, habe ich für einen Titel gesorgt, und Sie sind auf dem Etat aufgeführt als Ingenieur der Landungstruppen; was um so mehr für Sie paßt, da Sie zuerst für das Geniewesen bestimmt waren, und, wie ich weiß, von Jugend auf darauf vorbereitet worden sind.
    Ich gedenke morgen nach London zurückzukehren
[Ich verstehe das nicht recht, Da Kensington nur eine Viertelmeile von London entfernt ist, so übernachten die Herrn, die zu Hofe gehen, dort nicht; und hier sehen wir Milord Eduard genöthigt, eine Anzahl von Tagen daselbst zuzubringen.]
, und Sie in zwei Tagen Herrn Anson vorzustellen. In der Zwischenzeit denken Sie an Ihre Equipirung, und sich mit Instrumenten und Büchern zu versehen, denn es ist Alles zum Einschiffen fertig, und der Befehl zur Abreise wird erwartet. Lieber Freund, ich hoffe, daß Gott Sie uns gesund an Leib und Herz von dieser langen Fahrt zurückführen wird, und daß wir uns bei Ihrer Ankunft vereinigen werden, um uns nie wieder zu trennen.
     
Sechsundzwanzigster Brief.
Juliens Liebster an Frau von Orbe.
    Ich gehe ab, liebe, reizende Cousine, eine Reise um die Erde zu machen; ich will in einer andern Hemisphäre den Frieden suchen, den ich auf dieser nicht gefunden habe. Ich Unsinniger! Ich will die Welt durchirren, ohne eine Stätte zu finden, da mein Herz ruhen kann, will einen Zufluchtsort in der Welt suchen, wo ich fern von Ihnen weilen konnte. Jedoch ich muß den Willen eines Freundes, eines Wohlthäters, eines zweiten Vaters achten. Ohne Genesung zu hoffen, muß ich sie wenigstens wünschen, da Julie und die Tugend es heischen. In drei Stunden werde ich in der Gewalt der Wellen sein; in drei Tagen werde ich Europa nicht mehr sehen; in

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