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Julie oder Die neue Heloise

Titel: Julie oder Die neue Heloise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Jacques Rousseau
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hinter's Licht geführt sah, zu unterhalten. Ich spielte die kokette Witwe gut genug, daß du dich täuschen ließest; es ist dies eine Rolle, für welche es mir weniger an Talent, als an Hang fehlt. Ich nahm geschickt die schmachtende Miene an, auf die ich mich recht gut verstehe, und mit der ich manchmal zu meiner Belustigung junge Gecken zum Besten gehabt habe. Du hast dich ganz und gar dadurch anführen lassen, und glaubtest mich wirklich Willens, dem Manne einen Nachfolger zu suchen, dem unter allen Menschen am schwersten einer zu finden sein würde. Aber ich bin zu offen, um mich lange zu verstellen, und du hast dich bald beruhigen können. Indessen will ich noch mehr zu deiner Beruhigung thun, ich will dir auseinandersetzen, wie ich in Wahrheit über diesen Punkt denke.
    Ich habe es dir schon als Mädchen hundert Mal gesagt, ich war nicht dazu geschaffen, Frau zu sein. Wenn es von mir abgehangen hätte, würde ich mich nicht verheiratet haben; aber in unserem Geschleckte erkauft man die Freiheit nur durch die Knechtschaft, und wenn man eines Tages seine eigene Herrin werden will, so muß man damit anfangen, sich zur Magd zu machen. Obschon mein Vater mir keinen Zwang auflegte, hatte ich doch Verdruß in meiner Familie. Um mich davon zu befreien, heiratete ich Herrn von Orbe. Er war ein so braver Mann, und liebte mich so zärtlich, daß auch ich ihn aufrichtig wieder liebte. Die Erfahrung zeigte mir die Ehe in einem vortheilhafteren Lichte, als ich sie vorher erblickt hatte, und zerstörte die Eindrücke, welche mir von den Reden der Chaillot geblieben waren. Herr von Orbe machte mich glücklich, und es brauchte ihn nicht zu gereuen. Bei einem Andern würde ich meine Pflichten auch stets erfüllt, aber ich würde ihm das Leben sauer gemacht haben, und ich fühle wohl, daß ein so guter Mann nöthig war, um aus mir eine gute Frau zu machen. Solltest du denken, daß mir gerade dies eine Ursache zur Klage ward? Mein Kind, wir liebten uns zu sehr, wir waren nicht froh und heiter. Eine losere Freundschaft würde lustiger gewesen sein; eine solche wäre mir lieber gewesen, und ich glaube, ich würde es vorgezogen haben, weniger zufrieden zu leben, und öfter lachen zu können.
    Hierzu kam dann die mannigfache Unruhe, welche mir deine Lage verursachte. Ich habe nicht nöthig dir die Gefahren in's Gedächtniß zurückzurufen, in welche du dich durch eine nicht wohlgeregelte Leidenschaft stürztest: ich sah sie mit Zittern. Wenn du nur dein Leben auf's Spiel gesetzt hättest, so würde mich vielleicht ein Rest von frohem Muthe nicht ganz verlassen haben; so aber nahmen Trübsinn und Angst meine ganze Seele ein, und bis ich dich verheiratet sah, habe ich keinen Augenblick unverkümmerter Freude gehabt. Du kanntest meinen Schmerz, du fühltest ihn. er wirkte in hohem Maße auf dein gutes Herz, und ich werde nie aufhören, jene glücklichen Thränen zu segnen, welche vielleicht die Ursache gewesen sind, daß du zum Guten umkehrtest.
    So, siehst du, ist die ganze Zeit hingegangen, welche ich mit meinem Manne verlebt habe. Sage also selbst, ob ich, seit ihn mir Gott genommen hat, Hoffnung haben kann, einen andern zu finden, der so nach meinem Herzen wäre, und ob ich versucht sein kann, mich nach einem umzusehen. Nein, Cousine, der Ehestand ist eine zu ernste Sache; seine Würde verträgt sich nicht mit meiner muntern Laune, er macht mich traurig, und kleidet mich nicht; ohne zu rechnen, daß mir jeder Zwang unerträglich ist. Sage dir, du, die du mich kennst, was ein Band mir sein kann, in welchem ich sieben ganze Jahre nicht sieben Mal ein Bißchen recht von Herzen gelacht habe. Ich will nicht wie du zu achtundzwanzig Jahren die Matrone spielen. Ich finde, daß ich eine ziemlich pikante Witwe bin, noch ziemlich nehmbar, und ich glaube, daß ich, wenn ich Mann wäre, mir recht gut gefallen würde. Aber mich wieder verheiraten, Cousine! Höre, ich beweine meinen armen Mann recht von Herzen, ich würde mein halbes Leben hingegeben haben, um die andere Hälfte mit ihm zuzubringen, und doch, wenn er wiederkommen könnte, würde ich ihn, glaube ich, auch ihn selbst nicht wieder nehmen, wenn ich ihn nicht schon genommen gehabt hätte.
    Ich habe dir eben meine wahren Absichten auseinandergesetzt. Wenn ich sie ungeachtet der Bemühungen Herrn von Wolmar's noch nicht habe ausführen können, so rührt das daher, daß die Schwierigkeiten mit meinem Eifer, ihrer Herr zu werden, nur zu wachsen scheinen. Aber mein Eifer wird den Sieg

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